Mode – mehr als Schutz und Verhüllung

„Kleider | Zeichen – Mode im 17. Jahrhundert“ – Symposium am 6. und 7. Oktober

22.09.2016

Die Mode des 17. Jahrhunderts und ihre Symbolik stehen im Mittelpunkt des Symposiums „Kleider/Zeichen – Mode im 17. Jahrhundert“, das im Rahmen der Ausstellung „CHIC! Mode im 17. Jahrhundert“ des Hessischen Landesmuseums Darmstadt stattfindet. Organisiert und geleitet wird das Symposium von Prof. Dr. Alexandra Karentzos und Miriam Oesterreich M.A., Arbeitsbereich Mode und Ästhetik an der TU Darmstadt, und Dr. Wolfgang Glüber, Kurator am Hessischen Landesmuseum.

Wams mit Spitzenbesatz aus der Ausstellung Chic!, vermutlich England, um 1660 © Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Bild: Wolfgang Fuhrmannek
Wams mit Spitzenbesatz aus der Ausstellung Chic!, vermutlich England, um 1660 © Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Bild: Wolfgang Fuhrmannek

Drei Fragen an Professorin Dr. Alexandra Karentzos und Miriam Oesterreich, M.A., Arbeitsbereich Mode und Ästhetik der TU Darmstadt:

TU Darmstadt: Das Symposium findet im Rahmen der Ausstellung „CHIC! Mode im 17. Jahrhundert“ des Hessischen Landesmuseums Darmstadt statt und ist eine Kooperation von TU Darmstadt und Landesmuseum. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Prof. Dr. phil. Alexandra Karentzos. Bild: Irina Zikuschka
Prof. Dr. phil. Alexandra Karentzos. Bild: Irina Zikuschka

Schon im Sommersemester 2015 gab es eine produktive Zusammenarbeit von Hessischem Landesmuseum und TU: Studierende des Arbeitsbereichs Mode und Ästhetik konzipierten im Rahmen eines Seminars eine Museumsrallye für Schülerinnen und Schüler der Darmstädter Alicen-Eleonoren-Schule. Nun lud Dr. Wolfgang Glüber uns ein, die Ausstellung „CHIC! Mode im 17. Jahrhundert“ wissenschaftlich zu begleiten. Neben dem Symposium haben Lehramtsstudierende im Rahmen eines Seminars in Mode und Ästhetik ein Museumsquiz für Kinder und Jugendliche zur Ausstellung entwickelt. Darüber hinaus wurde für die „Museumsnacht der Kostüme“ eine Selfie-Aktion zur Bart- und Frisurenmode des 17. Jahrhunderts konzipiert. Fachwissen, Museumspädagogik und Didaktik gehen auf diese Weise Hand in Hand.

Miriam Oesterreich. Bild: Irina Zikuschka
Miriam Oesterreich. Bild: Irina Zikuschka

TU Darmstadt: An welche Adressaten richtet sich das Symposium?

Während sich die genannten museumspädagogischen Veranstaltungen an Kinder, Jugendliche und eine breite Öffentlichkeit richten, wendet sich das Symposium eher an ein wissenschaftliches Fachpublikum. Die Studierenden nehmen ebenfalls daran teil und lernen auf diese Weise ein breites Spektrum der Wissensvermittlung kennen.

TU Darmstadt: Welche soziale Funktion hatten die offiziellen und inoffiziellen Kleiderordnungen, Codes und Chiffren?

Durch Kleidervorschriften wurden Ständeordnungen sichtbar. Kleidung diente auf diese Weise der sozialen Abgrenzung. An den in der Ausstellung „Chic!“ gezeigten Kleidungsstücken des 17. Jahrhunderts kann man sehr gut nachvollziehen, wie die bürgerliche Mode immer wieder versuchte, mit kostbaren Stoffen und aufwändigen Verzierungen den Adeligen nachzueifern. Durch solchen Luxus und Kleidungsaufwand geriet die soziale Ordnung in Bewegung. Bereits darin zeigt sich, wie sehr die Kleidung der Zeit bestimmt war durch hierarchische Ordnungen und durch die Zuschreibung von (Status-)Symbolen.

Höfische Mode des 17. Jahrhunderts

Die höfische Mode des 17. Jahrhunderts wurde durch verschiedene Einflüsse geprägt: die im restlichen Europa schon leicht überholte spanische Mode zu Beginn des Jahrhunderts, durch niederländische Einflüsse und vor allem durch die stilbildende französische Mode. Doch auch neben den höfischen Traditionen war die Kleidung der Zeit bestimmt durch offizielle und inoffizielle Kleiderordnungen: Kleidung konnte Aufschluss geben über den sozialen Status, die regionale Herkunft, die politische Einstellung oder die Religionszugehörigkeit der Trägerinnen und Träger. Diese Symbolfunktionen der Kleidung wurden wiederum oftmals von vielen, sicher aber nicht allen Zugehörigen einer sozialen Schicht, eines Geschlechts, einer Kultur verstanden.

Gleichzeitig erhob das Barock als Blütezeit der Emblematik die geistreiche Verschlüsselung von intellektuellen Inhalten zur Kunstform. In der Inszenierung des oftmals allegorischen Bildes konnten die dargestellten Kleider durch den bewussten Einsatz bestimmter Materialien, Farben oder Moden nicht nur auf den Geschmack oder sozialen Stand des Trägers verweisen, sondern auch einen Herrschaftsanspruch äußern oder abstrakte Ideen – z.B. Krieg und Frieden – anschaulich verkörpern. Und schließlich galt die malerische Behandlung textiler Oberflächen stets auch als Ausweis künstlerischer Fertigkeit und eine besonders überzeugende Darstellung von Textilien konnte einen Maler berühmt machen.

Der Zeichencharakter von – sowohl höfischer und reicher bürgerlicher als auch alltäglicher oder bäuerlicher – Kleidung steht im Mittelpunkt der Tagung. Es stellt sich die Frage, wie sich Kleidung und Mode des 17. Jahrhunderts zwischen solchem Zeichencharakter und realem Material definieren. Dabei werden neben den europäischen Schauplätzen auch transkulturelle Verflechtungen zum Beispiel durch Mission und Kolonialisierung, Handel oder Krieg und Diplomatie beleuchtet. Fragen des individuellen oder gruppenbasierten Aneignens und Unterlaufens bestehender Ordnungen stehen zur Diskussion wie auch solche nach deren Implikationen und Konsequenzen – auf Zeichenebene, aber eben auch in den realen Kleider-Geschichten. Die Reflexion der Quellen zur Kleidung im 17. Jahrhundert stellt deshalb eine wichtige Grundlage dar.

Miriam Oesterreich

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Anmeldung zur Tagung bis 30. September 2016 an Heiko Söker,