Vollautomatisch gegen Keime
Studierende entwickeln Analysesysteme im Rahmen der Projektwoche
08.12.2017 von cst
Hygiene in Krankenhäusern ist überlebenswichtig. Für eine optimale Behandlung der Patienten ist es entscheidend zu wissen, ob und mit welchen Keimen die Klinikräume belastet sind. Dieser Aufgabe stellten sich 339 Studierende des Maschinenbaus und der Biologie im Rahmen der interdisziplinären KIVA-Woche „Einführung in den Maschinenbau“ (emb).
In Krankenhäusern treten zunehmend Infektionen auf, die sich Patienten erst im Verlauf der Behandlung zuziehen. Die Zahl dieser sogenannten „nosokomialen Infektionen“ wird in Deutschland pro Jahr auf 500.000 Fälle mit bis zu 15.000 Toten geschätzt. Ursache dieser Erkrankungen sind meist bakterielle Erreger, die vor allem für geschwächte Menschen gefährlich werden können. Auch Bakterien, die gegen Antibiotika resistent sind, spielen vermehrt eine Rolle.
Krankmachende Keime können in Krankenhäusern auf vielfältige Weise übertragen werden, nicht nur durch Körperkontakt, sondern auch über kontaminierte Flächen wie Türklinken, Betten, Wände oder über die Luft. Durch verbesserte Hygienebedingungen ließe sich die Zahl der nosokomialen Infektionen deutlich reduzieren. Ein wichtiger Schritt dabei ist die Frage, welche Keimbelastung überhaupt vorliegt. Hier setzt das Projekt der KIVA-Woche an. In interdisziplinären Gruppen sollen die Studierenden gemeinsam ein autonomes System entwickeln, das von Oberflächen im Krankenhaus vollautomatisch Proben nimmt und diese analysiert.
Um der komplexen Aufgabenstellung gerecht zu werden, mussten sich die Studierenden mit vielen verschiedenen Teilfragen auseinandersetzen: Welchem Zweck dient das System? Nach welchen Keimen wird gesucht? Wie geht das System mit gekrümmten Oberflächen um? Wie lassen sich die Proben zuordnen und kodieren? Außerdem sollen – etwa auf großen Flächen – mehrere Systeme gleichzeitig arbeiten können, ohne sich dabei zu behindern oder zu überschneiden. Auch ein geeignetes Sicherheitskonzept musste bei der Planung bedacht werden.
Über die Herausforderungen dieser Art des „forschenden Lernens“ haben wir mit dem Koordinator der Projektwoche, Professor Dr.-Ing. Samuel Schabel aus dem Fachbereich Maschinenbau gesprochen.
TU Darmstadt: Was ist das Besondere und möglicherweise Neue am diesjährigen Projekt?
Samuel Schabel: Neu sind natürlich die Studierenden, und da entwickelt jeder Jahrgang seine eigene Dynamik, die auch nur begrenzt vorhersehbar ist. Neu ist die Konstellation mit dem Fachbereich Biologie und neu ist auch jedes Jahr wieder ein Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum Glück gibt es da aber auch Kontinuität, so dass Erfahrungen direkt weiter gegeben werden können. Die Aufgabe selbst ist jedes Jahr einzigartig – so auch dieses Mal.
Wie und wo finden Sie Ideen für die Projektwoche?
Ideen für die Aufgabenstellung der Projektwoche entstehen im Wesentlichen in einem Team, in dem die beteiligten Fachbereiche durch Professoren und Studierende aus der Fachschaft vertreten sind, durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KIVA-Teams und die Organisatoren. Ideen entstehen aber auch mal unter der Dusche oder in informellen Gesprächen. Diese werden dann in das Projekt-Team eingespeist. Bezüglich der Organisation und Konzeption der Projektwoche entstehen Verbesserungsvorschläge und neue Ideen durch kritische Reflexion und Evaluierung des Vorgängerprojektes und durch Feedbackgespräche mit allen Projektbeteiligten.
Wo liegen die Herausforderungen, wenn Studierende aus den Bereichen Biologie und Maschinenbau zusammentreffen?
Da sind zunächst die verschiedenen Randbedingungen: aus der Biologie nehmen 73 Studierende aus dem dritten Semester teil, aus dem Maschinenbau 266 Erstsemester. Das heißt, in den Teams arbeiten ein oder zwei Biologen mit sechs bis sieben Studierenden aus dem Maschinenbau zusammen. Eine wesentliche Herausforderung ist es immer, unabhängig von den beteiligten Studiengängen, alle Mitglieder einer Gruppe möglichst schnell zu einem Team zu formen und die Stärken der Team-Mitglieder zu identifizieren.
Ein gutes Miteinander und eine gute Organisation sind wichtig für ein erfolgreiches Arbeiten unter hohem Zeitdruck und an einer sehr anspruchsvollen Aufgabe. Nach meiner Erfahrung sind die unterschiedlichen Hintergründe, Herkünfte und Lebensläufe der Studierenden dabei wichtiger als der Studiengang. Natürlich haben wir darauf geachtet, dass die Aufgabenstellung sowohl Teile enthält, die speziell für Maschinenbaustudierende interessant sind, als auch biologische Fragestellungen. Aber jede Gruppe kann selbst entscheiden, wer welche Aspekte der Aufgabe bearbeitet. Wie in der Praxis auch, zählt die Leistung der Gruppe insgesamt.