Forschungsergebnisse werden zu Innovationen

Erste Effekte des Förderprogramms »Pioneer Fund« von Entega und TU

14.02.2018

Das Innovationsförderprogramm »Pioneer Fund«, vom Entega NATURpur Institut und der TU Darmstadt jeweils mit jährlich 300.000 Euro ausgestattet, ist gut gestartet. In der ersten Entscheidungsrunde wurden zehn Projektanträge eingereicht – vier haben eine Bewilligung von bis zu 18 Monaten erhalten. Wir stellen die Vorhaben vor.

Bild: Katrin Binner

Fibrinogen-Schnelltest

Im Fachbereich Chemie möchten Professorin Dr. Katja Schmitz und der Doktorand Veysel Erdel gemeinsam mit PD Dr. Joachim Hönes ein noch im Prinzipstadium befindliches Verfahren zur Bestimmung des Blutgerinnungsfaktors Fibrinogen hin zu einem günstigen und einfach nutzbaren Schnelltest weiterentwickeln. Ein solcher Schnelltest kann bei blutenden Patienten, z.B. bei Verkehrsunfällen, innerhalb kürzester Zeit Informationen über den Fibrinogenspiegel im Blut liefern und somit durch eine gezielte Gabe von Fibrinogen eine lebensrettende Behandlung ermöglichen. »Ohne den Pioneer Fund«, sagt Katja Schmitz, »hätten wir keine Ressourcen, um unsere Erfindung in Richtung Demonstrator zu entwickeln und Gelder für die Validierung einzuwerben.«

Zellkulturen in Bewegung

In der medizinischen Forschung spielen Tierversuche für Wirkstofftests, z.B. für Medikamente, nach wie vor eine große Rolle. Eine wichtige Vorstufe zu diesen Versuchen stellen Arbeiten mit kultivierten humanen Zellen dar. Die Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Experimenten mit Zellkulturen auf mögliche Reaktionen in lebenden Geweben steht und fällt jedoch mit der Ähnlichkeit, mit der die Eigenschaften realer Gewebe im Labor nachgebildet werden können. Für eine höhere Aussagekraft möchten die Materialwissenschaftlerin Dr.-Ing. Ljuba Schmitt und der Biologe PD Dr. Tobias Meckel am Fachgebiet Makromolekulare Chemie und Papierchemie von Professor Dr. Markus Biesalski Zellen in speziellen Trägerstrukturen kultivieren, um sie darin Bewegungsreizen aussetzen zu können, wie sie auch im menschlichen Körper auf Zellen wirken. Dies soll dazu beitragen, die Anzahl notwendiger Tierversuche zunächst zu verringern und sie langfristig durch Zellkulturen zu ersetzen. Neben ethischen Beweggründen werden dabei auch erhebliche Kosteneinsparungen bei klinischen Studien erwartet. »Der Pioneer Fund erlaubt uns, unsere Produktidee um wichtige wissenschaftliche Daten zu ergänzen, ohne die wir die Relevanz unserer Idee nicht darstellen könnten«, erklärt Tobias Meckel.

Terahertz-Strahlenquelle für bildgebende Analyseverfahren

Die Wissenschaftler PD Dr.-Ing. Oktay Yilmazoglu, Doktorand Ahid Hajo und Dr.-Ing. Shihab Al-Daffaie am Fachbereich Elektro- und Informationstechnik haben das Ziel, auf Basis erfolgversprechender Forschungsergebnisse einen zuverlässigen Prototypen einer sogenannten Gunndiode, einer hochfrequenten Quelle für Terahertz-Strahlung, zu entwickeln. Diese im Gegensatz zu Röntgenstrahlung ungefährliche Art der elektromagnetischen Strahlung kann perspektivisch in vielfältigen Bereichen eingesetzt werden: etwa für THz-Scanner in der Produktionskontrolle (bei Lebensmitteln oder in der Materialprüfung) oder auch in medizinischen Anwendungen. »Das Pioneer-Projekt gibt uns die Chance, unsere Idee einen großen Schritt in Richtung Marktreife voranzubringen und innovative Partner aus Firmen sowie Investoren zu gewinnen«, betont Oktay Yilmazoglu. Und Ahid Hajo ergänzt: »Für mich ist der Pioneer Fund ein großer Schritt nicht nur für meine akademische Karriere zum Doktortitel, sondern auch für die Karriere in der Wirtschaft und Industrie. Durch dieses Projekt kann man letztendlich einen Businessplan entwickeln, der zu einer Spin-off-Firma führen kann.«

Poolregler für virtuelle Kraftwerke

Im Zuge der Energiewende nimmt die Anzahl dezentraler, ungleichmäßig einspeisender Anlagen im Stromsystem zu. Da Erzeugung und Verbrauch zur Stabilität des Stromsystems stets im Einklang stehen müssen, ist es wichtig, die Energieeinspeisung einzelner Anlagen aufeinander abzustimmen. Dazu können viele einzelne Anlagen zu einem Anlagenpool, einem sogenannten »virtuellen Kraftwerk«, gebündelt werden. Am Institut PTW des Fachbereichs Maschinenbau entwickelt Thomas Weber, Doktorand bei Professor Dr. Eberhard Abele, hierfür eine Regelungssoftware, die gleichzeitig die Versorgungssicherheit gewährleistet und die Wirtschaftlichkeit optimiert. »Der Pioneer Fund«, so Weber, »ermöglicht mir die Umsetzung meiner Ideen in Richtung eines marktfähigen Produkts und bietet gleichzeitig wertvollen rechtlichen und organisatorischen Support bei der Entwicklung meiner Geschäftsidee.«

»Der Pioneer Fund ist Teil des lebendigen Innovationsumfelds an der TU Darmstadt. Er setzt als Maßnahme nicht erst an, wenn anwendungsnahe Ergebnisse bereits vorliegen. Vielmehr trägt er dazu bei, die oftmals als ›Valley of Death‹ bezeichnete Hürde zwischen Grundlagenforschung und der Anwendung zu überwinden.«
Professorin Mira Mezini, Vizepräsidentin für Forschung und Innovation der TU Darmstadt

»Das bereits in der ersten Förderrunde rege Interesse ausgezeichneter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedensten Fachbereichen, die ihre Forschungsergebnisse in die Anwendung überführen möchten, bestätigt einmal mehr, dass ein hoher Bedarf an finanzieller Unterstützung in der Validierungsphase besteht. Das hohe Innovationsniveau der Projekte zeigt außerdem das wirtschaftliche und gesellschaftliche Potenzial der Forschung an der TU Darmstadt.«
Dr. Marie-Luise Wolff, Vorstandsvorsitzende der Entega AG