Die Grenzen von Hämatit

TU-Forscher untersuchen Grundlagen der Wasserstofferzeugung

29.10.2018 von

Hämatit und andere Übergangsmetalloxide kommen bei der regenerativen Erzeugung von Wasserstoff zum Einsatz. Warum die Materialien dabei an ihre Grenzen stoßen, fanden Forscher der TU Darmstadt heraus. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie jetzt in „Nature Communications“.

Vorbereitungskammer für alternative Katalysatoren und chemische Pufferschichten am Fachgebiet Oberflächenforschung. Bild: FG Oberflächenforschung

Eine elegante Technik zur regenerativen Erzeugung von Wasserstoff als speicherbarer und einfach transportierbarer Treibstoff stellt die sonnenlichtgetriebene Spaltung von Wasser an der Grenzfläche zwischen einem Halbleiter und Wasser dar (künstliches Blatt oder artificial leaf). Hierbei wird in dem Halbleiter Licht absorbiert und in eine elektrische (Photo-) Spannung umgewandelt, die groß genug sein muss, um die Wassermoleküle in H2 und O2 zu zerlegen. Sie kann theoretisch durch die Größe der Bandlücke des Halbleiters – dem Abstand zwischen dem höchsten besetzen und niedrigstem unbesetzten Energieniveaus – abgeschätzt werden.

Die Forschung der letzten Jahrzehnte hat sich auf Übergangsmetalloxide als Absorbermaterial konzentriert, welche auf den ersten Blick theoretisch hervorragend für die Wasserspaltung geeignet sind, da viele Vertreter dieser Materialklasse Bandlücken in der richtigen Größe zeigen. Auf den zweiten Blick zeigt sich allerdings, dass in der Praxis die elektrischen Spannungen, die mittels Übergangsmetalloxiden generiert werden können, oftmals zu klein sind, um Wasserstoff zu erzeugen. Dieser Sachverhalt ist weitgehend unverstanden und war die Ausgangslage der Studie eines Teams um Professor Wolfram Jaegermann (Fachgebiet Oberflächenforschung, Fachbereich Material- und Geowissenschaften der TU Darmstadt), deren Ergebnisse nun in Nature Communications veröffentlicht wurden.

Untersuchungen zur Begrenzung der elektrischen Spannung

An dem vielfach untersuchten Material Hämatit (Fe2O3) wurden grundsätzliche Untersuchungen zur Begrenzung der elektrischen Spannung durchgeführt. Hierfür ist die erreichbare energetische Lage des sogenannten Ferminiveaus von wichtiger Bedeutung. Das Ferminiveau als statistische Größe legt die Anzahl der Elektronen und Elektronenlöcher in einem Halbleiter fest. Durch die Zugabe oder Wegnahme von Elektronen kann seine Lage manipuliert werden. Je weiter es verschoben werden kann, desto größer ist die Photospannung, die im Halbleiter generiert werden kann.

Im Fall von Hämatit zeigt sich, dass bei einem bestimmten Energiezustand keine weitere Verschiebung des Ferminiveaus nach oben mehr möglich ist. Stattdessen konnte eine Umladung von Fe3+ zu Fe2+ beobachtet werden. Diese Umladung ist Teil der Bildung von sogenannten Polaronen, welche für Übergangsmetalloxide in der elektrischen Leitfähigkeit bereits als Begrenzung erkannt sind.

Die Arbeit des Darmstädter Teams erweitert das Verständnis in der Auswirkung von Polaronen um die Tatsache, dass sie auch die Erzeugung einer elektrischen Spannung maßgeblich beschränken. Daher ist die optische Bandlücke, welche eine größere Photospannung verspricht, nicht das maßgebliche Kriterium für die Einsatzfähigkeit eines Materials in der lichtgetriebenen Wasserspaltung. Stattdessen ist der erlaubte Bereich, in dem das Ferminiveau verschoben werden kann entscheidend. Dieser Sachverhalt limitiert offensichtlich die Anwendbarkeit von Metalloxiden für die lichtinduzierte Wasserspaltung in entscheidender Weise.

Publikation

Christian Lohaus, Andreas Klein & Wolfram Jaegermann: Limitation of Fermi level shifts by polaron defect states in hematite photoelectrodes, Nature Communications (2018)9:4309, DOI: 10.1038/s41467-018-06838-2

Mehr zu dem Forschungsthema können Sie in der nächsten Ausgabe der hoch3 FORSCHEN 4/2018 lesen (Erscheinungsdatum: 14. Dezember 2018).