Von der Bauzeichnung zum Community Center

Architekturstudent plant Gemeindezentrum in Südafrika

26.09.2019 von

Für seine Masterthesis plante Peter Wichmann einen Kindergarten, ein Waisenhaus und Räumlichkeiten für eine Siedlung in der Madikwe-Region in Südafrika. Mit dem Masterabschluss in der Tasche setzt er sich nun für deren Realisierung ein und sammelt Spenden für das daraus entstandene Projekt THUSANANG. Eine Ausstellung am OHA Osthang informiert vom 26. bis 30. September über das Projekt.

„Mir gefiel die Idee, die Energie und Arbeit, die man als Student in die Masterthesis steckt, für die Vorbereitung eines realen Bauprojektes zu nutzen“, erzählt Peter Wichmann. Die Rede ist von einem Community Center in Südafrika. Mit der südafrikanischen Madikwe-Region ist er schon seit Jahren verbunden: Dort, an der Grenze zu Botswana, absolvierte er bereits nach dem Abitur seinen einjährigen Freiwilligendienst und lernte Arno Faul und das „Madikwe Rural Development Program“ kennen. Von diesem erfuhr er Jahre später, dass es einen akuten Bedarf an Räumlichkeiten für die Bewohner gibt. Für Wichmann war sofort klar, dass er sich einbringen und unterstützen will – mit seiner Expertise als angehender Architekt: „Anders als bei anderen Kreativstudiengängen entsteht in der Architektur am Ende nicht ein einzelnes Kunstwerk oder Produkt, das von nur einer Person genutzt wird und somit nur deren ästhetischen Ansprüchen genügt. Es entsteht ein Gebäude, das eine spezifische Funktion erfüllen muss, strengen konstruktiven und gesetzlichen Regelungen unterliegt und zudem täglich ,ungefragt` von Menschen in ihrem Alltag genutzt wird, als Wohnort oder als Arbeitsplatz dient.“ Wichmann reizten zudem die besonderen Anforderungen, die ein Bauprojekt in einem anderen klimatischen und kulturellen Kontext stellt. Er machte die Planung des Gemeindezentrums zum Thema seiner Masterthesis im
Fachgebiet Entwerfen und Nachhaltiges Bauen bei Professor Christoph Kuhn.

Ein Bauprojekt mit besonderen Anforderungen

„Zunächst war es sehr interessant, während meiner Exkursion nach Südafrika im persönlichen Gespräch mit den Leuten vor Ort deren Erwartungen, Bedürfnisse und Wünsche bezüglich des Projektes festzustellen. Die Herausforderung bestand hierbei darin, meinen gewohnten Kontext zu lösen und die Sichtweise dieser Menschen zu verinnerlichen, die durch so unterschiedliche kulturelle, geografische und klimatische Faktoren geprägt wurde.“ Die Entwicklung der kleinen Siedlung ist nicht eindeutig abzusehen und dazu noch von einer Vielzahl politischer und gesellschaftlicher Faktoren abhängig, sodass sich Wichmann für eine phasenweise Entwicklung des Bauprozesses entschieden hat. Dazu gehört auch eine flexible Struktur, das Gebäude sollte demnach ohne allzu großen Aufwand erweiterbar, veränderbar und rückbaubar sein.

Zudem sind die klimatischen Bedingungen in der Madikwe-Region extrem. Die Temperaturen erreichen im Sommer nicht selten Maximalwerte von 40°C und sinken in den Wintermonaten teilweise unter den Gefrierpunkt. Die Tag-Nacht-Temperaturdifferenz beträgt das ganze Jahr über ca. 20°C: „Daher können ausschließlich passive Strategien dazu verwendet werden, um eine Auskühlung oder Überhitzung der Innenräume zu vermeiden. Das heißt, dass es einer intelligenten Orientierung der Baukörper zum Sonnenverlauf, Platzierung der Öffnungen in den Außenwänden, Wahl der Materialien und Möglichkeiten der Ventilation bedarf.“

Außerdem ist die Siedlung, in der das Bauprojekt entstehen soll, derzeit noch nicht an die Strom- und Wasserversorgung angeschlossen. „Das heißt: Es kann nicht mit Maßnahmen der Gebäudetechnik – wie Klimatisierung und Heizung – auf die extremen klimatischen Bedingungen reagiert werden.“

Peter Wichmann,
Masterabsolvent der Architektur

Ich hoffe, dass der Trend in Richtung einer klimagerechten und sozialen Architektur geht. Meiner Meinung nach ist hierfür allerdings eine Änderung der aktuellen Gesetzeslage unbedingt notwendig.

Privat
Bild: Privat

Spenden für THUSANANG

Eine große Herausforderung sei zudem die Finanzierung. Das Bauprojekt, das der Masterabsolvent in der ersten Bauphase persönlich und vor Ort begleiten würde, finanziert sich ausschließlich durch Spenden, die Wichmann nun nach seinem Abschluss akquirieren möchte. Unterstützt wird er dabei von zwei befreundeten Medienstudenten, die sich im Rahmen ihrer eigenen Masterarbeit mit der Fundraising-Kampagne und der Dokumentation des Projektes beschäftigen werden. Wenn sie mit der Spendenaktion erfolgreich sind, könnten die Bauarbeiten bereits in diesem November beginnen. Aber auch dann geht Wichmann von einem eher geringen Budget aus und das wirke sich unter anderem auf die für den Entwurf gewählten Materialien aus. „Direkt auf dem Baufeld gewonnene Baustoffe wie Lehm, Bambus, Schiefer oder Findlinge sind kostenlose Ressourcen. Darüber hinaus bringt die Verwendung von lokal verfügbaren Materialien natürlich auch noch weitere Vorteile mit sich: Es kann an lokale Bautraditionen angeknüpft werden und solche Materialien können als ökologisch nachhaltig betrachtet werden.“

Bauen für Morgen

Und das ist Peter Wichmann wichtig, der auch in Zukunft an der Planung und Realisierung von sozial- und ökologisch nachhaltigen Bauprojekten mitwirken möchte: „Ich hoffe, dass der Trend in Richtung einer klimagerechten und sozialen Architektur geht. Meiner Meinung nach ist hierfür allerdings eine Änderung der aktuellen Gesetzeslage unbedingt notwendig. Eine CO2-Steuer auf den Baubetrieb wäre zum Beispiel eine Maßnahme, um Innovationen im Bereich des ökologischen Bauens und der Konversion bestehender Gebäudestrukturen anzuregen.“ Außerdem leide die Qualität vieler Bauprojekte daran, dass sie von Investoren finanziert würden, die bloß auf kurzfristige ökonomische Profite abzielten: „Diese kurzfristige Sichtweise steht einer langfristigen nachhaltigen Entwicklung der Architektur extrem im Wege. Kurzfristige ökonomische Gewinne sollten daher keine entscheidende Rolle bei der Realisierung von Bauprojekten spielen und hinter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten zurücktreten. Nur so kann eine langfristig nutzerfreundliche Architekturlandschaft entstehen.“ Er betont: „Der Nutzerfreundlichkeit eines Projektes sollte immer höchste Priorität haben.“

THUSANANG

THUSANANG, das bedeutet gegenseitige Hilfe auf Tswana, der Sprache der Bevölkerung der Madikwe-Region in Südafrika. Sich gegenseitig zu helfen und voneinander zu lernen, ist der Leitgedanke dieses Projektes. In Zusammenarbeit mit der lokalen Gemeinschaft in Venture, einer informellen Siedlung im Norden Südafrikas, soll ab Herbst dieses Jahres ein Community Center errichtet werden.

Mehr Informationen zu dem Projekt und der Möglichkeit zu unterstützen finden sich auf der Website von THUSANANG.

'THUSANANG' am Hang

Eine Ausstellung auf dem OHA Osthang in Darmstadt informiert vom 26. bis 30. September über das Projekt.