„Seltsame Tage“

Ausstellung zu Arno Schmidt und seinen Darmstädter Jahren

11.10.2019

Arno Schmidt zählt zu den wichtigsten Autoren der deutschen Nachkriegszeit, über ihn und sein Werk wird bis heute kontrovers diskutiert. Studierende des Fachbereichs Architektur und des Instituts für Sprach- und Literaturwissenschaft der TU und des Fachbereichs Gestaltung der Hochschule Darmstadt erinnern in einer Ausstellung vom 11. Oktober 2019 bis 5. Januar 2020 an Arno Schmidt und seine Darmstädter Jahre.

Knapp vier produktive Jahre verbrachte Arno Schmidt in Darmstadt.

Seltsame Tage erlebte Arno Schmidt sicherlich einige während seiner Zeit in Darmstadt, zumindest entstand hier seine gleichnamige Erzählung – in der Stadt, über die er einmal an Helmut Heißenbüttel schrieb: "Lieber tot in der Heide als lebendig in Darmstadt.“ Und dennoch waren die Jahre in Darmstadt wichtige für Arno Schmidt.

Wie kaum ein anderer Autor setzte er sich in seinem frühen Werk mit den Folgen des Nationalsozialismus und dem Ende des 2. Weltkrieges auseinander und wurde in diesem Tun fast selbst politisches Opfer: Seine Erzählung „Seelandschaft mit Pocahontas“ brachte ihm eine Anklage wegen Gotteslästerung und Verbreitung pornographischer Schriften ein, der er nur mit Hilfe des Darmstädter Hilfsnetzwerks um den Maler Eberhard Schlotter und dem Büchner-Preisträger Ernst Kreuder entkommen konnte: Sie holten Arno Schmidt und seine Ehefrau Alice 1955 in das liberale Hessen und stellten ihnen in der Inselstraße dauerhaft eine Unterkunft.

Knapp vier Jahre verbrachte das Ehepaar Schmidt in Darmstadt. Produktive Jahre, in denen zahlreiche Erzählungen und Kurzromane entstanden, in denen Darmstadt nicht nur Bühne, sondern selbst Akteurin ist. Schmidt zeichnete das Porträt einer lebendigen Stadt des Wiederaufbaus und des beginnenden Wirtschaftswunders, in dem sich zugleich auch die damalige Kunst und Architektur widerspiegeln („Tina oder über die Unsterblichkeit“, „Goethe und einer seiner Bewunderer“).

„Seltsame Tage“ - Arno Schmidt und Darmstadt 1955–58“

Die Ausstellung findet vom 11. Oktober 2019 bis 5. Januar 2020 statt. Im Zentrum steht die Ausstellung in Halle 2, auf dem Campus Innenstadt in der Magdalenstraße 6. Weitere ausstellungsbegleitende Programmpunkte wie Lesungen und Vorträge finden im SchauRaum der Hochschule Darmstadt in der Schöfferstraße 3 und in der ULB in der Magdalenenstraße 8 statt.

Folgende Schaufenster werden im Laufe der Ausstellung im Darmstädter Stadtraum bespielt:

Klar Augenoptik
Modehaus Henschel
Fleur In Blumengeschäft
Georg Büchner Buchladen
Juwelier Techel
Asphaltgold Sneakerstore
Format Fachgeschäft für Kreative
Zoo Bar
Antiquariat Bläschke

Das vollständige Programm finden Sie hier: seltsametage.de

Kanzler Dr. Manfred Efinger: "Die Bauzeit der ehemaligen Maschinenhallen von 1955-1958 fällt genau in die Zeit, in der Arno Schmidt in Darmstadt lebte. Als Ausstellungsfläche ist die Halle 2 ein außergewöhnlicher Ort für eine außergewöhnliche Person. Ich bin sehr froh, dass dieser Raum zwischenzeitlich auf solch kreative Weise genutzt werden kann."

Spuren

Es verwundert daher nicht, dass es eines interdisziplinären Ansatzes bedarf, um sich auf Spurensuche nach Arno Schmidt in Darmstadt und gleichsam nach Darmstadt in Arno Schmidts Werk zu begeben. Studierende des Fachbereichs Architektur und des Instituts für Sprach- und Literaturwissenschaft der TU und des Fachbereichs Gestaltung der Hochschule Darmstadt haben diese Darmstädter Jahre in der Ausstellung „Seltsame Tage“ – Arno Schmidt und Darmstadt 1955–58“ nachgezeichnet.

Vom 11. Oktober 2019 bis 5. Januar 2020 finden neben der Hauptausstellung in Halle 2 auf dem Campus in der Innenstadt weitere Ausstellungen, Vorträge, Workshops und Lesungen in der Universitäts- und Landesbibliothek und dem SchauRaum der Hochschule Darmstadt statt. Ein Parcours durch den städtischen Raum lässt Erinnerungen an den Autor und das Darmstadt der 50 Jahre wieder lebendig werden und die Besucher auf seinen Wegen wandeln. Dazu werden ausgewählte Schaufenster während des Ausstellungszeitraumes im Darmstädter Stadtraum bespielt. Einmal mehr ist Darmstadt Bühne und Akteurin zugleich.

mho

Prof. Dr. Andrea Rapp: "Die Beschäftigung mit dem ‚sperrigen‘ und herausfordernden Autor Arno Schmidt und seiner Darmstädter Zeit – die Spurensuche in den Texten und in der Stadt – hat für alle Beteiligten neue Perspektiven auf diese Literatur, Architektur, Kunst und Stadt eröffnet. Neue Perspektiven gab es auch für die inter-institutionelle Zusammenarbeit."

PD Dr.-Ing. Helge Svenshon: "Auch wenn sich der menschenscheue Arno Schmidt in Darmstadt nie heimisch fühlte und eher nach einem „Baräckchen in der Heide“ sehnte, so setzte er mit seinen „Geschichten aus der Inselstraße” unserer Stadt doch ein bleibendes literarisches Denkmal."