Dauerexponate der TU im Jüdischen Museum in Berlin

Fachgebiet Digitales Gestalten rekonstruiert Synagogen virtuell

18.08.2020

Am Sonntag (23. August) wird die neue Dauerausstellung des Jüdischen Museums in Berlin eröffnet. Wie bereits bei der ersten Dauerausstellung im Jahre 2001 ist die TU Darmstadt wieder prominent mit der Darstellung von in der NS-Zeit zerstörter Synagogen vertreten. Am Dienstag (18.8.) wurde die Ausstellung im Rahmen einer Pressekonferenz im Beisein von Kulturstaatsministerin Monika Grütters vorab vorgestellt.

Für die neue Ausstellung des Jüdischen Museums in Berlin sind die drei am Fachgebiet Digitales Gestalten der TU Darmstadt rekonstruierten Synagogen Köln Glockengasse, Plauen und Hannover für Virtual Reality (VR) aufbereitet worden. In einem 360°-3D-Film werden die Innenräume dieser Synagogen erlebbar. Zu Beginn der Darstellung der einzelnen Synagogen steht eine historische Aufnahme, die das entsprechende Bauwerk von außen zeigt. Die gesamte Präsentation dauert sieben Minuten und ist mit Sprechertext unterlegt.

Ziel ist es, die Vorteile einer erläuternden Führung mit der Möglichkeit des freien Umblickens zu kombinieren, ohne dabei ein Echtzeitmodell erstellen zu müssen und ohne die Museumsbesucherinnen und -besucher mit der eigenständigen Navigation durch die Gebäude abzulenken. Die Besucherinnen und Besucher sitzen auf Stühlen und erleben die Synagoge so, als ob sie in einer der Bankreihen säßen. Es gibt zwei VR-Installationen, eine mit deutschem, die andere mit englischem Sprechertext. Auf einem Monitor werden die Blickbewegungen einer der Installationen übertragen und so erhalten auch Zuschauende einen Eindruck der Innenräume.

Direkt neben der Station mit den virtuellen Synagogen befindet sich eine Installation mit vier haptischen Synagogen-Modellen aus Edelstahl. Zusätzlich zu den rekonstruierten Synagogen Köln Glockengasse, Plauen und Hannover, wird noch die Synagoge München, Westenrieder Straße, präsentiert. Das Besondere ist, dass die Synagogen aus dem digitalen Datensatz in Edelstahl 3D gedruckt wurden – eine innovative Technologie, die in der Qualität erst seit wenigen Jahre zu Verfügung steht.

Die neue Dauerausstellung löst ein großes Versprechen ein: Hier können Juden ihre Lebenswelt wiedererkennen und andere Gäste viel über die Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland über 1.700 Jahre hinweg lernen. (Kulturstaatsministerin Monika Grütters)

Realisiert wurden die Exponate von der Architectura Virtualis, die offizieller Kooperationspartner der TU Darmstadt ist. Die Architectura Virtualis entwickelte für die neue Dauerausstellung auch drei weitere zentrale Exponate zum jüdischen Leben im Mittelalter, zu der Frage seit wann Juden in Deutschland leben und zu den Themen Judentum in Berlin mit Betrachtungen zu Berlin um das Jahr 1800, Begegnungen von Juden und Nicht-Juden sowie zum Jüdischen Berlin.

Ausstellung "Jüdische Geschichte und Gegenwart in Deutschland"

Die Ausstellung erzählt die Geschichte der Juden in Deutschland vom Mittelalter bis heute. Jüdische Gemeinschaften waren stets eng mit ihrer Umgebung verflochten. Zugehörigkeit und Ausgrenzung thematisiert die Ausstellung in ihren unterschiedlichen historischen Ausprägungen, von nachbarschaftlichem Zusammenleben bis zur Gewalt.

Das Rückgrat der Ausstellung bilden fünf historische Kapitel. Sie reichen von den Anfängen jüdischen Lebens in Aschkenas über die Emanzipationsbewegung im 19. Jahrhundert und deren gewaltsames Ende durch den Nationalsozialismus bis zur Vielstimmigkeit jüdischen Lebens heute.

Mehr Gegenwart zeigt die Ausstellung nicht nur in der ausführlichen Darstellung der Zeit nach 1945, sondern auch durch zeitgenössische Deutungen historischer Phänomene. So wird die jüdische Rezeption Richard Wagners durch Kommentare zur heutigen Aufführungspraxis von dem Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper, Daniel Barenboim, und dem Intendanten der Komischen Oper Berlin, Barrie Kosky, beleuchtet. Die Themen-Räume Tora oder Gebot und Gebet beschäftigen sich mit Überlieferung und religiöser Praxis heute.

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Marc Grellert / Jüdisches Museum Berlin / mho / pg