Futter für den Hochleistungsrechner

Grenzgänger zwischen Maschinenbau und Mathematik: „Athene Young Investigator“ Dr. Tomislav Maric

14.10.2020 von

Wie lassen sich genaue, effiziente und möglichst robuste numerische Methoden entwickeln, um die Bewegung gekrümmter, sich dynamisch deformierender Fluidgrenzflächen auf Hochleistungsrechnern zu simulieren? Dies ist das Hauptforschungsgebiet von Dr.-Ing. Tomislav Maric, Postdoc am Fachgebiet „Mathematical Modeling and Analysis“. Als Maschinenbauer im Fachbereich Mathematik, der im interdisziplinären Sonderforschungsbereich 1194 forscht, ist Tomislav Maric einer der neuen Athene Young Investigator der TU.

Athene Young Investigator Dr. Tomislav Maric in seinem Büro am Fachgebiet Mathematische Modellierung und Analysis.

Tomislav Maric hat an der Universität Zagreb in Kroatien seinen Bachelor- und Masterabschluss in Maschinenbau gemacht und numerische Verfahren haben ihn schon lange fasziniert. In 2011 wechselte der 37-Jährige daher an den Fachbereich Mathematik der TU Darmstadt und schrieb seine Doktorarbeit am Fachgebiet „Mathematische Modellierung und Analysis“ (MMA) bei Professor Dieter Bothe. Bothe ist Co-Sprecher des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs (SFB) 1194 und Mitglied des Sprecherrats des TU-Profilbereichs Thermo-Fluids & Interfaces. Seinem Promotionsthema „Lagrange / Euler'sche numerische Methoden für Mehrphasenströmungen“ blieb Tomislav Maric treu: Heute forscht er im SFB 1194 und ist Forschungsgruppenleiter am Fachgebiet MMA für genau diese numerischen Methoden.

Rund 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Darmstadt, des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung Mainz und des Leibniz-Instituts für Polymerforschung Dresden erforschen im SFB 1194 die Wechselwirkungen zwischen Be-/Entnetzung und Transportprozessen. Sie ergründen beispielsweise, was beim Drucken und Beschichten von Oberflächen mit unterschiedlichen Flüssigkeiten passiert, welche Prozesse ablaufen, wenn Flüssigkeit auf einen Festkörper trifft und wie dynamische Benetzung von den lokalen Impuls-, Wärme- und Stofftransportvorgängen abhängt. Dies sind fundamentale physikalische Vorgänge, die sich im Mikro- und Nanometerbereich abspielen, aber den Gesamtprozess und die Produktqualität entscheidend bestimmen und bis heute nicht ausreichend verstanden sind.

Erforschung numerischer Methoden

Dr. Tomislav Maric
Dr. Tomislav Maric

Tomislav Marics wissenschaftlicher Schwerpunkt ist dabei die Erforschung numerischer Methoden, mit deren Hilfe die Bewegung von Fluidgrenzflächen auf Hochleistungsrechnern effizient simuliert werden kann. „Ein grundlegendes Problem bei der Simulation von Mehrphasenströmungen besteht darin, zu bestimmen, welcher Teil des Raums von welcher Phase eingenommen wird. Wenn sich zwei Fluide nicht vermischen, bildet sich zwischen ihnen eine verformbare, sich bewegende Grenzfläche. Ein Beispiel ist die Grenzfläche zwischen Wasser und Luft“, erläutert der Athene Young Investigator. Numerische Methoden, die zur Verfolgung dieser Fluidgrenzfläche verwendet werden, so der TU-Wissenschaftler, müssen sehr effizient und robust sein, um genaue Ergebnisse zu erzielen, selbst dann, wenn sich die Grenzfläche topologisch ändert. Insbesondere dann, wenn ein Tropfen in viele kleine Tröpfchen zerfällt, und somit viele weitere Grenzflächen entstehen“, erklärt er. Die Bewegung von Fluid-Grenzflächen ist in vielen Anwendungsbereichen und auf verschiedensten Längenskalen – von der Lab-on-a-Chip Technologie bis zum Schiffsbau – bedeutsam.

Die Erforschung dieser Methoden ist sehr interdisziplinär und verbindet Fluiddynamik, Hochleistungsrechnen, mathematische Modellierung, Numerik, Computergestützte Geometrie und Computergrafik, so der Athene Young Investigator. Diese Interdisziplinarität stellt gleichzeitig eine große Herausforderung bei der Arbeit an einer Computersoftware dar, die auf eine Vielzahl von Mehrphasenströmungsproblemen anwendbar ist. Marics Fokus liegt auf der Entwicklung neuer sogenannter Lagrange / Euler-Methoden, durch deren Einsatz, die Gesamtqualität der Simulation erheblich verbessert werden soll. Denn: „Ist die Bewegung der Fluid-Grenzfläche nicht genau genug berechnet, so löst dies eine Kettenreaktion an Fehlern aus“, betont er.

Weiterer Schub für die eigene Forschung

Mit der Förderung durch den Athene Young Investigator rechnet der 37-Jährige mit einem weiteren Schub für seine Forschung. Tomislav Maric möchte sein wissenschaftliches Netzwerk vergrößern und Forschungskooperationen mit Unternehmen wie Bosch, aber ebenso mit internationalen Forschungseinrichtungen wie etwa CNRS in Paris und Oak Ridge National Laboratories in Tennessee, U.S. weiter ausbauen. Er freut sich auch darauf, im Rahmen des AYI seine eigenen Vorlesungen zu halten und zu gestalten. Für ihn ist es wichtig, seinen Studierenden das neueste Wissen zu vermitteln. Für den jungen Wissenschaftler, der auch OpenFOAM-Softwareentwickler ist und zuvor Mitgründer für das Startup „Sourceflux“ war, steht die Forschung an erster Stelle.