„Blitzlichter“ mit Flair

Wechselseitig mehr über digitale Lehre lernen

23.02.2021 von

Die Corona-Pandemie fordert Lehrende heraus: Wie transformiert man Inhalte und Methoden der Präsenzlehre gut in den digitalen Raum? Welche Techniken und didaktische Mittel bieten sich an? Die von der TU Darmstadt initiierten „Blitzlichter digitaler Lehre“ wollen einen authentischen Einblick in die aktuelle digitale Lehre geben. In Videofilmen berichten Lehrende neun hessischer Hochschulen von ihren Erfahrungen. Die „Blitzlichter“ sind Teil des vom Hessischen Wissenschaftsministerium geförderten Projekts „Digital gestütztes Lehren und Lernen in Hessen (digLL)“.

Die „Blitzlichter digitaler Lehre“ wurden von der TU Darmstadt initiiert

„Es ist etwas ganz anderes, die Tür zum Hörsaal zu öffnen oder eine Vorlesung online zu halten“, weiß Markus Weber nicht erst, seit das Coronavirus Präsenzveranstaltungen weitgehend unmöglich macht. Der Pädagoge arbeitet in der Hochschuldidaktischen Arbeitsstelle der TU Darmstadt und befasst sich in der AG E-Learning schon seit Jahren mit digitalen Technologien und Lehrmodellen. Als Mitglied des Innovationsforums „Didaktische Konzeptentwicklung“ ist er eng eingebunden in das Projekt „Digital gestütztes Lehren und Lernen in Hessen“.

Darin haben sich elf hessische Hochschulen zusammengeschlossen, um innovative Konzepte zur digital gestützten Lehre sowie digitale Lerninhalte zu erarbeiten. Lehrenden soll ein virtueller Raum geboten werden, in dem sie sich austauschen und neue Wege erproben können. Ziel ist, auf diese Weise auch allen Studierenden Zugang zu barrierefreien, qualitätsgesicherten digitalen Lehrinhalten zu ermöglichen.

Inspirierende Gespräche

Die Idee für „Blitzlichter“ entstand zu Beginn der Pandemie im Innovationsforum „Didaktische Konzeptentwicklung“, das die TU und die Uni Gießen gemeinsam führen. „Wir haben tolle Gespräche mit Lehrenden geführt und gemerkt, da passiert sehr viel, es gibt aber auch sehr viele Fragen“, berichtet Weber.

Diese Gespräche und digitalen Konzepte der Kolleginnen und Kollegen wollte der Pädagoge festhalten – in Form von Videointerviews, die anderen Lehrenden Hilfe und Anregung sein sollten. Den Anfang machten acht Professoren und Professorinnen sowie wissenschaftliche Beschäftigte der TU Darmstadt, mit denen Markus Weber und sein studentischer Mitarbeiter Simon Gudat Online-Gespräche führten.

Wir haben tolle Gespräche mit Lehrenden geführt und gemerkt, da passiert sehr viel, es gibt aber auch sehr viele Fragen.

Die meisten Interviews wurden per Zoom bei den Lehrenden zuhause aufgezeichnet. Die Homeoffice-Atmosphäre „macht das Flair der Blitzlichter aus“, findet Weber. Später wurden die Zoom-Sessions bearbeitet und geschnitten. Der Gesprächsablauf war festgelegt: Die Interviewten beantworteten jeweils vier stets gleichlautende Eingangsfragen und sprachen anschließend zu unterschiedlichen Schwerpunkten und Tools wie Zoom-Konferenzen, Interaktion mit Moodle, Breakout-Sessions, geflippte Hörsaalübungen, Blended-Learning, Erklärvideos oder auch Open Book Klausuren und ILIAS-Tests. „Inhaltlich haben wir das abgestimmt, damit keine Doubletten entstehen, sondern möglichst viele Facetten der digitalen Lehre abgebildet sind“, so Weber. Die Interviews können in einer Kurzversion von rund sieben Minuten oder einer Langfassung von bis zu 50 Minuten abgerufen werden.

30 Blitzlichter sind so seit Mai 2020 entstanden, in denen Lehrende von neun hessischen Hochschulen und Universitäten von ihren Erfahrungen berichten, die sie mit der digitalen Lehre gemacht haben. Darunter das „Pionier-Team“ der TU, aber auch Lehrende der Frankfurt University of Applied Sciences, der Hochschule Rhein Main, der Technischen Hochschule Mittelhessen sowie der Hochschule Geisenheim, der Universitäten Kassel, Marburg und Gießen.

Authentisch und ehrlich

Die Interviews seien sehr authentisch und ehrlich, findet Markus Weber. Die „Blitzlichter“ bilden die Lernkurve ab, die die Lehrenden selbst innerhalb der zwei digitalen Semester genommen haben. Sie zeigen „die tollen Ideen und Erfolge, die die Lehrenden hatten und wie sie mit den Tools arbeiten, dokumentieren aber auch den Stress der Umstellung, die Krisen und Herausforderungen“. So berichtet Professor Stefan Schäfer vom TU-Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften etwa, wie ungewohnt es anfangs war, bei Zoom-Veranstaltungen kein Feedback der Studierenden zu erhalten, nicht in Gesichter blicken zu können. Er nimmt es mit schwäbischem Humor und der Erkenntnis: „Nicht gemeckert ist genug gelobt.“

Nicht gemeckert ist genug gelobt.

Der TU ging es bei den „Blitzlichtern“ vor allem um den Transfer der Präsenz- in die Online-Lehre. Die Initiative sollte die Bedarfe der Lehrenden und Lösungsoptionen aufzeigen. Ziel war auch die Vernetzung innerhalb der digLL-Hochschulen und zwischen den Lehrenden – das kam gut an und wurde viel genutzt.

Seit kurzem gibt es die Interviews auch mit englischen Untertiteln. Gedacht ist die Übersetzung auch im Hinblick auf das internationale Netzwerk UNITE! , das die TU Darmstadt und weitere Universitäten aus sieben europäischen Ländern gebildet haben und das ein neues Modell eines europäischen virtuellen und physischen Campus schaffen will.

Markus Weber hat schon eine Idee für eine Fortsetzung. „Wir haben durch die Interviews und den Austausch untereinander viel dazu gelernt. Das wirkt noch nach“, sagt er. Genau darum soll es in einer neuen, etwas kleineren Zoom-Gesprächsreihe mit dem Titel „Nachgefragt“ gehen.

Die TU Darmstadt ist Mitglied des vom Land Hessen geförderten Projekts „Digital gestütztes Lehren und Lernen in Hessen (digLL)“. Beteiligt ist die TU mit zwei Innovationsforen sowie drei lokalen Teilprojekten zur Förderung der digitalen Lehre – darunter das Forum Didaktische Konzeptentwicklung gemeinsam mit der Universität Gießen und „Trusted Learning Analytics“ gemeinsam mit der Goethe-Universität Frankfurt.

Die „Blitzlichter“ sind im Rahmen des Innovationsforums „Didaktische Konzeptentwicklung“ entstanden. In Videosequenzen berichten Lehrende der TU Darmstadt und hessischer Hochschulen von ihren Erfahrungen bei der Umstellung der eigenen Lehre in Folge der Corona-Pandemie.