„Das Beste aus zwei Welten“
Medizintechnik an den Rhein-Main-Universitäten
04.10.2021
Seit dem Wintersemester 2018/19 bieten TU Darmstadt und Goethe-Universität Frankfurt einen Bachelorstudiengang Medizintechnik an, nun startet der Master. Ellen Bräuer beginnt jetzt ihr Masterstudium und berichtet im Interview, was das Studium ausmacht.
„Wenn ich das vorher gewusst hätte …“ Was hat dich am meisten am Studiengang Medizintechnik überrascht?
Mich haben besonders zwei Dinge überrascht. Erstens, dass von Anfang an in den Medizinvorlesungen praktische Beispiele aus dem Klinikalltag eingebracht wurden. Grundvorlesung über das Herz? Man sieht ein Video von einer OP am offenen Brustkorb mit schlagendem Herzen. Thema Knochenbrüche? Es werden Fotos von Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Brucharten gezeigt und im Praktikum kann die Bedienung einer Knochensäge ausprobiert werden. Im Klinischen Praktikum stand ich in der Notaufnahme im Schockraum und habe die Notversorgung eines Schwerstverletzten live miterlebt.
Zweitens war ich erstaunt darüber, wie viele Fachbereiche der TU Darmstadt bereits vor der Einführung des Studiengangs Medizintechnik mit medizintechnischen Themen zu tun hatten. Es wurden bereits ein chirurgischer Roboterarm, aktive Beinprothesen und vieles mehr in Kooperation mit anderen Universitäten und Firmen entwickelt. In so vielen der Technikvorlesungen werden Beispiele aus der Medizintechnik gebracht und die Theorie dahinter erklärt.
Glaubst du, dass man auch Medizintechnik studieren kann ohne Medizinanteil?
Nicht wirklich. Der Medizinanteil ist ja schon im Namen des Studiengangs enthalten. Wen der Medizinteil nicht sonderlich interessiert, dem würde ich eher einen der Studiengänge des Fachbereichs Elektrotechnik und Informationstechnik empfehlen, wie Mechatronik oder eben Elektrotechnik und Informationstechnik. Später kann man sich dann immer noch in Richtung Medizintechnik ausrichten. Aber ich habe mich gerade wegen des Medizinanteils für dieses Studium entschieden, da ich so das Beste aus zwei Welten (Technik und Medizin) lernen kann.
Es geht ja nicht nur darum, das medizinische Fachwissen zu erlangen, sondern auch die Fachsprache und den Arbeitsalltag der Medizinerinnen und Mediziner kennenzulernen, um somit später als eine Übersetzerin zwischen Ingenieurinnen und Ingenieuren und Medizinerinnen und Medizinern fungieren zu können. Diese sprechen nämlich nicht unbedingt die gleiche Sprache. Mit einem weichen Material beispielsweise meint ein Arzt nicht das gleiche wie eine Elektroingenieurin.
Würdest du dich als vollwertige Ingenieurin bezeichnen?
Definitiv. Im Bachelor habe ich im Technik-Grundstudium die gleichen Vorlesungen besucht wie meine Kommilitoninnen und Kommilitonen aus anderen Ingenieurstudiengängen. Ich sehe mich selbst quasi als Elektroingenieurin mit Vertiefung Medizin.
Du hast nun das Bachelorstudium abgeschlossen – fühlst du dich im Rückblick auf dein Studium gut auf den Master vorbereitet? Gibt es denn schon ein Thema, auf welches du dich gerne spezialisieren möchtest?
Ich denke, die Grundlagen wurden mir sehr gut im Bachelor vermittelt. Ich freue mich auf den Master und die Möglichkeit, einen Schwerpunkt zu wählen. Da mich besonders die medizinische Bildgebung mit Geräten wie CT oder MRT interessiert, werde ich entweder die Vertiefung Bildgebung oder die Vertiefung Strahlenphysik wählen.
Die Fragen stellte Melanie Herzog.
Studiengang Medizintechnik
Start des Bachelorstudiengangs zum Wintersemester 2018/19
- Frauenanteil von circa 50 Prozent
- 305 immatrikulierte Studierende in drei Kohorten:
- 115 Studierende im zweiten Fachsemester
- 63 Studierende im vierten Fachsemester
- 127 Studierende im sechsten Fachsemester
Start des Masterstudiengangs zum Wintersemester 2021/22
Schwerpunkte:
- Bildgebung und Bildbearbeitung
- Strahlenphysik und -technik in der Medizin
- Digitale Zahnmedizin und Chirurgische Robotik und Navigation
- Aktorik, Sensorik und Neurostimulation