Zeitmaschine: Karl Otmar Freiherr von Aretin

Bedeutender Historiker des 20. Jahrhunderts

15.12.2023

Karl Otmar von Aretin wurde bekannt als Professor für Zeitgeschichte und prägende Figur an der damaligen TH Darmstadt. Ein Rückblick zum 100. Geburtstag.

Vor 100 Jahren, am 2. Juli 1923, wurde Karl Otmar von Aretin in München geboren. Bekannt wurde er als Professor für Zeitgeschichte und aufgrund seiner prägenden Stellung an der TH Darmstadt.

Aretin war Kriegsteilnehmer von 1942 bis 1945. Im Anschluss studierte er ab 1946 Geschichte und Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 1952 promovierte er bei Franz Schnabel und war im Anschluss Stipendiat am Institut für Europäische Geschichte in Mainz. Während seines Studiums und auch später war Aretin journalistisch tätig. Zwischen 1958 und 1964 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent am Max-Planck-Institut für Geschichte in Göttingen.

1962 habilitierte er sich und wurde 1964 auf den Lehrstuhl für Zeitgeschichte an der TH Darmstadt berufen. Er prägte maßgeblich die fach- und universitätsübergreifende Anerkennung des dortigen Instituts für Geschichte. Ab 1968 war Aretin darüber hinaus Direktor der Abteilung für Universalgeschichte des Instituts für europäische Geschichte in Mainz.

Spezieller Blickwinkel

Seine eigene Familiengeschichte, geprägt durch den Widerstand seines Vaters Erwein und seines Schwiegervaters Henning von Tresckow gegen das NS-Regime, erlaubte es ihm, Zeitgeschichte aus einem speziellen Blickwinkel wahrzunehmen. Auch wenn seine Erfahrungen seine Perspektive beeinflusst haben, so waren Transparenz und Freiheit ein Prinzip seiner wissenschaftlichen Lehre.

Aretin legte Wert darauf, dass die Geschichte, die vermittelt wird, auf Fakten, Quellen und Archivstudien basiert. So akzeptierte er es auch, wenn Studierende andere Denkweisen präsentierten, solange sie auf Quellen beruhten, die fachlich korrekt analysiert wurden. Keineswegs versuchte er, die Vorgehensweise und Forschungen seiner Studierenden und Promovierenden zu beeinflussen. Er animierte seine Schülerinnen und Schüler dazu, ein starkes und methodisches Forschungsinteresse zu entwickeln. Forschungs- und lernbegeistert setzte er die Lehre um und war damit ein beispielhafter Professor und Wegweiser der lehrenden Forschung, welche erzieherisch-kritische Bildungsziele beinhaltet.

Epochenübergreifende Perspektive

Seine Veröffentlichungen waren nicht an einzelnen Ereignissen orientiert, sondern epochenübergreifend an der gesamten deutschen Geschichte. So warf Aretin seinen Blick nicht nur auf die Reichs- und Landesgeschichte, sondern auch auf die Konfessions- und Kirchengeschichte, auf den Dualismus in der deutschen Geschichte und natürlich das Dritte Reich. Zur Geschichte des Alten Reiches legte er essenzielle Arbeiten vor, weshalb er zu den bedeutendsten deutschen Historikern der Frühen Neuzeit nach dem Zweiten Weltkrieg zählt. Auch nach seiner Emeritierung 1988 und bis ins hohe Alter war Aretin wissenschaftlich tätig. Er starb am 26. März 2014 in seiner Heimatstadt München.

Aretins Tätigkeiten als Autor und Vortragender erreichten eine breite Öffentlichkeit. Neben zahlreichen Mitgliedschaften in internationalen Wissenschaftlichen Akademien wurde er 1984 als erster Deutscher mit dem Ehrendoktor der Universität Posen geehrt. 2013 stiftete das Institut für Geschichte der TU Darmstadt den Karl Otmar Freiherr von Aretin Preis für hervorragende Abschlussarbeiten.

Sinem Ahsen Balcik

Die Autorin ist studentische Hilfskraft im Universitätsarchiv der TU Darmstadt und Studentin Information Science M.Sc. an der Hochschule Darmstadt.