Anhalter Bahnhof Revisited

TU Darmstadt und Deutsches Technikmuseum erwecken Berliner Architektur-Ikone virtuell zum Leben

12.05.2023

In einem gemeinsamen Projekt haben das Fachgebiet Digitales Gestalten der TU Darmstadt und das Deutsche Technikmuseum einen immersiven 360-Grad-Rundgang durch den historischen Anhalter Bahnhof entwickelt– eine Berliner Ikone. Das Projekt ist Teil des „dive in. Programm für digitale Interaktionen“ der Kulturstiftung des Bundes, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Programm NEUSTART KULTUR.

Virtuelle Rekonstruktion des Anhalter Bahnhofs in Berlin.

Der Anhalter Bahnhof ist Symbol für die Metropole Berlin, den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt, aber auch für die Flucht ins Exil und die Deportation aus der Heimat. Das 360-Grad-Projekt „Anhalter Bahnhof Revisited“ der TU Darmstadt und des Deutschen Technikmuseums in Berlin erweckt den heute fast verschwundenen Ort zu neuem Leben. Die Anwendung lädt dazu ein, die Architektur des historischen Bahnhofsgebäudes und die mit ihm verbundenen Geschichten in einer virtuellen Rekonstruktion neu zu entdecken.

Ehemals größter Bahnhof auf dem Kontinent

Vom Anhalter Bahnhof und seiner Gleisanlage ist heute im Stadtraum nur noch wenig zu finden. Bekannt ist vor allem der bis heute erhaltene Portikus, das große Eingangsportal, des Anhalter Bahnhofs sowie die S-Bahn-Station. Bei seiner Einweihung 1880 war der Anhalter der größte Bahnhof Kontinentaleuropas und eine international beachtete Sensation. Als Berlins Tor zum Süden führten vom Anhalter aus Verbindungen nach München, Budapest, Wien und sogar über die Alpen bis nach Rom und Neapel. Der Anhalter war Ausgangspunkt für Urlaubs- und Geschäftsreisen, aber auch für die Flucht ins Exil vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ebenso wie für die Deportation aus der Heimat von weit über 9000 jüdischen Menschen in Konzentrationslager. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, 1952 stillgelegt und ab 1959 abgerissen, markiert der Anhalter Bahnhof bis heute einen wichtigen Ort im Berliner Stadtgedächtnis. Mit dem geplanten Neubau des Exilmuseums um den Portikus am Askanischen Platz erfährt er künftig neue Aufmerksamkeit.

Detailgenaue Rekonstruktion

Die detailgenaue Rekonstruktion kann über die Website https://anhalter.technikmuseum.berlin abgerufen werden. Sie zeigt die prächtige Architektur des Bahnhofs: von den kunstvoll gestalteten Terrakotten an der Fassade über die glitzernden Kronleuchter im Vestibül bis zum Eingang des Excelsior-Tunnels, des ehemals längsten Hoteltunnels der Welt. Auch die den Bahnhof so prägenden Züge und Dampfloks, Gleislandschaften und Signale wurden originalgetreu nachgebildet. Die Nutzenden können verschiedene Standorte innerhalb des Bahnhofs anwählen und das historische Gebäude eigenständig erkunden.

Historische Persönlichkeiten und ihre Geschichten vom „Anhalter“

Der Anhalter Bahnhof war ein Mobilitätsknotenpunkt und das Tor zum modernen Berlin. Hier trafen sich alle Klassen der Gesellschaft, vom Fürsten bis zum Kofferträger. In kunstvoll gestalteten Story-Panoramen erwarten historische Persönlichkeiten wie Erich Kästner, Gabriele Tergit und Josef Tal die Nutzenden, um ihnen ihre ganz eigenen Geschichten vom „Anhalter“ zu erzählen. Auch der Architekt des Bahnhofs Franz Schwechten und der Bahnhofsvorsteher Berthold Bäckmann sind Teil von „Anhalter Bahnhof Revisited“. Die Nutzenden können sich von der Architektur, der Atmosphäre und den Erzählungen begeistern lassen und in das rege Treiben am Anhalter Bahnhof eintauchen.

Anhalter Bahnhof als lebendiges Museum

Stelen am Anhalter Bahnhof ermöglichen per QR-Code den direkten Zugang zu den 360-Grad-Panoramen und den unterschiedlichen Standorten im historischen Bahnhof. Dort, wo sich heute ein Fußballplatz und das Tempodrom befinden, öffnet „Anhalter Bahnhof Revisited“ ein Tor in eine vergangene Zeit, in der Berlin noch ganz anders aussah. Der Bahnhof wird zum lebendigen Museum, voller Geschichten, Fotos, Videos und historischer Dokumente. Der direkte Vergleich zwischen dem modernen Berlin und dem historischen Bahnhof macht Veränderungsprozesse im Stadtraum deutlich und fasziniert.

Die Nutzenden erleben den Mobilitätswandel hautnah. Die ehemals große Bedeutung der Eisenbahn, die sich in der Architektur großartiger Bahnhofsgebäude zeigt, steht hier im Mittelpunkt. Der Bezug zur Gegenwart liegt auf der Hand: Aktuell gewinnt der Schienenverkehr mit Blick auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz wieder mehr an Gewicht.

Deutsches Technikmuseum/mho

Kooperation zwischen TU Darmstadt und dem Deutschen Technikmuseum

„Anhalter Bahnhof Revisited“ ist ein Kooperationsprojekt der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin und der Technischen Universität Darmstadt, Fachgebiet Digitales Gestalten. Mit der Entwicklung der Anwendung und der Gestaltung der Story-Elemente wurde C4 Berlin und der „Berlinologe“ Michael Bienert beauftragt. Darüber hinaus konnten das Berliner Zentrum Industriekultur (bzi) und die Stiftung Exilmuseum für eine Zusammenarbeit und Beratung gewonnen werden.