„Entscheidender Punkt fehlt“

Katastrophenmanagement-Expertin Professorin Michèle Knodt zur Nationalen Sicherheitsstrategie

15.06.2023

Die Bundesregierung hat gestern (14. Juni) die erste Nationale Sicherheitsstrategie für Deutschland beschlossen. Grundidee ist es, erstmals alle inneren und äußeren Bedrohungen für die Sicherheit des Landes zu berücksichtigen. Professorin Michèle Knodt, Politikwissenschaftlerin und Ko-Direktorin des LOEWE-Zentrums emergenCITY an der TU Darmstadt, gibt eine kritische Einschätzung zu der Strategie ab:

Professorin Dr. Michèle Knodt

„Ein Fokus der Nationalen Sicherheitsstrategie liegt auf der Stärkung des Bevölkerungsschutzes. Der Ansatz, Kooperation und Ressourcenausstattung zu stärken, ist begrüßenswert. Allerdings fehlt bei der Strategie ein entscheidender Punkt, der bei übergreifenden Katastrophen, wie etwa der Ahrtalflut, ein Defizit im Katastrophenmanagement darstellte. Im Katastrophenfall müssen vor allem bessere Koordinationsmechanismen etabliert, zentrale Schnittstellen definiert und einheitliche Ansätze gefunden werden. Das müsste sich auch auf die in der Strategie angesprochene stärkere Ressourcenausstattung beziehen.“

Als konkrete Ansatzpunkte schlägt Professorin Michèle Knodt vor:

  1. Verbesserung der Koordination innerhalb und zwischen den Katastrophenschutz und Verwaltungsstäben durch (a) gut vernetzte Expertenteams zur Unterstützung lokaler Katastrophenschutzstabsmitglieder, (b) Überarbeitung des Ausbildungs- und Einsatzkonzeptes der Verwaltungsstäbe und (c) Vereinheitlichung der (Fach-)Sprache im Einsatz
  2. Verbesserung der Koordination der Stäbe mit den Einsatzkräften: Transparenz und Routine fördern
  3. Verbesserung der Rolle der politisch Verantwortlichen: Ausbildung und Einbindung der politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen
  4. Verbessertes Schnittstellenmanagement zwischen Stäben und Zivilgesellschaft: Spontanhelfer*innen als Ressource begreifen

Die Expertin:

Professorin Michèle Knodt leitet am Institut für Politikwissenschaft der TU Darmstadt den Arbeitsbereich „Vergleichende Analyse politischer Systeme und Integrationsforschung“: Sie ist zudem Ko-Direktorium des LOEWE-Zentrums emergenCITY, das seit 2020 an resilienten Infrastrukturen digitaler Städte forscht, die auch Krisen und Katastrophen standhalten, und Ko-Autorin einer aktuellen Veröffentlichung zum Thema Katastrophenmanagement:

Knodt, Michèle/Platzer, Eva (2023): „Lessons Learned: Koordination im Katastrophenmanagement“. emergenCITY Policy Paper. Darmstadt (wird in neuem Tab geöffnet)

mih