Weiter durch Wellen

TU-Team erforscht Ausbreitung von Flüssigkeiten auf Oberflächen

16.07.2024

Wie verhält sich ein Flüssigkeitsfilm unter Vibration? Und was bedeutet das für die Oberflächenspannung? Dazu hat ein Team der TU Darmstadt geforscht und die Ergebnisse jetzt im renommierten Fachjournal „Physical Review Letters“ veröffentlicht.

Laborexperiment zur Messung der Wellenenergie mit einem Laser-basierten Sensor.

Jede Flüssigkeit hat eine bestimmte Oberflächenspannung, das heißt, ihre Oberfläche bildet eine Art elastische Haut – ähnlich wie bei einem Luftballon, der eine runde Form annimmt. Dieser Effekt trägt unter anderem dazu bei, dass manche Insekten über Wasser laufen können und leichte Gegenstände darauf schwimmen. Die Spannung beeinflusst auch, wie ein Flüssigkeitsfilm sich auf einer Fläche verteilt: Flüssigkeiten mit einer geringeren Oberflächenspannung breiten sich stärker aus als solche mit höherer Spannung.

Wenn man die Wasseroberfläche durch Vibrationen stört – im Labor geschieht das mithilfe einer Art Lautsprecher – entstehen kleine Wellen auf der Flüssigkeitsoberfläche. Welche Auswirkungen das hat, haben nun Forschende der TU Darmstadt anhand von Experimenten und theoretischen Überlegungen entschlüsselt. Ihre Ergebnisse erschienen im angesehenen Fachjournal „Physical Review Letters“.

Grundlegende Erkenntnisse

Flüssigkeitsfilm von oben mit kreisrundem Loch. Wie weit die Wellen das Loch zusammendrücken und ob es sich schließt, hängt von der Wellenenergie ab.
Flüssigkeitsfilm von oben mit kreisrundem Loch. Wie weit die Wellen das Loch zusammendrücken und ob es sich schließt, hängt von der Wellenenergie ab.

Das Team um Professor Steffen Hardt vom Fachgebiet Nano- und Mikrofluidik am Fachbereich Maschinenbau entdeckte, dass ein vibrierter Flüssigkeitsfilm sich verhält, als hätte er eine niedrigere Oberflächenspannung als in statischem Zustand. Er breitet sich also durch eine Störung stärker aus.

„Wie stark dieser Effekt ist, lässt sich vorhersagen, wenn man die Energie kennt, die in den Wellen steckt“, erklärt Steffen Bisswanger, Doktorand am Fachgebiet. „Damit ist es uns gelungen, ein sehr kompliziertes System mit Hilfe von Konzepten zu beschreiben, die üblicherweise nur auf viel einfachere Systeme angewendet werden können“, fügt Henning Bonart, Postdoktorand am Fachgebiet, hinzu.

In der Forschung könnten diese grundlegenden Erkenntnisse helfen, statistische Modelle von Gas-Flüssigkeitsströmungen zu verbessern. Relevant ist dies beispielsweise in der Klimamodellierung: Die Menge an Luftblasen in unseren Ozeanen, in der von Wellen aufgewühlten oberen Schicht, ist abhängig von der Oberflächenspannung des Wassers. Die Reflexion von einfallendem Sonnenlicht oder die Erwärmung des Wassers hängen von der Statistik der Luftblasen ab, die von dem Effekt, den das Forschungsteam untersucht hat, beeinflusst werden könnte.

Hardt/mih

Die Publikation

Steffen Bisswanger, Henning Bonart, Pyi Thein Khaing und Steffen Hardt: „Liquid Surfaces with Chaotic Capillary Waves Exhibit an Effective Surface Tension“, in: „Physcial Review Letters“, 10.1103/PhysRevLett.133.034001 – Published 15 July 2024