Das Beste aus zwei Welten verbinden
Gastprofessorinnen-Programm der TU Darmstadt
08.01.2025 von Bettina Bastian
Mit dem Gastprofessorinnen-Programm lädt die TU Darmstadt promovierte Forscherinnen aus den Ingenieurwissenschaften, die in einem Industrieunternehmen tätig sind, an die Universität ein. Dabei profitieren beide Seiten: Die Gastprofessorinnen forschen und lehren befristet, ohne ihre Position im jeweiligen Unternehmen aufzugeben, und bereichern die Lehre durch innovative Ansätze und wertvolle Einblicke in Unternehmensrealitäten. Zurzeit läuft die Ausschreibung für die dritte Runde des erfolgreichen Programms. Aus diesem Anlass blicken ehemalige Teilnehmerinnen zurück und schildern ihre Erfahrungen.
Initiiert und entwickelt wurde das . „Ziel ist, weibliche Vorbilder und Karrierewege in den Ingenieurwissenschaften sichtbar zu machen“, sagt Marion Klenk, Referentin im Gleichstellungsbüro und zuständig für das Gastprofessorinnen-Programm. Und das Programm trägt Früchte: „Von bisher insgesamt sechs Gastprofessorinnen haben sich drei für eine langfristige akademische Laufbahn entschieden und sind Professorinnen geworden. Die Frauen geben an, dass die Gastprofessur bei dieser Entscheidung eine wesentliche Rolle gespielt und den Weg für eine Karriere an der Universität geöffnet habe“, so Klenk. Gastprofessorinnen-Programm vom Gleichstellungsbüro der TU Darmstadt
Zwei der Frauen, die eine akademische Laufbahn einschlugen, haben mittlerweile Professuren an der TU Darmstadt inne:
nahm 2018/19 an der ersten Runde des Gastprofessorinnen-Programms teil. Sie studierte und promovierte am Fachbereich Mathematik der TU Darmstadt, arbeitete dann am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR) der Universität Heidelberg und bei der ABB AG. Dort ist sie bis heute als Principal Scientist im Bereich Bewegungsplanung und -regelung für Industrieroboter sowie Mensch-Roboter-Zusammenarbeit tätig. Im Oktober 2018 kehrte sie im Rahmen des Gastprofessorinnen-Programms zurück an die TU Darmstadt. Seit 2020 leitet sie als Kooperationsprofessorin die Forschungsgruppe Robotik-Systeme des Instituts für Mechatronische Systeme am Fachbereich Maschinenbau. Debora Clever
„Das Gastprofessorinnen-Programm legt ein ideales Fundament für nachhaltige Industriekooperationen, von denen alle Beteiligten gleichermaßen profitieren – sowohl in der Forschung als auch in der Lehre“, sagt Clever. „Unternehmen erhalten innovative Impulse, Fachbereiche stärken ihre Praxisorientierung, die Studierenden gewinnen Zugang zu realen Anwendungen und die Gastprofessorinnen entwickeln sich persönlich und beruflich weiter.“ Die Ausgestaltung und Fortführung der Gastprofessur sei dabei sehr individuell: „In meinem Fall entstand aus der Gastprofessur die Kooperationsprofessur Robotik-Systeme mit drei Promovierenden und einer industrieorientierten Robotikvorlesung. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit, gemeinsame Anträge und gezielter Transfer schaffen dabei wertvolle Verbindungen in der Forschung.“ Nicht zu unterschätzen sei auch die Wirkung als Rolemodel für Schülerinnen und Nachwuchswissenschaftlerinnen. „Mein besonderer Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen aus Universität und Industrie, die diesen Weg möglich gemacht haben. Für mich ist das Programm ein Vorzeigemodell, wie kreative Förderung Vielfalt und Exzellenz in Wirtschaft, Forschung und Lehre verbindet.“
Auch nahm am Gastprofessorinnen-Programm der TU Darmstadt teil. Es bestärkte sie darin, den Weg zu einer Professur weiter zu verfolgen. Nach ihrer Promotion am Institut für Hochspannungstechnik an der ETH Zürich war sie als Entwicklungsingenieurin für Grundlagenprojekte bei der Pfisterer Kontaktsysteme GmbH tätig. In dieser Zeit lernte sie die TU Darmstadt durch das Gastprofessorinnen-Programm „von innen“ kennen. Nach zwei Jahren als Professorin an der TU München leitet sie seit 2022 das Fachgebiet Hochspannungstechnische Betriebsmittel und Anlagen am Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik an der TU Darmstadt. Myriam Koch
„Als Studentin waren Professor:innen für mich diejenigen, die Vorlesungen halten und Abschlussarbeiten beurteilen“, erzählt Koch. „Ich hatte eine vage Vorstellung davon, dass das nicht alles sein kann. Während der Promotion wurde mir bewusst, dass die Begleitung von uns Doktorand:innen einen zweiten großen Teil der Arbeit ausmacht. Die vielen Gespräche und Diskussionen, die Teilnahme an Professorien und die Konzeption einer vollständigen Lehrveranstaltung im Rahmen des Gastprofessorinnen-Programms zeigten mir viele weitere der spannenden und vielfältigen Aufgaben von Professor:innen.“
Das sagen die Gastprofessorinnen 2023/24:
„Eine Gastprofessur bietet nicht nur die Gelegenheit, Wissen zu teilen, sondern auch neue Perspektiven zu gewinnen, wertvolle Verbindungen zu knüpfen und sowohl beruflich als auch persönlich einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.“
Dr.-Ing.‘in Magdalena Graczyk-Zajac (EnBW), Gastprofessorin am Fachbereich Material- und Geowissenschaften im Fachgebiet Materials & Resources bei Professorin Anke Weidenkaff
„Die Gastprofessur war eine inspirierende Zeit voller neuer Ideen, die mir neue Perspektiven eröffnete, wertvolle Netzwerke schuf und die Freiheit bot, innovative Forschung voranzutreiben.“
Dr.‘in rer.nat. Julia Lyubina (Evonik), Gastprofessorin am Fachbereich Material- und Geowissenschaften im Fachgebiet Functional Materials bei Professor Oliver Gutfleisch
„Meine Gastprofessur an der TU Darmstadt hat meinen Weg zur ordentlichen Professur geprägt und mir unschätzbare Erfahrungen in Lehre, Forschung und Zusammenarbeit gebracht.“
Yufang Hou, Ph.D. (IBM Ireland), Gastprofessorin am Fachbereich Informatik im UKP Lab bei Professorin Iryna Gurevych
Ausschreibung für die dritte Runde
Die öffentliche Ausschreibung der Universität, die noch bis zum 31. Januar läuft, ist anspruchsvoll: Sie sucht fachlich exzellente, promovierte Führungsfrauen aus forschungs- und entwicklungsnahen Abteilungen von Unternehmen, die aufgrund ihrer Qualifikationen und Kenntnisse perspektivisch für die Besetzung einer Professur infrage kommen könnten – vorzugsweise in den Ingenieurwissenschaften. Die Bewerberinnen sollten eine berufliche Praxis von mindestens fünf Jahren vorweisen, davon wenigstens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs.
Die Gastprofessorinnen können im Rahmen eines (Teil-)Sabbaticals für ein bis zwei Semester an einem Fachbereich der TU Darmstadt als Gastprofessorin forschen und lehren – flexibel freigestellt vom aktuellen Arbeitgeber mit mindestens 40 Prozent Beschäftigungsanteil an der TU Darmstadt.
Das ist eine Gleichstellungsmaßnahme, die im Rahmen des Professorinnenprogramms des Bundes und der Länder durchgeführt wird. Gastprofessorinnen-Programm