Offene Türen für Forschung, Innovation und Lehre

Mehr als 4.000 Gäste beim Open Campus der TU Darmstadt

26.05.2025

Mit offenen Türen, mehr als 100 Programmpunkten und rund 4.000 Gästen hat die TU Darmstadt am Sonntag (25. Mai) ihren Open Campus gefeiert. Unter dem Motto „Ein Tag, der Wissen schaf(f)t“ konnten Besucherinnen und Besucher Forschung zum Anfassen erleben, an Führungen teilnehmen und bei Vorträgen mitdiskutieren. Zwischen dem Hörsaal- und Medienzentrum und der Mensa entstand auf dem Campus Lichtwiese ein lebendiges Zentrum des Austauschs – von hier aus erschlossen sich Ausstellungen, Workshops, Vorlesungen für Erwachsene und Kinder sowie Mitmachangebote in den angrenzenden Gebäuden.

TU-Präsidentin Tanja Brühl und TU-Kanzler Martin Lommel begrüßten das Publikum gemeinsam auf der Bühne. Beide zeigten sich sichtlich erfreut über das große Interesse und betonten die Offenheit der Universität. „Es ist toll, dass wir heute hinter Türen schauen können, die sonst geschlossen sind.“ Brühl unterstrich: „Diese Veranstaltung ist auch eine Einladung an künftige Studierende. Als Teil der Wissenschaftsstadt möchten wir unsere Verbundenheit mit Darmstadt deutlich machen.“

xchange-Preis erstmals verliehen

Die Preisträger:innen des „xchange-Preises“
Die Preisträger:innen des „xchange-Preises“

Der Open Campus bot den Rahmen, erstmals den „xchange-Preis“ der TU Darmstadt zu verleihen. TU-Vizepräsident Thomas Walther, Vizepräsident für Innovation und Internationales der TU, hob hervor, dass xchange als dritte Säule neben Forschung und Lehre eine zentrale Rolle spiele: „Der Preis macht die exzellenten xchange-Aktivitäten an der TU sichtbar.“ In der Kategorie „Technologietransfer und Gründungsaktivitäten“ wurde Professor Stephan Rinderknecht (Fachbereich Maschinenbau) für seine langjährige Förderung von Unternehmertum und Gründungsgeist ausgezeichnet. Rinderknecht hat über 60 Patente angemeldet und zahlreiche Ausgründungen begleitet. Eine lobende Erwähnung erhielten Professor Heinz Koeppl und Dr. Melanie Mikosch-Wersching vom Centre for Synthetic Biology für die Start-Up Sommerschool „From Ideas to Business“.

In der Kategorie „Wissenstransfer und Wissenschaftskommunikation“ wurde das Projekt „Biodiversitätskulturen in Stadt und Land“ ausgezeichnet. Das interdisziplinäre Team um die Professor:innen Nico Blüthgen (Biologie), Nina Janich, Markus Lederer und Alfred Nordmann (alle Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften) und ihre Doktorand:innen überzeugte durch originelle und breite Kommunikationsformate. Eine lobende Erwähnung erhielt Dr.-Ing. Dirk Balfanz (Centre for Cognitive Science) für das Wissenschaftsplanspiel „Wissen vs. Meinung: Künstliche Intelligenz“.

Exzellenzcluster im TU-Talk vorgestellt

TU-Talk: Dr. Patrick Honecker, CCO der TU Darmstadt, im Gespräch mit Professor Constantin Rothkopf (Mitte) und Professor Marcus Rohrbach (rechts).
TU-Talk: Dr. Patrick Honecker, CCO der TU Darmstadt, im Gespräch mit Professor Constantin Rothkopf (Mitte) und Professor Marcus Rohrbach (rechts).

Für besondere Aufmerksamkeit sorgte der TU-Talk zur Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder. Nur drei Tage vor dem Open Campus war bekannt geworden, dass die TU Darmstadt mit gleich zwei Exzellenzclustern erfolgreich war. Die Präsidentin und der Chief Communication Officer der TU Patrick Honecker stellten die zur Förderung ausgewählten Exzellenzcluster „Reasonable Artificial Intelligence“ (RAI) zu Künstlicher Intelligenz und „The Adaptive Mind“ (TAM) zu Kognitionswissenschaften vor. Der Erfolg in der Exzellenzstrategie sei zugleich auch ein Erfolg der Allianz der Rhein-Main-Universitäten (RMU). „Wir wollen die Zusammenarbeit mit den Rhein-Main-Universitäten vorantreiben und die Kooperation noch weiter verstärken“, so Brühl. Einblicke in die beiden Cluster gaben Forschende auf der Bühne.

Professor Marcus Rohrbach vom Cluster RAI und Professor Constantin Rothkopf vom Cluster TAM erklärten, wie neue Erkenntnisse in den Bereichen KI, Kognitionswissenschaften und Informatik entstehen. Die Vorfreude auf die beiden neuen großen Projekte, starke Kooperationen und auch auf die Freiheit in der Wissenschaftlichen Arbeit, die durch die Förderung möglich wird, war spürbar.

Neustart mit Perspektive

Die Lichtwiese war der Schauplatz des ersten Open Campus.
Die Lichtwiese war der Schauplatz des ersten Open Campus.

Der Open Campus löst den früheren Tag der offenen Tür ab, der zuletzt 2018 unter dem Motto „hellwach“ stattfand. Nach pandemiebedingter Pause und der Wiedereröffnung des Wissenschaftsschlosses im Jahr 2023 kehrte das Veranstaltungsformat nun mit neuem Konzept zurück. Geplant ist, den Open Campus künftig im zweijährigen Wechsel zwischen Campus Lichtwiese und Stadtmitte auszurichten.

Das Interesse an der Veranstaltung war groß: Bereits vor dem offiziellen Start um 11 Uhr waren viele Gäste auf dem Campus unterwegs. Alle Vorlesungsangebote – für Groß und Klein – waren nahezu ausgebucht, rund 1.200 Personen nahmen daran teil. Zahlreiche Rückmeldungen zeigten, dass der Tag nicht nur zum Entdecken, sondern auch zum Dialog über die Rolle von Wissenschaft in der Gesellschaft anregte.

cst/sip

Der Analytik auf der Spur: Führung durch die Abteilung für Massenspektrometrie am Fachbereich Chemie.
Der Analytik auf der Spur: Führung durch die Abteilung für Massenspektrometrie am Fachbereich Chemie.

Wer sich für detektivisches Arbeiten und Krimiserien wie „CSI“ interessiert, war bei der Führung in die Analytikabteilung des Fachbereichs Chemie genau richtig. Hier geht es darum, sehr genau die Inhaltsstoffe von verschiedenen Substanzen herauszufinden. Benutzt wird dazu ein Massenspektrometer. In diesem Gerät werden die Inhaltsstoffe einer Probe nach Masse und Ladung getrennt, woraus sich ihr molekularer Aufbau ermitteln lässt. Bereits sehr kleine Mengen einer Probe reichen aus, um den Inhalt zu entschlüsseln. Die Besucher:innen bekamen die Gelegenheit, unterschiedlichste Analysegeräte und Labore zu „inspizieren“ und freuten sich, Einblicke in Abläufe zu erhalten, wie sie auch in forensischen oder kriminaltechnischen Laboren stattfinden.

An der TU ist die Massenspektrometrie täglich im Einsatz, beispielsweise um Synthesewege von organischen und anorganischen Verbindungen zu überprüfen. cst

Dass wir auch ohne Wörter kommunizieren können, wussten die jungen Gasthörer:innen schon, auch dass Sprache trotzdem ein praktisches Werkzeug ist. Warum sind aber manche Wörter so schwer zu verstehen und wo kommen sie her? Gemeinsam mit TU-Professorin Nina Janich vom Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften entdeckten die Kinder, dass sich die Bedeutung von Wörtern verändern kann, dass sich neue erfinden lassen und dass manche Wörter einfach nicht mehr gebraucht werden. mho

Professor Markus Gräfe demnostriert die Faszination von Licht.
Professor Markus Gräfe demnostriert die Faszination von Licht.

Professor Markus Gräfe vom Fachbereich Physik nahm die Kinder mit in die faszinierende Welt des Lichts und erläuterte, warum Licht für uns lebensnotwendig ist. In kindgerechten Experimenten wurde Papier zum Brennen gebracht, Licht in seine Spektralfarben zerlegt und bewiesen, dass Licht aus unterschiedlich langen Wellen besteht. Außerdem braucht Licht nur eine Sekunde, um sieben Mal die Welt zu umrunden und nur acht Minuten von der Sonne bis zur Erde. Damit gibt es nichts, das schneller ist als Licht. mho

Könnten Kinder Roboter erfinden, dann solche, die ihre Hausaufgaben erledigen und ihre Zimmer aufräumen – da waren sich die Kinderhörer:innen einig. Gelernt haben sie von Professorin Debora Clever vom Fachbereich Maschinenbau, dass Roboter aber keine lehrreichen Tätigkeiten für den Menschen erledigen sollen, sondern nur „langweilige“ Aufgaben. Dafür gibt es schon viele Roboter, die jeweils aber nur eine Aufgabe erledigen: manche saugen, andere putzen Fenster, wieder andere übersetzen Sprachen oder helfen bei Produktionsabläufen. Besser wäre da ein menschenähnlicher Roboter, der unterschiedliche Aufgaben erfüllen kann. Daran forschen Wissenschaftler:innen an der TU. Wichtig dabei ist die Einhaltung des 1. Gesetzes der Robotik: Roboter dürfen keine menschlichen Wesen verletzen. Das Fazit: Vor Robotern braucht man keine Angst zu haben, sie bieten viele Chancen, brauchen aber einen gewissenhaften Umgang. mho

Im Standort der Universitäts- und Landbibliothek auf dem Campus Lichtwiese gab es zahlreiche Pop-Up-Bücher zu bestaunen.
Im Standort der Universitäts- und Landbibliothek auf dem Campus Lichtwiese gab es zahlreiche Pop-Up-Bücher zu bestaunen.

Mehr als nur Lesen konnten die jungen Besucher:innen in der Ausstellung der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB). Zu bestaunen gab es Aufklapp-Bilderbücher zu Märchen, Tierwelten, Meereslandschaften, Kunst und Architektur. Inspiriert von den Pop-up-Bildern, konnten die Kinder (und manche Erwachsene) eigene Origami-Kunstwerke, wie Kaleidoskope, in der Bastelecke falten. mho

Können zwei Kinder eine mehr als zwölf Tonnen schwere und 13 Meter lange Brücke aus Betonplatten und massiven Stahlträgern dazu bringen, um etliche Zentimeter auf und ab zu wippen? Mit Leichtigkeit – und mit dem richtigen Rhythmus. Zwei kleine Besucherinnen probierten beim Open Campus selbst aus, was zuvor zwei Mitarbeiter der Structural Dynamics Unit am Institut für Statik und Konstruktion an der experimentellen Fußgängerbrücke HUMVIB erklärt und gezeigt hatten. Das Zauberwort hier heißt „Eigenfrequenz“, die jedes Bauwerk konstruktionsbedingt hat. Wird es dann mit genau derselben Frequenz angeregt – zum Beispiel durch Schritte im richtigen Takt, durch Kinderhände, die auf den Beton drücken oder auch durch Eisenbahnwaggons mit standardisiertem Radabstand – macht es begeistert mit: Die Brücke fängt an zu tanzen. Im schlimmsten Fall kann das in eine „Resonanzkatastrophe“, zum Einsturz führen. In der Präsentation „Brücken, die tanzen“ erklärte Max Fritzsche von der Structural Dynamics Unit, wie Wissenschaftler:innen der TU daran arbeiten, genau das zu verhindern. An der HUMVIB-Brücke sammeln sie Daten und experimentieren, um herauszufinden, wie man Brücken mit einer sicheren Eigenfrequenz konstruiert, die auch noch möglichst ressourcenschonend sind, oder welche Möglichkeiten es gibt, um Schwingungen an Bauwerken zu unterbinden. Der Brückentanz beim Open Campus zeigte als kleines Detail aus dem Forschungsalltag, wie spannend und wichtig diese Ingenieurwissenschaft ist. „Bauingenieur:innen haben enormen Einfluss“, sagt Fritzsche. „Wir sind überall.“ sip

Roboterhund in Aktion.
Roboterhund in Aktion.

Eine Traube Menschen hatte sich am Stand des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) vor dem Hörsaal- und Medienzentrum versammelt. Der Grund: Roboterhund „dobbie“. Hüpfend, Männchen machend und balancierend auf Vorder- oder Hinterpfoten faszinierte er das Publikum. Was kurzweilig zum Anschauen ist, hat auch wissenschaftliche Relevanz, wie Dr. Benjamin Hättasch erklärte: „Wir testen anhand dieses Roboters die Validität unserer wissenschaftlichen Modelle – also ob das, was man sich am Computer ausgedacht hat, auch in der Realität funktioniert.“ Der Schwerpunkt liegt hierbei auf Simulation und Reinforcement Learning, einer Form des Maschinellen Lernens.

Das DFKI hat seit 2022 ein Labor an der TU Darmstadt. Die Leiter der drei Forschungsbereiche sind die Professoren Jan Peters, Kristian Kersting und Carsten Binnig vom Fachbereich Informatik. bjb

Ein beeindruckendes Beispiel für das Ineinandergreifen von Forschung und Anwendung gab es bei der Sondervorlesung „Energiewende in Aktion: Nachhaltigkeitsfortschritte durch das EnEff-Campus-Projekt“ zu erleben. Professor Florian Steinke und Julia Barbosa vom Fachgebiet Energieinformationsnetze und -systeme am Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik (etit) erklärten, wie der Campus Lichtwiese in diesem Projekt zum Forschungsobjekt für die gelingende Energiewende wird. Ziel ist es, Energiebedarf und CO2-Ausstoß durch energieeffizientes Bauen und Sanieren zu reduzieren. Aus den Forschungsarbeiten, die an den am interdisziplinären Projekt beteiligten Fachbereichen etit, Architektur und Maschinenbau entstanden sind, hat das TU-Dezernat für Baumanagement und Technischen Betrieb bereits einiges in laufende Bau- und Sanierungsprojekte auf dem Campus Lichtwiese aufgenommen: So werden Deckensegel als Alternative für eine Fußbodenheizung im Architekturgebäude eingesetzt. Außerdem ist ein sogenannter Digitaler Zwilling im Einsatz, der zum Beispiel eine schnelle Quantifizierung zur Wirkung von Maßnahmen zur Wärmeeinsparung in Gebäuden auf der Lichtwiese erlaubt. bjb