Demokratie im Wandel beobachten

TU Darmstadt zentral am neuen Hessen-Monitor beteiligt

04.06.2025

Die Technische Universität Darmstadt ist maßgeblich am Aufbau eines neuen demokratiepolitischen Forschungsinstruments beteiligt: dem Hessen-Monitor. Das Projekt wurde jetzt zur Förderung durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst ausgewählt und soll die politische Stimmungslage und gesellschaftlichen Einstellungen in Hessen erstmals systematisch, wissenschaftlich fundiert und langfristig erfassen.

Professor Christian Stecker (links) und Professorin Michèle Knodt vom Institut für Politikwissenschaft der TU Darmstadt sind zusammen mit ihrer Kollegin Dr. Christina-Marie Juen am neuen Hessen-Monitor beteiligt.

Ziel ist es, politische Einstellungen, gesellschaftliche Spaltungstendenzen und die Resilienz der Demokratie in den verschiedenen Regionen Hessens differenziert sichtbar zu machen. So sollen fundierte Grundlagen für politische Bildung, zivilgesellschaftliche Diskussionen und evidenzbasierte Entscheidungsprozesse geschaffen werden.

TU Darmstadt stark im Forschungsverbund vertreten

Dr. Christina-Marie Juen
Dr. Christina-Marie Juen

Im interdisziplinären Forschungsverbund aus fünf hessischen Hochschulen ist die TU Darmstadt besonders stark vertreten: Mit Professor Christian Stecker, Professorin Michèle Knodt und Dr. Christina-Marie Juen sind renommierte Wissenschaftler:innen aus dem Institut für Politikwissenschaft direkt in die Projektleitung und -entwicklung eingebunden. Juen, die zu politischen Einstellungen und Wahlverhalten auf lokaler Ebene und populistischen Tendenzen forscht, sieht vor allem im lokalen Fokus einen großen Gewinn. „Gerade auf lokaler Ebene zeigt sich, wie sich politische Einstellungen verändern – oft leise, aber nachhaltig“, so Juen. „Der Hessen-Monitor hilft uns zu verstehen, wo sich Unzufriedenheit mit Demokratie verdichtet – und wo Vertrauen entsteht.“

Neben der TU Darmstadt beteiligen sich die Philipps-Universität Marburg, die Justus-Liebig-Universität Gießen, die Goethe-Universität Frankfurt am Main und die Hochschule Fulda am Projekt. Die Leitung übernehmen Professorin Isabelle Borucki (Marburg) und Professor Christian Stecker (Darmstadt).

„Demokratie lebt vom Wissen über sich selbst – und genau das schafft der Hessen-Monitor. Gerade in einer Zeit, in der gesellschaftliche Gräben tiefer werden, ist verlässliche Forschung zu Einstellungen und Vertrauen essenziell“, betont Stecker die Relevanz des Projekts mit Blick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Gesellschaftliche Relevanz und wissenschaftlicher Anspruch

Der Hessen-Monitor reagiert auf die wachsenden Herausforderungen für liberale Demokratien – von sinkendem Vertrauen in Institutionen bis zu gesellschaftlicher Fragmentierung. In Hessen werden diese Prozesse durch ausgeprägte regionale Unterschiede zwischen der urbanen Rhein-Main-Region und strukturschwächen ländlichen Gebieten verstärkt. Genau hier setzt das Projekt an, indem es kleinräumige Unterschiede systematisch erfasst und analysiert.

Michèle Knodt hebt die diagnostische Funktion des Monitors hervor: „Mit dem Hessen-Monitor bauen wir ein Frühwarnsystem für die Demokratie. Wir zeigen, wie sich Einstellungen in Stadt und Land, in verschiedenen sozialen Gruppen oder Regionen unterscheiden – und was das für politische Entscheidungen bedeutet.“

Die geplanten Erhebungen basieren auf einem stabilen Basismodul, das zentrale politische Einstellungen, wie zum Beispiel Demokratiezufriedenheit, Haltung gegenüber Problemlagen, oder Vertrauen in Institutionen, über mehrere Erhebungswellen vergleichbar macht. Hinzu kommen variable Module, die auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reagieren – etwa Migration, wirtschaftliche Unsicherheit oder politische Teilhabe. Ergänzt wird die Erhebung durch Online-Fokusgruppen, die ein vertieftes Verständnis ermöglichen. Die erste Pilotphase beginnt im Mai 2025, die Feldphase der Befragung ist für Anfang 2026 angesetzt.

Dialogorientiert und offen: Ergebnisse für Politik, Bildung und Öffentlichkeit

Die Ergebnisse sollen nicht nur wissenschaftlich dokumentiert, sondern auch öffentlich diskutiert werden. Vorgesehen sind eine Kurzzusammenfassung unmittelbar nach der Erhebung, ein ausführlicher Monitor-Bericht sowie regionale Workshops. Dort sollen die Befunde mit Politik, Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit diskutiert werden. So leistet das Projekt einen Beitrag zur Versachlichung politischer Debatten, zur Stärkung der politischen Bildung und zur Förderung einer konstruktiven Streitkultur.

Langfristig ist der Hessen-Monitor als wiederkehrendes Beobachtungsinstrument konzipiert, das Trends sichtbar macht und politische Entscheidungsträger:innen auf Landes- und kommunaler Ebene evidenzbasiert unterstützt. Die Daten werden im Sinne von Open Science aufbereitet und zur Nachnutzung veröffentlicht.

Der Hessen-Monitor ist eins von sechs Projekten, die im Rahmen des Programms „Stärkung der Demokratieforschung Hessen“ zur Förderung ausgewählt wurden. Die Forschenden erhalten bis 2027 rund 277.000 Euro. Mit dem Programm unterstützt das hessische Wissenschaftsministerium Forschungsvorhaben an den Hochschulen, die in die Gesellschaft wirken. „Die Demokratie resilient zu machen gegen Extremismus und Polarisierung, ist eine der dringlichsten Aufgaben unserer Zeit. Wissenschaft und Forschung leisten dazu einen entscheidenden Beitrag“, so Wissenschaftsminister Timon Gremmels. „Die geförderten Projekte zeigen das Potenzial und die große Bandbreite der Demokratieforschung. Sie stärken die demokratische Kultur, den offenen Dialog zwischen Bürgerinnen, Bürgern, Politik und Wissenschaft – und damit die Zukunftsfähigkeit der Demokratie in Hessen.

Stecker/sip