Hochkarätiger ERC-Grant für Professor Marco Durante
EU fördert GSI-Forschung zur Tumortherapie erneut in Millionenhöhe
17.06.2025
Professor Marco Durante, Leiter der Abteilung Biophysik des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung und Professor am Fachbereich Physik der TU Darmstadt, Institut für die Physik kondensierter Materie, ist mit einem hochkarätigen Forschungsförderpreis der Europäischen Union für etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgezeichnet worden: Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) hat ihm den renommierten Advanced Grant zugesprochen.

Mit der Förderung in Millionenhöhe kann der Biophysiker ein ambitioniertes Forschungsprojekt zur Verbesserung der Tumortherapie umsetzen. Als leitender Wissenschaftler wird er gemeinsam mit seinem Team noch wirksameren Behandlungen von Krebserkrankungen erforschen und eine vielversprechende Strahlentherapiemethode untersuchen, bei der ultrakurze Impulse von Schwerionenstrahlen mit ultrahoher Dosisleistung eingesetzt werden.
„Ich gratuliere Professor Marco Durante sehr herzlich zur erneuten Auszeichnung mit einem ERC Advanced Grant. Sie ist zugleich eine Anerkennung für die starke Forschungspartnerschaft zwischen GSI und TU Darmstadt“, sagte Professor Matthias Oechsner, TU-Vizepräsident für Forschung. „Marco Durante zeigt eindrücklich, wie aus zukunftsweisender Grundlagenforschung Innovationen erwachsen, die entscheidenden Mehrwert für alle schaffen – indem sie neue Optionen zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen eröffnen.“
Experte für die Tumortherapie mit Schwerionen und Strahlenschutz im Weltraum
ist weltweit anerkannter Experte auf dem Gebiet der Strahlenbiologie und der medizinischen Physik, vor allem für die Tumortherapie mit Schwerionen und Strahlenschutz im Weltraum. Wichtige wissenschaftliche Fortschritte erreichte er auf dem Gebiet der Biodosimetrie von geladenen Teilchen, der Optimierung der Teilchentherapie und der Abschirmung von schweren Ionen im Weltraum. Professor Marco Durante
Die aktuelle Auszeichnung bedeutet für den Biophysiker eine erneute Anerkennung und einen nahtlosen Anschluss an eine vorangegangene Würdigung: Bereits im Jahr 2020 hatte Professor Marco Durante einen „ERC Advanced Grant“ für sein Forschungsprojekt „BARB“ erhalten. Die letzten Experimente aus diesem Themenbereich, bei dem es vor allem um eine höhere Präzision der Tumortherapie ging, wurden vor kurzem abgeschlossen und werden nun in einflussreichen wissenschaftlichen Magazinen publiziert. Die bei BARB gesammelten Erfahrungen sind auch hochrelevant für sein neues ERC-gefördertes Projekt mit dem Titel „Heavy Ionen FLASH (HI-FLASH)“.
Forschungsvorhaben HI-FLASH
In dem Forschungsvorhaben HI-FLASH will Professor Marco Durante sehr schwere Ionen bei ultra-hohen Intensitäten gegen Hirntumore einsetzen. Bei vielen soliden Krebsarten, einschließlich bösartiger Hirntumoren, werden Patient*innen derzeit entweder mit hochenergetischen Protonen oder mit Kohlenstoffionen behandelt. Dennoch ist die Prognose für Glioblastome (GBM) – aggressive, schnell wachsende Hirntumore bei Erwachsenen – nach wie vor schlecht.
Hier setzt das neue Projekt an. Schwerere Ionen als die bisher verwendeten könnten bei der Behandlung extrem resistenter, hypoxischer und tödlicher Tumoren wie dem Glioblastom von großem Nutzen sein. Allerdings wird der Einsatz von sehr schweren Ionen durch ihre übermäßige Toxizität für das umliegende, gesunde Gewebe eingeschränkt. Der Ansatz von Professor Durante besteht darin, eine Therapie mit sehr schweren Ionen mit akzeptablen Toxizitäten zu ermöglichen, indem man den sogenannten FLASH-Effekt nutzt. Dabei geht es um sehr kurze und hoch-intensive Strahlenimpulse, bei denen die Behandlungsdosis in Zeitskalen von unter einer Sekunde abgegeben wird. Der Einsatz solcher Teilchen mit ultrahoher Dosisrate (UHDR) führt möglicherweise zu einer deutlichen Schonung des normalen Gewebes bei gleichzeitiger Tumorkontrolle.
„Obwohl der molekulare Mechanismus noch unklar ist, erweitert der FLASH-Effekt das therapeutische Fenster beträchtlich und hat sich in der Strahlentherapie heute schon als vielversprechend erwiesen. Während meine Gruppe bei GSI/FAIR Pionierarbeit bei der ersten Demonstration des FLASH-Effekts mit hochenergetischen Kohlenstoff-Ionen geleistet hat, könnte die UHDR-Bestrahlung mit noch schwereren Ionen, 20Ne, bei sehr resistenten Tumoren sehr wirksam sein“, erklärt Marco Durante. Genau das soll HI-FLASH in den nächsten fünf Jahren erforschen, um das volle Potenzial für eine bestmögliche Patientenversorgung zu erschließen. Das neue Forschungsprojekt soll dabei Toxizität und Tumorkontrolle mit Neon-Ionen bei konventioneller und ultrahoher Dosisleistung vergleichen und, zum weiteren Vergleich, mit hochenergetischen Protonen, die bei der Behandlung von GBM zwar wenig wirksam sind, aber das normale Gehirn bei UHDR bekanntermaßen schonen.
Forschung mit den GSI-Beschleunigeranlagen
Die GSI-Beschleuniger auf dem Darmstädter Campus sind für diese Pionierforschung bestens geeignet. GSI/FAIR ist die einzige Anlage weltweit, an der der FLASH-Effekt mit Ionen, die schwerer als Kohlenstoff sind, erforscht werden kann. Das GSI-Synchrotron kann Ionen aller natürlich vorkommenden chemischen Elemente auf hohe Energien und Intensitäten beschleunigen, und das künftige Beschleunigerzentrum FAIR wird diese Möglichkeiten noch deutlich erweitern. „Wenn HI-FLASH erfolgreich ist, wird es den Weg für den Einsatz schwerer Ionen in der Krebstherapie ebnen und die Behandlungsergebnisse für Patient*innen mit hochresistenten und tödlichen Tumoren verbessern“, erläutert Marco Durante.
Professor Marco Durante sagte: „Ich danke dem Europäische Forschungsrat, dass er mir mit seiner Förderung durch den ERC-Advanced-Grant eine weitere großartige Chance gibt und es mir ermöglicht, unsere Forschung im Bereich der Tumortherapie mit geladenen Teilchen entscheidend voranzubringen. Ich freue mich darauf, HI-FLASH gemeinsam mit meinem Team und den Fachleuten der Biophysik- und Beschleuniger-Abteilungen bei GSI zu verwirklichen. Die kommenden fünf Jahre bieten eine außergewöhnliche Möglichkeit, Grundlagenforschung in greifbaren medizinischen Fortschritt zu überführen.“
Professor Thomas Nilsson, der Wissenschaftliche Geschäftsführer von GSI und FAIR, betonte: „Ich freue mich außerordentlich für Marco Durante und die Anerkennung seiner wissenschaftlichen Arbeit mit dieser hochkarätigen Förderung. Solche Erfolge unterstreichen zugleich auch die exzellente Forschungsqualität bei GSI/FAIR und zeigen die einzigartigen Möglichkeiten und Forschungsperspektiven auf, die unsere außergewöhnlichen Infrastrukturen bieten. Die ERC-Grants sind ein deutliches Zeichen dafür, wie zukunftsweisend unsere Forschungstätigkeit ist.“
Professorin Maria Leptin, Präsidentin des Europäischen Forschungsrates, sagte: „Ich gratuliere Ihnen ganz herzlich zu diesem Erfolg. Ich bin zuversichtlich, dass dieses Stipendium Ihnen helfen wird, Ihre Forschung auf höchstem Niveau zu entwickeln und beeindruckende Ergebnisse zu erzielen.“
Zur Person
besitzt mehr als 30 Jahren Erfahrung in der Schwerionen-Biophysik. Er studierte Physik und promovierte an der Universität Federico II in Italien. Seine Postdoc-Stellen führten ihn ans NASA Johnson Space Center in Texas und zum National Institute of Radiological Sciences in Japan. Während seiner Studien spezialisierte er sich auf die Therapie mit geladenen Teilchen, auf kosmische Strahlung, Strahlungszytogenetik und Strahlenbiophysik. Professor Marco Durante
Für seine Forschungen wurde Professor Marco Durante vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Galileo-Galilei-Preis der Europäischen Föderation der Organisationen für Medizinische Physik, dem Warren-Sinclair-Preis des amerikanischen National Council of Radiation Protection (NCRP), dem IBA-Europhysik-Preis der Europäischen Physikalischen Gesellschaft (EPS), dem von der European Radiation Research Society (ERRS) vergebenen Bacq & Alexander-Preis, dem Failla-Preis der Radiation Research Society, dem Henry-Kaplan-Preis der Internationalen Gesellschaft zur Strahlenforschung IARR, dem Ellen-Gleditsch-Preis der Norwegischen Akademie der Wissenschaften, und der Medal for Outstanding International Achievements des British Institute of Radiology (BIR).
Außerdem ist er Präsident der internationalen Organisation Particle Therapy Co-Operative Group (PTCOG), der weltweiten Organisation der Partikeltherapie-Zentren. Auf der jüngsten Jahrestagung in Buenos Aires wurde er für eine weitere dreijährige Amtszeit zum Präsidenten der PTCOG wiedergewählt. Nun erhält er nach 2020 einen zweiten ERC Advanced Grant in Folge für seine Forschung.
ERC Advanced Grants
Die werden vom Europäischen Forschungsrat (ERC) an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Fachrichtungen vergeben. Sie richten sich an etablierte, aktive Forschende mit herausragender wissenschaftlicher Erfolgsbilanz. In der aktuellen Vergaberunde wurden 281 Grants bewilligt, 2.534 Anträge eingereicht. ERC Advanced Grants
B. Paflik/GSI