Gestein als Wärmespeicher

TU Darmstadt testet geothermische Systeme in mittlerer Tiefe

18.07.2025

Auf dem Campus Lichtwiese hat die TU Darmstadt eines der ersten realmaßstäblichen Systeme zur Bohrloch-Wärmespeicherung in mittlerer Tiefe (Medium-Deep Borehole Thermal Energy Storage, MD-BTES) umgesetzt. Im Projekt SKEWS („Saisonaler Kristalliner Erdwärmesondenspeicher“) untersuchen Forschende des Fachgebiets Angewandte Geothermie der TU unter Leitung von Professor Ingo Sass, wie Wärme, die über der Erde zum Beispiel aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird, saisonal in kristallinen Gesteinsschichten tief unter der Erdoberfläche gespeichert werden kann. Nun liegen vielversprechende erste Erkenntnisse aus den Feldversuchen vor.

Zwischen 2022 und 2023 wurden im Südosten des Campus Lichtwiese drei koaxiale Erdwärmesonden mit einer Tiefe von jeweils 750 Metern in den Untergrund eingebracht. Der Demonstrator dient seither als großmaßstäbliches Versuchsfeld für thermische Modellierung, Langzeitüberwachung und Systemoptimierung. Zudem ist er Teil des EU-Horizon-Projekts „PUSH-IT“, das hochtemperierte geothermische Wärmespeicher an verschiedenen europäischen Standorten erforscht.

Bisher existierende Systeme arbeiten mit Bohrtiefen von etwa hundert Metern. Das System an der TU wurde entwickelt, um eine innovative Form der saisonalen Wärmespeicherung zu testen, die auch in größeren Tiefen noch wirtschaftlich betrieben werden kann – obwohl dabei die Bohrkosten erheblich steigen. Die Sondenstandorte auf dem Campus wurden gezielt gewählt, um die energetische Effizienz zu maximieren. Numerische Simulationen zeigten, dass das System die gewünschten positiven Ergebnisse liefert.

Ein zentrales Element der Forschung war ein geothermischer Response-Test. Dazu wurden Glasfaserkabel in den Bohrlöchern installiert, die die Temperaturverläufe über Tiefe und Zeit hochauflösend erfassen und es so ermöglichen, die Funktion der Sonden genau zu untersuchen. Bei koaxialen Erdwärmesonden handelt es sich um geschlossene Systeme: Ein Wärmeträgerfluid zirkuliert innerhalb eines Rohrsystems und gibt Wärme an das umgebende Gestein ab oder nimmt sie auf – ohne Austausch von Wasser oder Stoffen mit dem Untergrund, wie er bei offenen Systemen auftritt. Das vereinfacht Kontrolle und Monitoring erheblich.

Sehr gute Wärmeleitfähigkeit

Standort des Wärmespeichers
Standort des Wärmespeichers

Die Tests bestätigten eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit des umgebenden kristallinen Gesteins in den tieferen Schichten – ein entscheidender Faktor für das effiziente Be- und Entladen des Wärmespeichers. Gleichzeitig wurden geringe innere Wärmeverluste der Sonde beobachtet: Warme und kalte Fluidströme im selben Rohrsystem beeinflussen sich mitunter gegenseitig, was zu thermischen Kurzschlüssen und damit zum Effizienzverlust führen kann. Die in den Versuchen auf der Lichtwiese gewonnenen Erkenntnisse fließen bereits in die Weiterentwicklung von Isolierung und Rohrführung ein, um derartige Verluste in künftigen Systemen zu minimieren.

Die Forschungen sollen auch zeigen, ob das System technisch und wirtschaftlich zur Versorgung der Universität beitragen kann: Langfristig könnte das MD-BTES-System an der TU Darmstadt erweitert werden, um das unterirdische Speichervolumen deutlich zu erhöhen. Damit ließe sich erneuerbare Wärme – etwa aus solarthermischen Anlagen oder Prozessabwärme, zum Beispiel aus Rechenzentren und Laboren – saisonal in das Fernwärmenetz des Campus einspeisen. Saisonal heißt dabei: Egal, wann die Wärme entsteht, kann sie unter der Erde zwischengelagert werden und in der kalten Jahreszeit nach Bedarf zur Wärmeversorgung entnommen und weitergenutzt werden – ein Beitrag zu Nachhaltigkeit und Energiewende.

Das Projekt SKEWS wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie der Bundesrepublik Deutschland gefördert (FKZ: 03EE4030A).

Maximilian Schedl/sip

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