Versteckte Gefahr im Waldboden
TU-Forscher weisen erstmals Speicherung von Mikroplastik in Wäldern nach
27.08.2025
Mikro- und Nanoplastik belastet nicht nur Meere, Flüsse und Äcker, sondern auch den Wald. Zu diesem Ergebnis kommen Geowissenschaftler der TU Darmstadt in einer nun im renommierten Journal “Nature Communications Earth & Environment” veröffentlichten Studie.
Schädliches Mikroplastik wird einer neuen Untersuchung zufolge nicht nur in landwirtschaftlichen und städtischen Böden gespeichert, sondern auch im Wald. Der Großteil der winzigen Kunststoffpartikel gelangt demnach aus der Luft in die Wälder und sammelt sich dort in den Waldböden an. „Das Mikroplastik aus der Atmosphäre setzt sich zunächst auf Blättern der Baumkronen fest, die Wissenschaft spricht hier vom sogenannten Auskämmeffekt“, erklärt Hauptautor Dr. Collin J. Weber vom . „Dann werden die Partikel in Laubwäldern zum Beispiel durch Regen oder den herbstlichen Laubfall auf den Waldboden weitertransportiert.“ Institut für Angewandte Geowissenschaften der TU Darmstadt
Dort spielt die Laubzersetzung eine zentrale Rolle bei der Speicherung der Schadstoffe im Waldboden, wie die Autoren weiter herausfanden. Zwar fanden sich die höchsten Gehalte von Mikroplastik in den oberen, nur leicht zersetzten Laubschichten, jedoch werden große Mengen der Plastikteilchen in den tieferen Bodenschichten gespeichert. Dies lässt sich auf Laubzersetzung selbst, aber auch auf andere Transportprozesse wie beispielsweise an der Zersetzung beteiligte Organismen zurückführen.
Für die Erhebung entnahm das Forschungsteam vom Fachgebiet Bodenmineralogie und Bodenchemie Proben an vier Waldstandorten östlich von Darmstadt. Mit einer neu entwickelten und angepassten analytischen Methode konnten die Wissenschaftler die Mikroplastikgehalte sowohl in Bodenproben, in herabgefallenem Laub als auch in der sogenannten atmosphärischen Deposition (des Transports von Stoffen aus der Erdatmosphäre auf die Erdoberfläche) messen und chemisch mittels spektroskopischer Methoden bestimmen. Zudem erstellten sie eine modellhafte Schätzung der atmosphärischen Einträge seit den 1950er-Jahren, um deren Beitrag zur Gesamtspeicherung in Waldböden zu ermitteln.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Mikroplastik in Waldböden in erster Linie aus atmosphärischen Ablagerungen und von zu Boden fallenden Laub, so genanntem Streufall, stammt. Andere Quellen haben dagegen nur einen geringen Einfluss“, erklärt Weber. „Wir kommen zu dem Schluss, dass Wälder gute Indikatoren für die atmosphärische Mikroplastikverschmutzung sind und dass eine hohe Konzentration von Mikroplastik in Waldböden auf einen hohen diffusen Eintrag – also im Gegensatz zur direkten Zufuhr wie etwa durch Düngemittel in der Landwirtschaft – der Partikel aus der Luft in diese Ökosysteme hindeutet.“
Die Studie belegt erstmals die Verschmutzung von Wäldern mit Mikroplastik und den direkten Zusammenhang zwischen atmosphärischen Einträgen und der Speicherung von Mikroplastik im Waldboden, nachdem diese Fragen zuvor noch nicht wissenschaftlich untersucht worden sind. Die Ergebnisse bilden eine wichtige Grundlage für die Bewertung von Umweltrisiken durch Mikroplastik in der Luft und im Boden. „Wälder sind bereits durch den Klimawandel gefährdet, und unsere Ergebnisse legen nahe, dass nun auch Mikroplastik eine zusätzliche Gefährdung für Waldökosysteme darstellen könnte“, sagt Weber. Auch mit Blick auf die Einschätzung von Gesundheitsrisiken können die Erkenntnisse relevant sein, da sie den weltweiten Transport von Mikroplastik in der Luft und somit auch der Atemluft unterstreichen. mih