Maschinelles Lernen beschleunigt Simulationen für die Energiewende
Dr.-Ing. Arne Scholtissek erhält ERC Starting Grant für sein Projekt „ProtoMan“
04.09.2025
Das Forschungsprojekt „Protocol for data-driven Manifold generation, validation, and utilization in high-fidelity combustion simulations (ProtoMan)“ an der TU Darmstadt ist vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Starting Grant ausgezeichnet worden. Dr.-Ing. Arne Scholtissek, Akademischer Oberrat am Fachbereich Maschinenbau, erhält über fünf Jahre hinweg rund 1,5 Millionen Euro an Fördermitteln. Er forscht an fortschrittlichen Simulationsmodellen, die dazu beitragen sollen, fossile Energieträger durch CO2-neutrale Brennstoffe zu ersetzen.

Für eine Zukunft mit sauberer Energie sind tiefgreifende Innovationen im Bereich der Verbrennungstechnologien erforderlich. Denn diese sind nach wie vor unverzichtbar für die Bereitstellung von Wärme in der Industrie, den Antrieb in der Luft- und Seeschifffahrt, den Einsatz in Anwendungen mit hohen Leistungsanforderungen und die langfristige Energiespeicherung. Um den Übergang dieser Sektoren zu CO2-neutralen oder CO2-freien Brennstoffen – wie Wasserstoff und Ammoniak – zu unterstützen und zu beschleunigen, spielen fortschrittliche numerische Simulationen von reaktiven Strömungen eine wichtige Rolle. Diese Simulationen liefern einzigartige Einblicke in die Dynamik turbulenter Flammen und könnten beispielsweise dabei helfen, Triebwerke für Flugzeuge effizienter zu entwickeln oder Industrieöfen für den Betrieb mit grünem Wasserstoff zu optimieren.
Komplexe Verbrennungsvorgänge simulieren
Allerdings erfordern hochauflösende Simulationen turbulenter reaktiver Strömungen umfangreiche Rechenressourcen, spezielle Software und Expertenwissen. Aufgrund der Komplexität von Verbrennungsvorgängen müssen selbst große Forschungseinrichtungen, welche über hohe Rechenleistungen verfügen, Kompromisse zwischen starken Vereinfachungen und langen Simulationslaufzeiten eingehen, was die Anwendbarkeit ihrer Simulationen für Entwicklungsprozesse einschränkt.
„Manifold-basierte Modelle bieten eine vielversprechende Lösung, um die Rechenkosten zu senken, ohne die Modellgenauigkeit zu beeinträchtigen“, so , stellvertretender Leiter des Scholtissek am Fachbereich Maschinenbau. In der numerischen Strömungssimulation – speziell bei der Modellierung von Verbrennungsprozessen – dient ein Manifold dazu, komplexe chemische Reaktionsmechanismen mathematisch optimiert und physikalisch konsistent abzubilden. Vereinfacht gesagt funktioniert ein Manifold wie eine intelligente Abkürzung: Statt jeden Verbrennungsvorgang komplett neu zu berechnen, nutzt das Modell die Selbstähnlichkeit reaktiver Strömungen aus und führt so zu einer erheblichen Beschleunigung der Simulationen um den Faktor 10 bis 1.000. Fachgebiets Simulation reaktiver Thermo-Fluid Systeme
Trotz dieses außergewöhnlichen Potenzials gibt es keinen einfachen Ansatz zur Konstruktion von Manifolds für allgemeine Bedingungen – oft benötigt die Modellentwicklung Expertenwissen und (zu) lange Entwicklungszeiten. Das nun mit einem ERC Starting Grant geförderte Projekt „ProtoMan“ möchte das Potenzial manifoldbasierter Modelle erschließen, indem es die Synergie zwischen den jüngsten Fortschritten in der Verbrennungsforschung und Techniken des Maschinellen Lernens nutzt.
„Mit ProtoMan möchte ich Manifold-Modelle für Wissenschaftler und Entwicklungsingenieure zugänglicher und einfacher nutzbar machen„, erklärt Scholtissek. „Das könnte die Entwicklung klimaneutraler Technologien in den Bereichen Energiesysteme, Umweltschutz, Brandschutz und moderne industrielle Prozesse erheblich beschleunigen.“
Zur Person
Arne Scholtissek kam 2017 als Doktorand ans Fachgebiet „Simulation reaktiver Thermo-Fluid Systeme“ der TU Darmstadt. Nach seiner Promotion war er dort Forschungsgruppenleiter und ist seit 2019 Akademischer Oberrat und stellvertretender Leiter des Fachgebiets. Scholtissek ist Principal Investigator in zahlreichen Forschungsprojekten, darunter dem Sonderforschungsbereich/TRR 150 „Turbulente chemisch reagierende Mehrphasenströmungen in Wandnähe“, gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. 2021 wurde er zum ernannt, einem Programm der TU, das die wissenschaftliche Selbständigkeit von Forschenden in früher Karrierephase fördert und den Ausgezeichneten erlaubt, selbst Doktorandinnen und Doktoranden zu betreuen. Scholtisseks Hauptforschungsinteressen sind Modellierung und Simulation von chemisch-reaktiven Strömungen, Zündungsphänomenen und der thermochemischen Konversion von metallischen Energieträgern sowie effiziente numerische Methoden für die Simulation reaktiver Strömungen. Athene Young Investigator
ERC Starting Grant
werden vom „ERC Starting Grants“ an Wissenschaftler:innen aus allen Disziplinen bis zu sieben Jahre nach der Promotion vergeben. Mit der Auszeichnung will die Europäische Union herausragende Forschung und Early-Career-Wissenschaftler:innen fördern. Der „Starting Grant“ richtet sich an Forschende am Beginn ihrer Karriere, die schon exzellente Arbeiten vorweisen können und eine eigenständige Forschung oder eine eigene Arbeitsgruppe aufbauen möchten. Europäischen Forschungsrat (ERC)
bjb