Abhörsicher durch Quanten

TU Darmstadt zeigt mit DaQLAN ein Quantennetzwerk für die Praxis

12.09.2025

Wie schützt man Daten, wenn Quantencomputer die heutige Verschlüsselung knacken könnten? Forschende der TU Darmstadt haben ein Netzwerk entwickelt und in Kooperation mit der Deutschen Telekom Technik GmbH außerhalb des Labors installiert, das Quantenphysik für abhörsichere Kommunikation nutzbar macht. Das „Darmstadt Quantum Local Area Network“ (DaQLAN) wird seit über einem Jahr felderprobt. Am 12. September 2025 ist es erstmals öffentlich vorgestellt worden.

Quantencomputer gelten als Schlüsseltechnologie der Zukunft, doch sie bedrohen gleichzeitig die Grundlagen heutiger Cybersicherheit. Gängige Verschlüsselungsverfahren könnten durch die enorme Rechenleistung von Quantencomputern angreifbar werden, mit Folgen für Online-Banking und andere vertrauliche Kommunikation. Eine mögliche Antwort darauf kommt aus der Physik: die Quantenschlüsselverteilung (Quantum Key Distribution, QKD). Sie nutzt die Gesetze der Quantenmechanik, um geheime Schlüssel sicher auszutauschen. Jeder Abhörversuch verändert das Verhalten der Quantenteilchen und wird dadurch sofort erkennbar.

Sternstruktur für skalierbare Netze

Mit DaQLAN („Darmstadt Quantum Local Area Network“) haben Forschende um den TU-Physiker Professor Thomas Walther ein stabiles Quantennetzwerk außerhalb des Labors aufgebaut. Es besitzt eine sternförmige Struktur und kommt als eines der ersten weltweit ohne vertrauenswürdige Knotenpunkte („Trusted Nodes“) aus: Eine zentrale Quelle verschränkter Lichtteilchen (Photonen) versorgt mehrere Teilnehmende gleichzeitig über Glasfasern. Das Netzwerk ist zudem praxistauglich und skalierbar. Bis zu 120 Teilnehmende können eingebunden werden, Distanzen von bis zu 150 Kilometern sind möglich. Damit erreicht DaQLAN Dimensionen, die für den realen Einsatz in Kommunikationsnetzen entscheidend sind.

Die Robustheit des Netzwerks war ein weiterer Knackpunkt. Durch die Codierung in Phase und Ankunftszeit der Photonen bleibt das System auch bei Temperaturschwankungen oder Vibrationen der Glasfasern stabil. „DaQLAN zeigt, dass Quantenkommunikation nicht nur in der Theorie funktioniert, sondern auch in der Praxis zuverlässig läuft“, sagt Projektleiter Professor Walther und weiter „Das war nur möglich durch die enge Zusammenarbeit von Physik und Informatik sowie durch die Partnerschaft mit der Deutschen Telekom, die den Transfer in reale Netze beschleunigt hat.“

Forschung trifft Praxis

Entwickelt wurde DaQLAN in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom Technik GmbH. Neue Technologien müssen den Sprung aus dem Labor in übliche Infrastruktur schaffen. Genau diesen Beweis liefert DaQLAN“, sagt Lukas von Kohout von der Telekom. Für das Unternehmen bietet das Projekt gleich doppelte Vorteile: den schnellen Zugriff auf neueste Forschungsergebnisse und die Möglichkeit, hervorragend ausgebildete Fachkräfte früh einzubinden. Mögliche Anwendungen für Quantennetzwerke gibt es viele, von der Absicherung kritischer Infrastrukturen wie Energie- oder Gesundheitsversorgung über vertrauliche Kommunikation staatlicher Stellen bis hin zu sensiblen Unternehmensverbindungen am Finanzplatz Frankfurt am Main.

Präsentation am neuen „Quantenort“ TU Darmstadt

Am 12. September 2025 wurde das Darmstadt Quantum Local Area Network öffentlich vorgestellt. Die Quantentechnologie ist integraler Bestandteil der „Hightech Agenda“ der Bundesrepublik und hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Die UNESCO hat 2025 als Internationales Jahr der Quantenwissenschaften und -technologien ausgerufen. In diesem Rahmen wird das Institut für Angewandte Physik an der TU Darmstadt seit September 2025 durch die Deutsche Physikalische Gesellschaft als offizieller „Quantenort“ gewürdigt.

Grundlagenforschung für die Post-Quanten-Ära

Das Projekt DaQLAN wird durch den Sonderforschungsbereich CROSSING an der TU Darmstadt gefördert. In CROSSING arbeiten Forschende aus Kryptografie, Quantenphysik, Systemsicherheit und Softwaretechnik zusammen, um Sicherheitslösungen zu entwickeln, die Quantencomputern standhalten. Um der Gefahr zu begegnen, die von Quantencomputern ausgehen, verfolgen Forschende zwei Ansätze. Einerseits entwickeln Informatiker:innen durch neue mathematische Verfahren sogenannte quantenresistente Algorithmen. Andererseits wird mit der Quantenschlüsselverteilung ein völlig anderer Weg beschritten, bei dem die Gesetze der Quantenmechanik dafür sorgen, dass Abhörversuche sofort sichtbar würden. CROSSING verbindet beide Perspektiven und wird seit 2014 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Daniela Fleckenstein/mho