Im Zeichen der praktischen Umsetzung
TURN Conference 2025 zu Gast an der TU Darmstadt
08.10.2025 von Martina Schüttler-Hansper
Am 29. und 30. September 2025 fand unter dem Motto „TURN to Action“ die vierte TURN Conference statt. Die Konferenz ist eine von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre (StIL) initiierte jährliche Tagungsreihe zum Lehren und Lernen an Hochschulen. Gastgeberin war die TU Darmstadt in enger Zusammenarbeit mit der TU9-Allianz. Besonders wichtig war es dem Darmstädter TURN-Team, die Verbindung zwischen Idee und praktischer Umsetzung konsequent in den Mittelpunkt der Konferenz zu stellen.
Bereits im Vorfeld stieß die TURN25 auf großes Interesse. Die rund 300 Plätze im Darmstadtium, inmitten des Campus Stadtmitte und im Zentrum der Stadt, waren nach zwei Tagen ausgebucht. Auch gab es für die verschiedenen Community-Formate deutlich mehr Einreichungen, als das TU-Team im Programm unterbringen konnte. Am Ende boten sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den beiden Konferenztagen über 48 verschiedene Sessions an. Von klassischen Beitragsformaten wie Podiumsdiskussionen, Kurzvorträgen oder Postersessions bis zu besonderen Formaten wie Praxisdiskursen oder Kollegialen Fallberatungen.
In der Eröffnungssession begrüßte Professorin Tanja Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt, die Teilnehmenden. Sie betonte die besondere Aufgabe der Hochschulen, die Studierenden auf die komplexe Welt mit ihren großen gesellschaftlichen Herausforderungen vorzubereiten. Ihnen den Erwerb von Kompetenzen zu ermöglichen, um sich zu orientieren, um Lösungsansätze zu suchen und umzusetzen. „Lehr-Lern-Prozesse können nur im Miteinander von Lehrenden und Lernenden gelingen“, ist sie sich sicher.
Brühl beschrieb die Hochschullehre als eine gemeinsame Entdeckungsreise, die durch Offenheit, Neugierde und Wertschätzung geprägt sei. Sie wünschte sich, dass die TURN Conference 2025 beiträgt, „Good-Practice-Beispiele“ in die Breite zu tragen und an vielen Hochschulen umzusetzen. „Ich freue mich weiterhin sehr, dass wir eine ganz starke studentische Teilnahme an der diesjährigen TURN haben. Denn das macht ja das Lehr-Lernen aus, dass wir in der Interaktion sind“, ergänzte Brühl.
„Treiben wir oder lassen wir uns treiben?“
Die Keynote zu „Herausforderungen und Trends der Hochschulbildung“ trug Dr. Thomas Grünewald vor, Präsident der Hochschule Niederrhein. Er schlug einen Bogen von den Anfängen des Bologna-Prozesses über Modernisierung und Anpassung der deutschen Hochschulen bis zu den heutigen Herausforderungen und Trends, das Studium neu zu denken. Im Mittelpunkt der anschließenden Podiumsdiskussion stand die Frage, wie die praktische Umsetzung und die systematische Verbreitung von Innovationen in der Hochschulbildung gelingt. Präsidentin Brühl diskutierte mit Professor Peter Middendorf, Vorstand der TU9, Professor Roger Erb, Vorstand Wissenschaft StIL, Dr. Thomas Grünewald, Ayşe Asar, Sprecherin der Grünen für Forschung, Technologie und Raumfahrt im Deutschen Bundestag und hessische Bundestagsabgeordnete sowie Svenja Kernig, Studentin an der TU Darmstadt.
Gegliedert war das Programm der TURN25 mit dem Leitgedanken „TURN to Action“ in drei übergeordnete Themenfelder: Lehr-Lernkonzepte, Räume und Transfer. Die Beiträge des Feldes „Innovative Teaching and Learning Concepts” thematisierten die Umsetzung innovativer Lehr-Lernkonzepte vor dem Hintergrund neuer Rollenverständnisse sowie sich stetig verändernder Vorstellungen zum Wesen von Hochschulen. Die Sessions aus „Architectural Concepts” rückten die wechselseitige Wirkung von physischen und digitalen Architekturen, Lehre und Lernen sowie räumlicher Hochschulentwicklung in den Fokus. Die Formate des Themenfeldes „Transfer Concepts“ nahmen den wechselseitigen Austausch und die Zusammenarbeit mit Partnerinnen und Partnern aus Gesellschaft und Wirtschaft in den Blick. Unter anderem die Frage, wie gelingt die Verknüpfung von Lehre, Forschung und Transfer an Hochschulen.
Neben den Diskussionsformaten und Vorträgen gab es verschiedenste Programmpunkte, die die Lehrenden, Studierenden, Mitglieder aus Hochschuldidaktik, -management und -verwaltung, Hochschulleitungen und weitere, am Thema Interessierte, zum Mitmachen und Mitdenken aktivieren sollten. Zudem Sessions, die zum gemeinsamen Erarbeiten und Weiterdenken von Lösungen, die im eigenen Lehr-Lern-Alltag umgesetzt werden können, anregten. Workshops, etwa zum Thema „Wie lassen sich Lehr-Lern-Innovationen von Studierenden und Lehrenden gemeinsam entwickeln?“, in dem in Gruppen zu studentischer Partizipation in Lehrveranstaltungen gearbeitet wurde. Kollegiale Fallberatungen, um etwa Tipps für ein Forschungsprojekt zum Thema KI-Buddies, auch GPTs (Generative Pre-Trained Transformers) in der Lehramtsausbildung oder der Lern-App-Entwicklung zu bekommen. Praxisdiskurse, um den Teilnehmenden gelungene Fallbeispiele, wie beispielsweise „Lübeck lernt Zukunft“ vorzustellen und zu diskutieren.
In Exkursionen Lernorte der TU Darmstadt kennenlernen
In Vor-Ort-Begehungen konnten die Konferenzbesuchenden verschiedene Lehr- und Lernprojekte der TU Darmstadt kennenlernen. Am ersten Tag die Digital Design Unit im Fachbereich Architektur, die rekonstruiert, wie die Menschheit seit 4000 Jahren Architektur weiterentwickelt und die Studierenden einlädt, Visionen zu programmieren und mit Algorithmen Möglichkeitsräume zu erforschen. Am zweiten Tag die ETA-Fabrik. Eine Lernfabrik, die die ständig wechselnden Herausforderungen eines Industrieunternehmens zu den Themen nachhaltige Produktion und Energieeffizienz aufzeigt und Studierende für einen erfolgreichen Berufseinstieg qualifiziert. Sowie die ComputerStudienWerkstatt (DSW), einen zeitgemäßen Erfahrungsraum für digital gestütztes Hochschullernen.
Zum Ausklang des ersten Abends gab es als besonderes Highlight einen Science Slam. Das Ziel, wissenschaftliche Themen verständlich und lebendig zu vermitteln. Unterhaltsam nahmen zwei Teams die Zuhörerschaft mit auf eine Reise durch Lehre und Praxis. Von Claudia Simon und Luca Reinold von der Technischen Hochschule Nürnberg gab es einen Reality-Check zu digitalen Lernsystemen, insbesondere zur KI-gestützte Lehr-/ Lernumgebung HAnS. Dr. Martin Gerner von der TU Dresden begab sich mit seinem Beitrag „nachhaltig ins Tun kommen!“ mit den Zuhörerinnen und Zuhörern auf eine Nachhaltigkeitsreise. Am Ende gab es für die tollen Beiträge viel Applaus. Professor Heribert Warzecha, Vizepräsident für Studium und Lehre sowie Diversität der TU Darmstadt, gratulierte den Vortragenden und regte an, den Preis zwischen Dresden und Nürnberg – ganz nachhaltig – wandern zu lassen.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Vizepräsident Warzecha stand auch der zweite Tag der TURN25 ganz im Zeichen von „TURN to Action“. Praxisnahe Formate, konkrete Umsetzung und das gemeinsame Entwickeln tragfähiger Lösungen zogen sich als roter Faden durch die verschiedenen Sessions. Genau wie an Tag eins konnte Interessierte in einem World Café an Thementischen zum Lernen und Lehren an Hochschulen diskutieren. In der Panel-Diskussion zum Thema „Physische und digitale Campusplanung“ ging es um die Gestaltung von Lehr-Lern-Räumen als zentralen Faktor für die erfolgreiche Umsetzung von Lehrinnovationen. „Rollen im Wandel – Wie Lehre und Lernen sich neu erfinden“ war ein weiteres Diskussionsthema. Ein wichtiger Aspekt des Gesprächs: Gremienarbeit darf kein Privileg sein.
Miteinander mehr über Lehre kommunizieren
Die letzte Veranstaltung der TURN25 richtete den Blick zurück – und zugleich nach vorn. Nach einem kurzen Stimmungsbild zu den wichtigsten Impulsen, die die Teilnehmenden mit in ihre Praxis nehmen, fasste Graphic Recorderin Ka Schmitz im Gespräch mit Moderatorin Dr. Florence Randrianarisoa die beiden Tage anhand ihrer live gezeichneten Protokolle zusammen. Zur abschließenden Frage „Was sind die wichtigsten Erkenntnisse der zwei Tage und wie lassen sie sich in die Praxis übertragen?“ kamen Svenja Kernig und Professor Warzecha noch einmal zu Wort. Kernig betonte: „Es gibt viele gute Ideen zum Lernen und Lehrern an Hochschulen. Es reicht aber nicht, dass die am Thema Interessierten miteinander sprechen, es muss auch umgesetzt werden. Wir brauchen eine Hochschulkultur, die das lebt und fördert, sowie Einbindung von allen Seiten.“
Für Warzecha waren die beiden Tage sehr inputreich. „Das Motto „‚TURN to Action‘ haben wir ja gewählt, weil wir innovative Konzepte in der Verbündetenschaft entwickeln möchten. Aber das ist ja nur die halbe Miete. Das in die Breite tragen, ins Tun kommen ist wichtig. Es müssen noch viel mehr Menschen als die Teilnehmer an einer solchen Konferenz erreicht werden. Wie können wir die Interessierten, die die wollen, mitnehmen?“ StIL-Vorstand Erb resümierte: „Ich hatte den Eindruck, dass das Thema sehr gut gewählt war. Es gab nicht nur gute Inputs und Veranstaltungen, auch in den Kaffeepausen gingen die Gespräche weiter. Und das ist eigentlich das beste Zeichen. Es ist wichtig, dass wir miteinander mehr über Lehre kommunizieren.“ Die Hausaufgabe sei nun, die Impulse der Veranstaltung nachhaltig werden zu lassen.
An das TURN-Team der TU Darmstadt – Dr. Lydia Seibel, Teamleitung Drittmittelprojekte in Studium und Lehre und ihre Mitarbeiterinnen Katharina Hettenhausen und Nelli Busch; Philip Herr, Eventmarketing Science Communication Center und Dr. Melanie Hanel, Persönliche Referentin des Vizepräsidenten für Studium und Lehre sowie Diversität – ging ein großer Dank für eine gelungene Vorbereitung und Organisation.
Abschließend reichte Warzecha den Staffelstab an Professor Peter Benz und Anna-Lena Öhmann von der Bauhaus-Universität Weimar weiter. Unter dem Motto „Experiential TURN – Erfahrungsräume für zukünftige Lernräume“ wird im September 2026 dort die nächste TURN-Konferenz stattfinden.
TURN Conference
Die TURN Conference ist eine von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre (StIL) initiierte Tagungsreihe. Sie ist ein jährlicher Austauschort zum Lehren und Lernen an Hochschulen. TURN steht dabei für Perspektivwechsel, Mut zur Veränderung, Offenheit und Aufbruch.
Die erste TURN fand 2022 unter dem Motto „Wandel gestalten – Lehren und Lernen heute für die Herausforderungen von morgen“ in Kiel statt.
Die Leitgedanken der TURN Conference mit Leben und Themen zu füllen und ihr einen eigenen „turn“ zu geben, liegt in den Händen der veranstaltenden Hochschulen und Hochschul-Kooperationen.
Die TURN Conference richtet sich an Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, Lehrende, Hochschulleitungen und Studierende, an Hochschuldidaktik, -management und -verwaltung.
Jedes Jahr richtet eine andere Hochschule oder Hochschulkooperation die Tagung aus. Die Stiftung übernimmt die finanzielle Förderung und den langfristigen Tagungsrahmen.
der TURN-Conference an der TU Darmstadt Programm
Die Stiftung Innovation in der Hochschullehre (StIL) fördert Projekte und Lehrende, die neue Wege für die Lehre aufzeigen. Sie befindet sich in Trägerschaft der gemeinnützigen Toepfer Stiftung gGmbH. Sämtliche Mittel für Förderung, Programm, Organisation und Verwaltung stellen Bund und Länder zur Verfügung.
„TU9 – German Universities of Technology e. V.“ – die RWTH Aachen, Technische Universität Berlin, Technische Universität Braunschweig, Technische Universität Darmstadt, Technische Universität Dresden, Leibniz Universität Hannover, Karlsruher Institut für Technologie, Technische Universität München und die Universität Stuttgart bilden bis die TU9-Allianz.
TU9-Universitäten sind ein wesentliches Element des Wissenschafts¬- und Innovationsstandorts Deutschland. Zudem engagieren sie sich im hochschulpolitischen Diskurs. Seit 2006 spricht die TU9-Allianz für die Ingenieurwissenschaften und agiert als Interessenvertretung bei Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Europäisch und weltweit ist TU9 mit anderen Verbünden Technischer Universitäten vernetzt und tauscht sich zu internationaler Hochschulpolitik aus.
TURN26 am 24. und 25. September 2026
Die fünfte TURN Conference findet am 24. und 25. September 2026 an der Bauhaus-Universität Weimar statt.