Gasturbinen der nächsten Generation

ERC Synergy Grant 2023 für HYROPE – Hydrogen under pressure

26.10.2023

Das Projekt HYROPE – Hydrogen under pressure, an dem Professor Andreas Dreizler vom Fachgebiet Reaktive Strömungen und Messtechnik am Fachbereich Maschinenbau beteiligt ist, wird im Rahmen des ERC Synergy Grants mit über zwölf Millionen Euro gefördert. Ziel des Projekts ist die Entwicklung von Gasturbinen, die ohne die Emission von treibhausförderndem CO2 auskommen.

Gasturbinen werden vor allem in der Luftfahrt und bei der Stromerzeugung genutzt. Sie zeichnen sich durch hohe Leistungsdichten und hohe Lastflexibilität aus. Damit können sie nicht nur als Grundlastkraftwerke verwendet werden, sondern eignen sich in besonderer Weise zur Kompensation von unvermeidlichen Fluktuationen der Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie.

Projekt HYROPE – Hydrogen under pressure

Beteiligte Wissenschaftler:innen: Andreas Dreizler (TUDa), James R. Dawson (Technisch-Naturwissenschaftliche Universität Norwegens (NTNU, Lead), Nicolas Noiray (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, ETHZ) und Laurent Sell (Centre National de la Recherche Scientifique, CNRS)

Förderung: insgesamt 12,7 Mio. Euro, davon TU Darmstadt 2,5 Mio. Euro

Projektlaufzeit: 6 Jahre

Die Forschenden im Projekt HYROPE beschäftigen sich mit den wissenschaftlichen Grundlagen für die Entwicklung von Gasturbinen der nächsten Generation. Wesentliches Merkmal dieser neuen Gasturbinentechnologie ist, dass sie nicht mit Erdgas, sondern mit Wasserstoff oder Ammoniak aus erneuerbaren Quellen betrieben werden.

Bei ihrer energetischen Nutzung wird kein CO2 emittiert, das bekanntlich stark zur Erderwärmung beiträgt. Um dieses neue Konzept zu realisieren, fehlt jedoch das Verständnis der Verbrennungsphysik dieser Brennstoffe, insbesondere bei den hohen Drücken, die in Gasturbinenbrennkammern herrschen. Die an HYROPE beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen die wichtigsten physikalisch-chemischen Mechanismen, die für eine stabile und emissionsarme Verbrennung von Wasserstoff und Ammoniak in Gasturbinenbrennkammern der neuen Generation verstanden sein müssen.

Projektpartner sind die Technisch-Naturwissenschaftliche Universität Norwegens in Trondheim, ETH Zürich, Centre National de la Recherche Scientifique in Toulouse und die TU Darmstadt. An der TU Darmstadt erforschen Professor Dreizler und sein Team zum einen, wie sich Diffusions- und Reaktionseigenschaften von Wasserstoff bzw. Wasserstoff-Ammoniak-Mischungen auf die innere Struktur der Reaktionszone von Verbrennungsprozessen unter turbulenten Strömungsbedingungen auswirken.

Damit klären sie, wie die Turbulenz und die Mischung der Gasströmung die sogenannte Flammenpropagationsgeschwindigkeiten sowie die Entstehung möglicher Schadstoffe beeinflussen. In diese Untersuchungen werden auch Einflüsse von (unvermeidlichen) Wandwärmeverlusten mit einbezogen. Zum anderen werden die Selbstzündungsmechanismen unter turbulenten Strömungsbedingungen untersucht. Flammenpropagation und Selbstzündung sind Phänomene, die beide in dem innovativen Konzept von HYROPE für zukünftige Gasturbinenbrennkammern eine tragende Rolle spielen.

Neben HYROPE wurde auch das TU-Projekt CultCryo – The Cultures of the Cryosphere. Infrastructures, Politics and Futures of Artificial Cooling in die Förderung der Synergy Grants aufgenommen. Damit war die TU erstmals in dieser Förderlinie des ERC erfolgreich.

Ich gratuliere den Kollegen Andreas Dreizler und Alexander Friedrich sehr herzlich zur Auszeichnung mit zwei ERC Synergy Grants! Die beiden Projekte stehen beispielhaft für wesentliche Charakteristiken und Stärken der Forschung an unserer Universität: Wissenschaftler:innen nehmen drängende Herausforderungen in den Blick und arbeiten interdisziplinär und vernetzt mit Kolleg:innen weltweit an innovativen Lösungen. HYROPE und CultCryo illustrieren auch die fruchtbare Perspektivvielfalt an der TUDa. Ob durch die Entwicklung von CO2-freien Gasturbinen oder der Analyse des weltweiten Systems künstlicher Kühlung, im Fokus stehen kreative Beiträge für eine nachhaltigere Zukunft.

Tanja Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt

Vorwiegend experimenteller Natur

Die Untersuchungen in Darmstadt sind vorwiegend experimenteller Natur. Professor Dreizler und sein Team nutzen ihre Kompetenz, mit Laserlicht berührungsfrei – und damit ohne den Prozess zu stören – und mit sehr hoher Auflösung Strömungseigenschaften, Topologien von Reaktionszonen sowie thermochemische Zustände in situ – also direkt im Prozess – zu messen. Diese Messungen werden an selbst entwickelten Versuchsständen durchgeführt, die wichtige Eigenschaften der Gasturbinenverbrennung im Labor nachstellen.

Diese so gewonnenen einzigartigen experimentellen Daten werden verwendet, um die zugrunde liegenden Mechanismen zur Flammenstabilisierung und Schadstoffvermeidung zu verstehen. Dreizler und seine Projektpartner leiten aus diesem Verständnis mathematische Modelle ab, die zur numerischen Simulation der Gasturbinenverbrennung erforderlich sind. Die Daten werden zusätzlich genutzt, um die Vorhersagen der numerischen Simulationen zu überprüfen. Ein besonderer Schwerpunkt von dem Projekt HYROPE liegt auf hohen Verbrennungsdrücken, die nur in wenigen Labors betrachtet werden.

Zur Person

Professor Dr. habil. Andreas Dreizler ist seit 2008 Leiter des Fachgebiets Reaktive Strömungen und Messtechnik am Fachbereich Maschinenbau der TU Darmstadt. Er wurde im Jahr 2014 mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ausgezeichnet. Er ist Sprecher des von der DFG geförderten SFB/Transregio 150 und Kosprecher des vom Land Hessen geförderten Clusterprojekts Clean Circles. Weiterhin ist er ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz sowie der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech und Fellow des International Combustion Institute.

Mit ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit tragen Dreizler und sein Team zu einem besseren Verständnis turbulenter CO2-freier Verbrennungsprozesse bei. Mit ihren hohen Leistungsdichten werden nachhaltige Verbrennungstechnologien für eine effiziente, emissionsarme und zuverlässige Nutzung von chemischen Energieträgern, die aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden, eine wichtige Rolle spielen. Die internationale Reputation des Fachgebiets beruht auf der Entwicklung und Nutzung fortschrittlicher Lasermessmethoden zur Untersuchung grundlegender Verbrennungsphänomene. Für diese Arbeiten entwickelt Dreizlers Team Versuchsstände, die als Benchmarks zur Validierung mathematischer Modelle in numerischen Simulationswerkzeugen von Forschenden und Unternehmen weltweit genutzt werden.

ERC Synergy Grants

Die Synergy Grants des European Research Councils (ERC) gehen an Teams von zwei bis vier international renommierten Forschenden. Die mit den Grants geförderten Projekte sollen zu Entdeckungen an den Schnittstellen zwischen etablierten Disziplinen und zu substantiellen Fortschritten an den Grenzen des Wissens führen. Denkbar sind die Entwicklung neuer Methoden und Techniken, sowie ungewöhnliche Herangehensweisen. Entscheidend für die Förderung ist, dass die Projekte nur durch die Zusammenarbeit der benannten Forscherinnen und Forscher möglich werden.

Die Förderung kann für bis zu sechs Jahre beantragt werden mit einem maximalen Budget von zehn Millionen Euro. Es ist möglich, zusätzlich Fördergelder in Höhe von vier Millionen Euro zu erhalten.

Dreizler/bjb