Klaus Roppert hat an der TU Wien studiert und promoviert. Er ist Postdoc an der Technischen Universität Graz und leitet seit 2020 die Gruppe „Multiphysical Modelling and Simulation“ am Institut für Grundlagen und Theorie der Elektrotechnik. Der 33-Jährige forscht auf dem Gebiet der rechnergestützten Elektromagnetik mit Schwerpunkt auf der Modellierung magnetischer Materialien. Derzeit forscht und lehrt er als Gastprofessor an der TU Darmstadt.
Warum sollten sich Studierende für Ihr wissenschaftliches Fachgebiet interessieren? Was macht es spannend?
Bei der rechnergestützten Elektromagnetik (Computational Electromagnetics, CEM) geht es nicht nur um die Simulation elektromagnetischer Felder; sie verbindet Materialwissenschaften, numerische Methoden und Physik, um reale Probleme zu lösen. So spielt beispielsweise die Untersuchung von Materialien – wie das faszinierende Phänomen der Hysterese, bei dem sich Materialien „merken“, was sie durchgemacht haben – eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung des elektromagnetischen Verhaltens. Dies macht die CEM für die Weiterentwicklung von Technologien wie Elektrofahrzeugen, erneuerbaren Energiesystemen, medizinischer Bildgebung und 5G-Kommunikationsnetzen unerlässlich.
Was die CEM besonders spannend macht, und die Nische, auf die ich mich spezialisiert habe, ist die Modellierung magnetischer Materialien und deren Einbindung in Simulationen realer Anwendungen. Mein Ansatz beginnt auf einer grundlegenden Ebene: Ich verstehe die Effekte, die in magnetischen Materialien auftreten, identifiziere die relevantesten und entwickle schnelle, praktische Modelle, die Anwendungsingenieure tatsächlich nutzen können. Diese Balance zwischen Grundlagenforschung und praktischer Anwendbarkeit macht mir am meisten Spaß. Ich verliere mich nie in den komplizierten Details, weil ich immer den/die Endnutzer/in – den/die Anwendungsingenieur/in – im Auge behalte.
An der TU Darmstadt wird die Notwendigkeit der Interdisziplinarität betont. Welche Schnittstellen zu anderen Fachbereichen gibt es in Ihrem Forschungsbereich?
Interdisziplinarität ist das Herzstück meiner Forschung, und die Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen ist von entscheidender Bedeutung. Mathematiker spielen beispielsweise eine wesentliche Rolle bei der Ergänzung der Arbeit von Ingenieur:innen wie mir. Während wir oft Methoden entwickeln, die auf Intuition oder praktischer Erfahrung basieren – was ich als „Bauchgefühl“ bezeichnen würde –, liefern Mathematiker:innen die strengen Beweise, die diese Methoden validieren und ihre Zuverlässigkeit und Korrektheit sicherstellen. Ebenso sind Materialwissenschaftler:innen bei der Untersuchung von (ferro-)magnetischen Materialien, wie z. B. den in Leistungstransformatoren oder elektrischen Maschinen verwendeten Stahlblechen, unverzichtbar. Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, wie sich die Ausrichtung von Körnern und Kristallen sowie Prozesse wie Wärmebehandlung und Walzen auf die Materialparameter auswirken. Ihr Fachwissen ermöglicht es uns, diese Zusammenhänge aufzudecken und gemeinsam an der Optimierung von Produktionstechniken zu arbeiten, um die Effizienz zu verbessern.
Die Elektrotechnik, meine „Heimatfakultät“, bringt all diese Entwicklungen zusammen und wendet mathematische, physikalische und materielle Erkenntnisse auf praktische Simulationen von elektrischen Maschinen und Leistungstransformatoren an.
Wenn ich heute Student wäre, würde ich …
…einen breiteren und explorativeren Lernansatz wählen, anstatt den Lehrplan nur zu durchlaufen, um Fristen einzuhalten oder Prüfungen zu bestehen. Ich würde mich darauf konzentrieren, die grundlegenden Konzepte wirklich zu verstehen, da man später in seiner Karriere auf unerwartete Weise darauf zurückgreifen wird. Darüber hinaus würde ich aktiv nach Möglichkeiten suchen, Themen außerhalb meines unmittelbaren Fachgebiets (in meinem Fall war es Maschinenbau) zu studieren. Während meiner Promotion wurde mir beispielsweise klar, wie sehr mir der Besuch von Vorlesungen in Physik und Mathematik zugutekam. Diese Disziplinen boten unschätzbare Einblicke in Themen wie Materialverhalten und numerische Methoden, die für die Lösung komplexer interdisziplinärer multiphysikalischer Probleme während meiner Promotion unerlässlich wurden. In diesen jüngeren Jahren geht es darum, Grenzen zu überschreiten, die Komfortzone zu verlassen und die Freiheit zu nutzen, Fehler zu machen, aus ihnen zu lernen und zu wachsen. Es ist der perfekte Zeitpunkt, um eine lebenslange Leidenschaft für das Lernen neuer Dinge zu entwickeln und beweglich zu bleiben.