Intensiver Austausch auf Augenhöhe

Abschied vom eindimensionalen Transfer-Begriff / Science Communication Centre startet

06.07.2022

Mit einer xchange-Strategie und einer Fokussierung der Wissenschaftskommunikation setzt die TU Darmstadt neue Akzente. Vizepräsident Jens Schneider und Chief Communication Officer Patrick Honecker erläutern Inhalte und Hintergründe.

Professor Dr. Jens Schneider, Vizepräsident für Transfer und Internationalisierung
Professor Dr. Jens Schneider, Vizepräsident für Transfer und Internationalisierung

Herr Professor Schneider, Sie haben in einem partizipativen Prozess die neue Transferstrategie der Universität mit dem prägnanten Titel „xchange“ erarbeitet. Sie ist nun in Kraft. Was steckt hinter dem Schlüsselwort?

Die Strategie verfolgt einen neuen Ansatz im Bereich Transfer. Das, was an den Universitäten klassisch als Third Mission oder Transfer bezeichnet wird, möchten wir ablösen durch den programmatischen Begriff xchange. Wir sind der Überzeugung, dass ein Austausch nur in eine Richtung, also im Sinne eines Transfers aus der Universität in die Gesellschaft, nicht die angemessene Antwort auf die Herausforderungen der heutigen Zeit ist. Wir sehen den Austauschprozess ganzheitlich und schließen neben der Wissenschaft und Wirtschaft auch die Zivilgesellschaft, die Politik und die Kultur mit ein. Daraus ergibt sich ein multidimensionaler Regelkreis: Wir geben etwas weiter, aber wir lernen auch von unseren Partnern, und die lernen wieder von uns. Das ist lebhafter xchange.

Was sind die Kerninhalte der Strategie?

Die sind enorm vielschichtig, weil die Universität als Ganzes diesen Austausch bereits auf sehr, sehr vielen Ebenen praktiziert. Nur ein paar Beispiele: Wir haben unser Innovations- und Gründungszentrum HIGHEST stark akzentuiert, weil es sich für den Transfer von Wissen und Technologie aus der Universität als eines der besten Instrumente bewährt hat, um positiv in die Gesellschaft zu wirken. Start-ups sind schnell, die dort begleiteten jungen Leute haben tolle Ideen, das alles passt sehr gut zu unserem hervorragenden Tech- und Deeptech-Standort. Ein weiteres Element ist das zu intensivierende Partner-Management. Es versteht sich als Bindeglied zwischen den Wissenschaftler:innen in unseren Forschungsfeldern und Fachbereichen und unseren Partnern in der Wirtschaft, etwa unseren strategischen Partnern wie zum Beispiel den Unternehmen Merck, Bosch oder Deutsche Bahn, aber auch zu Partnern wie der Schader-Stiftung oder Museen, mit denen wir kooperieren. Und schließlich stecken in der Strategie auch viele Themen, die man nicht unmittelbar mit dem Begriff Transfer verbindet. Zum Beispiel unser Alumni-Management, der Austausch mit den Schulen oder die Weiterbildungsaktivitäten – in ihnen stecken bei näherem Hinsehen intensive Austauschprozesse.

Hebt sich die TU mit dieser Strategie im bundesweiten Vergleich der Universitäten ab? Setzt sie neue Maßstäbe?

Ich denke schon, dass wir mit xchange als Technische Universität Darmstadt neue Maßstäbe setzen können. Und dabei kommt uns unser Alleinstellungsmerkmal zugute, dass wir nicht nur die Ingenieurwissenschaften und die Naturwissenschaften, sondern auch die Geistes- und Sozialwissenschaften als integrale Bestandteile unserer Universität verankert haben. Dieser Dreiklang hilft uns, den breiten Ansatz von xchange tatsächlich und intensiv zu leben. Intern machen wir das schon seit vielen Jahren durch unser sehr interdisziplinäres Zusammenarbeiten. xchange ist für uns keine hohle Phrase oder etwas, was wir erst erfinden müssten, wenn wir diese Zusammenarbeit nun noch stärken und um unsere Partner erweitern.

Was hat Sie während des Strategieprozesses überrascht, beeindruckt?

Sehr positiv überrascht hat mich die große Bereitschaft in allen Fachbereichen, den Dezernaten und zentralen Einrichtungen, in den Gremien und allen Statusgruppen, die xchange-Grundidee so schnell und begeistert zu übernehmen. Das Ganze hat sich nach kurzer Zeit verselbstständigt – wenn wir uns treffen, sprechen alle von xchange und nicht mehr von Transfer. Man weiß ja am Anfang nicht, ob man den passenden Begriff gewählt hat. Offenbar hat das Konzept überzeugt und einen Nerv getroffen.

Dr. Patrick Honecker, Chief Communication Officer der TU Darmstadt
Dr. Patrick Honecker, Chief Communication Officer der TU Darmstadt

Herr Dr. Honecker, zum 1. Juli hat die TU Darmstadt ein Science Communication Centre (SCC) unter Ihrer Leitung eingerichtet. Was war der Anlass und welche Services erfüllt die neue zentrale Einrichtung?

Hier würde ich gerne einen aktuellen Beschluss der Hochschulrektoren Konferenz (HRK) zitieren: „Die Kommunikationsstrategie ist ein zentraler Teil der Governance einer Hochschule. Rolle und Kompetenzen der zentralen Kommunikationseinheiten sollten geklärt und transparent sein.“ Die zentralen Kommunikationseinheiten waren bislang an der TU Darmstadt historisch bedingt sehr verstreut. Durch diese Fragmentierung und eine fehlende klare Strategie gab es Reibungsverluste. Mit der Verankerung des Themas in der Hochschulleitung werden wir jetzt klar Ziele und Prioritäten festlegen und damit verbunden die zentralen Services ausbauen.

Wie unterscheidet sich die TU mit ihrem Science Communication Centre von anderen Universitäten bezüglich der organisatorischen Verankerung von Wissenschaftskommunikation?

Das Science Communication Centre (SCC) ist keine Verwaltungseinheit, sondern berichtet direkt an mich als CCO und Teil des erweiterten Präsidiums. Es hat als zentrales Centre eine Bündelungsfunktion und ist ausschließlich für alle kommunikativen Teildisziplinen verantwortlich. Dazu gehören neben der Media-Arbeit das Konzipieren und Erstellen audiovisueller Kommunikationsprodukte, das Corporate Design, Marketing, Eventmarketing sowie Friend- und Fundraising. Das Centre wird in engem Austausch zu Fachbereichen und anderen forschungsbezogenen Einheiten stehen und belastbare Strukturen der Zusammenarbeit mit effektivem Prozess- und Projektmanagement etablieren.

Welche Berührungspunkte und Zusammenhänge bestehen zwischen der xchange-Strategie und der strategischen Wissenschaftskommunikation der TU?

Zwischen allen Teilstrategien der Universität und der Wissenschaftskommunikation gibt es starke Anknüpfungs- und Berührungspunkte. Bei xchange ist der multidirektionale Austausch quasi im strategischen Gencode verankert. Es liegt auf der Hand, dass dieser Austausch am besten gelingt, wenn er kommunikativ adäquat und professionell begleitet wird.

Interview: Jörg Feuck

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