„Be with it!“ möchte Schüler:innen für grüne Forschung begeistern

Ein Vormittag rund um Nachhaltigkeit

09.07.2024 von

Anfang Juli hat das Projekt „Be with it!“ um Chemiedidaktiker Professor Markus Prechtl zu einem Event-Tag auf den Campus Lichtwiese eingeladen. Rund 150 Schülerinnen und Schüler mehrerer Darmstädter Gymnasien nutzten das vielfältige Angebot aus Workshops und Sustainability-Talks zu den Themen Nachhaltigkeit und Förderung von Frauen in den Naturwissenschaften.

Bereits im Vorfeld meldeten sich die Jugendlichen zu verschiedenen Themenblöcken an. Am Event-Tag ging es dann um 8.40 Uhr an den Start. Aufgeteilt in sechs Gruppen von A bis F – die Fußball-EM 2024 ließ grüßen – konnten sich die jungen Erwachsenen in den vorwiegend praktischen Workshops mit den Fächern Physik, Chemie und Materialwissenschaften auseinandersetzten, zudem mit Interessenfelder wie Energiespeicherung, computerunterstütztem Modellieren, Systeme, Identität und Chancengleichheit. Am Treffpunkt vor dem Chemie-Fachbereichsgebäude begrüßten „Buddies“ der TU Darmstadt die Gruppen und begleiteten sie bei EM-typischem Regenwetter durch den ereignisreichen Tag.

Die Gruppen mit dem Schwerpunkt „Material Science & Computer“ besuchten unter anderem den Workshop „Quanten und Chemie – Reaktionen live zugucken“ von Professorin Vera Krewald und ihrem Team. Die Jugendlichen lernten Moleküle und ihre Reaktionen kennen, und zwar simuliert am Computer, quasi im Theorie-Labor. Dabei erfuhren sie, wie viel Kraft und Energie es kostet, ein Molekül zu verdrehen oder auseinanderzuziehen. Für die Oberstufenschülerinnen Klara, Milena und Neele etwas ganz Neues: „Aus der Schule kennen wir Quantenchemie nicht. Der Einstieg ins Thema war gut erklärt, und die anschaulichen Molekül-Modelle aus dem 3D-Drucker helfen, das Ganze zu verstehen.“ Die drei jungen Frauen waren begeistert vom Event-Tag. „Die Möglichkeit, mal selbst zu experimentieren und einen Einblick in die TU zu bekommen, ist toll.“

Selbstschwebendes Skatebord

Das Hoverboard in Aktion.
Das Hoverboard in Aktion.

In der interaktiven Pause zwischen den Workshops konnten die Schülerinnen und Schüler unter anderem das Hoverboard des Teams Materialwissenschaften ausprobieren. Malika, Carmen und Lena, die mit ihrer ganzen Klasse auf die Lichtwiese kamen, trauten sich auf das selbstschwebende Skateboard, wie man es aus „Zurück in die Zukunft“ kennt, und lernten so ganz praktisch etwas über Supraleitung. „Anhand des Hoverboards können wir recht cool zeigen, was die Materialwissenschaft eigentlich ist. Weil genau diese supraleitenden Materialien Gegenstand der materialwissenschaftlichen Forschung sind“, erklärt Dr.-Ing. Anne Kikker vom Team für Öffentlichkeitsarbeit des Instituts für Materialwissenschaft. „Auf dem Hoverboard zu fahren, fühlt sich sehr speziell an, weil es keine Reibung gibt und das Board nicht von allein bremst.“ Oder wie Malika die Fahrt fasziniert beschrieb: „Als ob man schwebt. Die Balance zu halten, ist aber nicht ganz einfach.“ Zur Freude von Malikas Klasse probierte auch Bio- und Chemie-Lehrerin Christina Macho das Board aus und ergänzte überrascht: „Das fährt sich ganz geschmeidig.“

Natürlich darf auch der Besuch des Merck-TU-Darmstadt Juniorlabors an einem solchen Tag nicht fehlen. Leiterin Dr. Andrea-Katharina Schmidt und ihr Team waren mit dem Workshop „Eisen-Redox-Flow-Akkumulator – eine nachhaltige Technologie zur Speicherung von grünem Strom“ dabei. Anhand des ausführlichen Versuchsskripts inklusive Hintergrundinformationen ließ sich das Modell des Energiespeichers nach dem Redox-Flow-Prinzip ohne Probleme aufbauen. „Bei uns hat der Versuchsaufbau gut geklappt und auch der mehrmalige Auf- und Entladevorgang des Energiespeichers“, erklärten Hayat, Yasmin, Douaa und ihre Mitschülern Jan und Serge.

Auch bei David und Nico rotierte der angeschlossene Verbraucher, ein kleiner Propeller, mit hoher Geschwindigkeit. Im Rahmen ihrer Gruppe „Technology, Industry, Energy“ nahmen die beiden auch an „Vom Herrn der Ringe zu Iron Man – und was hat das mit Technischer Chemie zu tun?“ teil. Der Sustainability-Talk inklusive Laborführung mit Aileen Hübner und Professor Marcus Rose kam bei den beiden Oberstufenschülern sehr gut an. Erläutert wurden aktuelle Entwicklungen zu nachhaltigen Prozessen und Produkten der chemischen Industrie – etwa „grüne“ Chemikalien aus Holz, biobasierte Waschmittel und Katalysatoren aus Eisen. „Das Thema wurde sehr interessant und auch abwechslungsreich erklärt. Das hat uns richtig gut gefallen. Auch, dass man mal einen Einblick in die Arbeit einer Doktorandin bekommen hat", betonen die beiden.

Spannende Workshops und Talks

Experiment beim Workshop „Empowered Minds, Sustainable Futures: Physiker:innen gestalten Nachhaltigkeit“ von Dr. Kai Bliesmer.
Experiment beim Workshop „Empowered Minds, Sustainable Futures: Physiker:innen gestalten Nachhaltigkeit“ von Dr. Kai Bliesmer.

Weitere Highlights des Event-Tages waren die Workshops von Gästen befreundeter Hochschulen. Professorin Anneke Steegh von der Universität Hannover und ihr Team sprachen mit den Teilnehmenden über Identitäten im MINT-Bereich. Sie gingen der Frage nach, wie sich die Jugendlichen mit ihrer ganzen Vielfalt und all ihren Interessen MINT zugehörig fühlen können. Außerdem erstellten sie gemeinsam KI-Bilder, die zeigten, wie sich die Jugendlichen in Sachen MINT wahrnehmen. Im Workshop von Dr. Kai Bliesmer von der Universität Oldenburg konnten die Schülerinnen und Schüler experimentell erfahren, dass Physik eine wichtige Bedeutung für nachhaltige Entwicklung hat. Aber auch, dass Physik beziehungsweise die Naturwissenschaften „eine grünere Welt“ nicht allein bewerkstelligen können.

Katharina Forster von der Universität München brachte den Jugendlichen im Workshop „Aluminium-Entdeckerinnen: Erforsche die faszinierende Welt von Aluminium“ das vielseitige Metall experimentell näher. Gleichzeitig wurde auf Aspekte der Nachhaltigkeit eingegangen. Dr. Thomas Eberle von Merck erkundete und diskutierte mit den Jugendlichen die Zukunft der Chemie: Wie verändern sich die Chemie und die Chemiebranche, welche Berufe bietet sie jetzt und in der Zukunft und wie revolutioniert Nachhaltigkeit die Chemie?

Leider spielte das Wetter auch in den interaktiven Pausen nicht mit: Das Klima-Quiz des Büros für Nachhaltigkeit sowie verschiedene Nachhaltigkeits-Talks mussten von der Mensawiese ins Trockene umziehen. Die Stimmung ließen sich Veranstaltende und Teilnehmende aber nicht vermiesen. Und hätte Professor Prechtl es in der Abschlussveranstaltung nicht erwähnt, wäre sicher auch nicht aufgefallen, dass die 200 Brezeln für die Pause nicht wie vorgesehen vom Bäcker gebacken wurden, sondern frühmorgens von Silke Niesig, Teamassistenz Fachdidaktik Chemie! Nicht nur diese Leistung quittierten die jungen Leute bei der Abschlussvorlesung „Nachhaltige Strategien für ALLE – Be with it!“ von Markus Prechtl und Yannick L. Legscha mit einem Extra-Applaus.

Das Projekt „Be with it!“, das Schülerinnen und Studentinnen für grüne Berufe und Forschung begeistern möchte, war 2022 mit dem Franziska-Braun-Preis ausgezeichnet worden.

Über den Franziska-Braun-Preis

Der Franziska-Braun-Preis ist eine Auszeichnung innovativer Gleichstellungsansätze durch die Carlo und Karin Giersch-Stiftung an der TU Darmstadt. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis erinnert an Franziska Braun, die 1908 als erste Studentin an der TH Darmstadt immatrikuliert wurde. Mit der Auszeichnung werden alle zwei Jahre Best-Practice-Modelle prämiert, die Frauen für Studium, Forschung und Lehre an der TU Darmstadt gewinnen. Der Franziska-Braun-Preis wird nicht an Personen verliehen, sondern an Organisationseinheiten wie Fachbereiche, Institute oder an Personengruppen. Über die Preisvergabe entscheidet der Beirat zur Forschungsorientierten Gleichstellung.