Gruß & Kuss – Briefe digital

20.09.2023

Gruß & Kuss ist ein vom BMBF gefördertes Citizen-Science-Projekt. In enger Zusammenarbeit erschließen, analysieren, bearbeiten, erforschen und digitalisieren Wissenschaftler*innen und Bürger*innen private, authentische Liebesbriefe des Liebesbriefarchivs in Koblenz und Darmstadt.

Gruß & Kuss ist ein innovatives, kooperatives und interdisziplinäres Forschungsprojekt, das von April 2021 bis März 2024 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als Bürgerforschungsprojekt (Citizen Science) gefördert wird.

Die Grundlage des Projekts bildet die bisherige Arbeit des Liebesbriefarchivs mit Sitz in Koblenz (Universitätsbibliothek Koblenz, seit 2013) und der TU Darmstadt (Erschließung und Digitalisierung, seit 2015). Als bisher einziges Archiv seiner Art sammelt und archiviert es private, authentische Liebesbriefe, die in Form von Spenden aus der Bevölkerung seit seiner Gründung 1997 in Zürich eingehen. Private Liebesbriefe gelten als gefährdete Quelle der Alltagskultur: Sie legen nicht nur ein Zeugnis über Liebeskommunikation ab, sondern stellen auch eine Sprachgeschichte ?von unten? dar, dokumentieren dabei gesellschaftliche Erwartungen bezüglich Liebe, Partnerschaft, Rollenverständnisse, Konventionen und Tabus sowie historische Ereignisse und das sich verändernde Medium Brief.

Innerhalb des Projekts Gruß & Kuss erschließen und bearbeiten Wissenschaftler*innen und Bürger*innen gemeinsam den Bestand des Liebesbriefarchivs: 42333 Liebesbriefe aus vier Jahrhunderten (Stand 15.09.2023). Ziele sind dabei die Erschließung, Analyse, Bearbeitung und Erforschung der Liebesbriefe unter der aktiven Teilhabe der Bürger*innen am Forschungsprozess. Dabei erhalten die mitforschenden Bürger*innen ein Verständnis für die eigene Sprache als kulturschaffendes Werkzeug und werden in ihrer Selbstwahrnehmung als Kulturträger*innen bestärkt. Darüber hinaus wird durch das gemeinsame Forschen Vertrauen in wissenschaftliche Methoden und die eigenen Fähigkeiten geschaffen sowie die Selbstkompetenz und Wissenschaftsmündigkeit der zivilgesellschaftlichen Akteure und die aktive Teilhabe am öffentlichen Diskurs hinsichtlich Sprache und Kultur gefördert. Gleichzeitig soll durch die Digitalisierung des Archivs die Möglichkeit einer dauerhaften Erforschung und Bewahrung der Liebesbriefe geschaffen werden.

Gruß & Kuss erregt ein hohes zivilgesellschaftliches und mediales Interesse. Zahlreiche Radio-, Zeitungs- und TV-Beiträge berichten über das Liebesbriefarchiv; das Projekt selbst verzeichnet aktuell über 160 Bürger*innen, die sich auf verschiedenen Ebenen beteiligen und für die Liebesbriefforschung interessieren.

Öffentliche Lesung beim Meenzer Science Schoppe August 2022
Öffentliche Lesung beim Meenzer Science Schoppe August 2022

Außerdem ist Gruß & Kuss neben seiner Zielsetzung auf Nachhaltigkeit ausgerichtet: Die wissenschaftliche Nachhaltigkeit wird durch die Vernetzung und Etablierung der Arbeit des Projekts und des Archivs in Forschung und Lehre sowie dem erarbeiteten Datenkonzept gewährleistet. Besonders die im Projekt entwickelten Wissenschaftsevents (Informationsveranstaltungen, Transkriptionsworkshops, Stelldichein, Lange Nacht der Liebesbriefe, Liebesbriefstammtische), die digital als auch lokal an den Standorten der Projektpartner*innen und des Liebesbriefarchivs durchgeführt werden, führten zur Etablierung einer Interessengruppe. Dadurch fördert Gruß & Kuss eine besondere zivilgesellschaftliche Nachhaltigkeit in zweifacher Weise: (1) das regelmäßige Zusammengehen zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft und (2) das Wissen und die Relevanz um die Bewahrung einer zentralen alltagskulturellen Quelle und wie dies archivisch, wissenschaftlich und organisatorisch gefestigt werden kann. Darüber hinaus zeigt sich Gruß & Kuss technologisch nachhaltig, indem nicht nur ein digitales Liebesbriefarchiv aufgebaut, sondern dies auch der Wissenschaft und Gesellschaft für die weitere Erforschung zur Verfügung stehen soll.

Durchgeführt wird das Projekt zwischen der TU Darmstadt mit der Verbundkoordinatorin Prof. Dr. Andrea Rapp vom Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft, der Universität Koblenz mit Prof. Dr. Eva L. Wyss vom Institut für Germanistik, der Hochschule Darmstadt mit Prof. Dr. Stefan Schmunk vom Institut für Kommunikation und Medien sowie der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt mit Prof. Dr. Thomas Stäcker.

Weitere Infos zum Thema?

Im Nachhaltigkeits-Kompass , dem dynamischen Nachhaltigkeitsbericht der TU Darmstadt, finden Sie weitere spannende Projekte und Aktivitäten an der Universiät.

Passt thematisch dazu im Handlungsfeld Wissenschaft: Bereiche Lehre und Forschung