Umweltverträglich, nachhaltig und klimaneutral

TU-Professor Bernd Epple erklärt die Unterschiede zwischen Biotreibstoffen

13.12.2022

Bernd Epple forscht mit seinem Team an der Produktion von nachhaltigen Biotreibstoffen für den Transportsektor. Mit einer neuen Vergasertechnik gelang den Forschenden die Umwandlung biogener Reststoffe wie Weizenstroh zu Synthesegas ohne zusätzlichen Energieeinsatz. Der TU-Professor gibt einen Überblick über den Stand der Forschung und Entwicklung.

Professor Dr. Bernd Epple in der Versuchsanlage des Fachgebiets Energiesysteme und Energietechnik (EST).

Herr Professor Epple, welche Generationen von Biokraftstoffen gibt es, und was sind die jeweiligen Vor- und Nachteile?

Es wird grundsätzlich zwischen zwei Generationen von Biokraftstoffen unterschieden: der ersten und der zweiten Generation. Der Unterschied der beiden Kraftstoffe liegt dabei in der chemischen Struktur, was auf das Herstellungsverfahren zurückzuführen ist.

Kraftstoffe der ersten Generation basieren z.B. auf ölhaltigen Pflanzen. Das gewonnene Pflanzenöl kann in einem gewissen Rahmen modifiziert werden, und so entsteht unter anderem Biodiesel. Die Produkte eignen sich zur Beimischung zu fossilen Treibstoffen für Kraftfahrzeuge. Ein anderes Beispiel ist Bioethanol (aus Zucker und Stärke), welches dem Benzin zugemischt wird. An den Tankstellen wird dies als E10 bezeichnet, also zehn Prozent Ethanol. Das heißt, es handelt sich hier um Biomassen, welche auch als Nahrungsmittel verwendet werden können.

Kraftstoffe der zweiten Generation sind synthetische Produkte auf der Basis von biogenen Reststoffen, welche keine Nahrungsmittel sind (z.B. Stroh). Die chemische Struktur hängt von der angewandten Synthese ab. Beim Herstellungsprozess können hier sogar gezielt Eigenschaften verbessert werden, um ein reines Produkt zu erhalten oder ein Molekül zu synthetisieren, das beispielsweise rußfrei verbrennt. Es könnten sämtliche Bestandteile der Biomasse eingesetzt werden, unser Fokus liegt aber bei Abfällen, die keinen etablierten Verwendungspfad haben. Damit stehen die hier eingesetzten biogenen Bestandteile nicht in Konkurrenz zu Anbauflächen für Nahrung. Die Technologie für die Herstellung von Kraftstoffen der zweiten Generation ist allerdings deutlich komplexer, weshalb wir am Fachgebiet Energiesysteme und Energietechnik (EST) an diesen Technologien forschen, um den Prozess zu optimieren .

Worin bestehen die Schwierigkeiten, nachhaltige Biokraftstoffe zu produzieren?

Die größte Schwierigkeit besteht darin, ein qualitativ hochwertiges Produkt herzustellen und das zu einem niedrigen Preis. Das Ziel der EU-Kommission ist es, beispielsweise den Flugverkehr schrittweise auf „SAF- Sustainable Aviation Fuels“ umzustellen. Biogene und sonstige Reststoffe (z.B. Kunststoffabfälle) können hierzu verwendet werden, und hierauf basieren auch unsere Forschungsvorhaben. Da rücken genau diese Kraftstoffe der zweiten Generation in den Vordergrund.

Welche Produktionsverfahren gibt es, und welche sind am vielversprechendsten?

Grundsätzlich kann man zwischen Verfahren zur Vergärung („kalte Vergasung“), Pyrolyse und thermochemischer Konversion („Hochtemperatur-Vergasung“) unterscheiden. Erstes wird eingesetzt, um meist bei landwirtschaftlichen Betrieben Methan herzustellen. Dieses Verfahren eignet sich nicht für alle Einsatzstoffe und ist z.B. für Biomassen mit einem erhöhten Ligninanteil (z.B. Holz) ungeeignet. Ganz zu schweigen von Kunststoffabfällen. Hingegen kann man mit unserem Verfahren, der Hochtemperatur-Wirbelschichtvergasung, nahezu alle Arten von Einsatzstoffen verwenden. Das können Biomassen (auch Holz) bis hin zu Reststoffen (z.B. Kunststoffabfällen) sein.

Das heißt, „unsere“ Wirbelschichtvergasung ist ein Weg, um die Energie und den Kohlenstoff von Abfällen (biogener oder anderer Herkunft) in ein Synthesegas zu überführen, das im Anschluss gereinigt wird, sodass daraus chemische Grundstoffe (z.B. Methanol) oder Kraftstoffe (z.B. SAF-Kerosin) synthetisiert werden können. Damit ließen sich schon heute wirtschaftliche nachhaltige Produkte herstellen – im Vergleich zu rohölbasierten Konkurrenzprodukten. Der Betrieb großer Anlagen steht zwar noch aus, aber Planungen hierzu laufen bereits.

Die Fragen stellte Michaela Hütig

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