Blick auf die Aktivität in elektronischen Bauteilen

Prof. Leopoldo Molina-Luna erhält ERC Consolidator Grant

31.01.2023

Professor Leopoldo Molina-Luna erhält für sein Projekt „ELECTRON – Enabling spatially-resolved mapping of electric activity in operational devices at atomic-resolution“ in der aktuellen Förderrunde des Europäischen Forschungsrats ERC einen Consolidator Grant über rund 2,1 Millionen Euro

Professor Dr. Leopoldo Molina-Luna

Hochentwickelte Werkstoffe stehen im Mittelpunkt der Innovationen des 21. Jahrhunderts. Sie finden in einer Vielzahl von Branchen Einsatz, wie zum Beispiel in der Halbleiterindustrie, der Unterhaltungselektronik, dem Automobilbau und der Luft- und Raumfahrttechnik. Die Nachfrage nach Produkten mit höherer Funktionalität, Leistung und geringerem Stromverbrauch treibt den Bedarf an neuen Bauteilstrukturen und Materialien voran. Der Entwurf, die Charakterisierung und das Testen von Bauteilen für Hochleistungs-Kondensatoren oder für fortschrittliche nichtflüchtige Speicher sind der Schlüssel zu einem verbesserten Materialdesign und zur Bauteilintegration.

Dazu leistet die Technologie, an der Professor Molina-Luna im Rahmen des ERC Grants arbeitet, einen wichtigen Beitrag. Mit „ELECTRON“ wird eine Messtechnik entwickelt, die es ermöglicht, “gehirnähnliche” elektrische Aktivität etwa in funktionsfähigen memristiven Bauteilen direkt abzubilden. Memristive Bauteile sind eine besondere Art von nichtflüchtigen Datenspeichern, die mit elektrischen Widerständen arbeiten und sich zum Beispiel für den Bau neuronaler Netze eignen.

Ziel des Vorhabens ist es, in einem Rastertransmissionselektronenmikroskop (STEM) erstmals elektronenstrahlinduzierte Stromflüsse (EBIC) abzubilden. Dazu werden Verstärker eingesetzt, die elektrische Ströme in einem memristiven Bauteil messen, während dieses einem Elektronenstrahl des Mikroskops ausgesetzt ist. Das geschieht in ähnlicher Weise wie bei der funktionellen Magnetresonanztomographie in den Neurowissenschaften, die den Blutfluss im Gehirn verfolgt: Teile, die benutzt werden, leuchten in der Abbildung auf. Die Technik, an der Molina-Luna und sein Team forschen, wird eine einzigartige und neue Möglichkeit bieten, die elektrische Aktivität in funktionierenden Geräten zu visualisieren und Rückschlüsse auf das elektrische Potenzial, das elektrische Feld, die Austrittsarbeit, die Leitfähigkeit und die Temperatur zu erhalten.

Offensichtlichere Darstellung elektronischer und thermischer Veränderungen

Das neue Verfahren wird eine direkte Beobachtung von thermischen und elektronischen Veränderungen in Materialien oder elektronischen Geräten erlauben. Normalerweise bildet ein STEM eine physikalische Struktur ab, wie etwa die Art, die Anzahl oder die Position der Atome in der untersuchten Probe. Elektronische und thermische Veränderungen im Material haben aber oft nur eine winzige Auswirkung auf die physikalische Struktur und sind daher mit den meisten gängigen Techniken nur sehr schwer und aufwendig zu erkennen.

Mit Hilfe des STEM EBIC-Verfahrens lassen sich elektronische und thermische Veränderungen viel offensichtlicher darstellen: Typischerweise in nur einem einzigen Bild und ohne komplexe Berechnungen. Aufgrund der Bedeutung und des Potenzials dieser Methode fokussiert sich das Projekt „ELECTRON“ darauf, die räumliche Auflösung von STEM-EBIC auf atomare Dimensionen zu bringen und gleichzeitig industriell relevante elektronische Geräte unter realistischen Bedingungen zu untersuchen.

Zur Person

Leopoldo Molina-Luna ist seit März 2020 Professor an der TU Darmstadt und leitet das Fachgebiet Advanced Electron Microscopy (AEM) am Institut für Materialwissenschaft (Fachbereich Material- und Geowissenschaften) sowie das In Situ Microstructural Analytics Lab des Center for Reliability Analytics (CRA).

Er wurde im Fach Physik an der Eberhard Karls Universität Tübingen promoviert und war anschließend Postdoc an einem der weltweit führenden Zentren für Elektronenmikroskopie, dem EMAT in Antwerpen. Sein Postdoc-Fellowship dort wurde durch einen ERC Advanced Grant gefördert. Im Jahr 2018 erhielt er einen ERC Starting Grant (FOXON) und 2020 den ERC Proof-of-Concept Grant (STARE), sowie einen MIT-Germany Global Seed Fund.

Molina-Luna hat als Redner und Organisator von Symposien an zahlreichen Konferenzen und Workshops weltweit teilgenommen. Seine aktuellen Forschungen konzentrieren sich auf das Verständnis von Struktureigenschaftskorrelationen in funktionalen Materialien für die Energietechnik sowie auf die Entwicklung von in situ/operando Transmissionselektronenmikroskopie.. Molina-Luna arbeitet mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit eng zusammen und hat mehrere Kooperationspartner in der Industrie.

Hintergrund

Die ERC Consolidator Grants werden vom Europäischen Forschungsrat an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Disziplinen im Zeitraum von sieben bis zu zwölf Jahren nach der Promotion vergeben. Damit fördert die Europäische Union vielversprechende Forschung: Der Consolidator Grant richtet sich an Forschende, die bereits exzellente Arbeiten vorweisen können und nun bei Ihren bahnbrechenden Forschungsvorhaben zur Erlangung wissenschaftlicher Konsolidierung unterstützt werden sollen. In der aktuellen Runde wurden 321 Grants vergeben, 2222 Anträge waren eingereicht worden.

Neben Molina-Luna erhielten in der aktuellen Förderrunde von der TU Darmstadt auch Professorin Eva Kaßens-Noor für das Projekt „scAInce“ und Professor Thomas Wallis für das Projekt „SEGMENT“ einen ERC Consolidator Grant.

sip