Mathe und Müsli

„peas of joy" – Start-up-Gründung während des Studiums

2023/03/23 von

Immer mehr Studierende träumen davon, noch vor ihrem Abschluss ein eigenes Unternehmen zu gründen. Die Studienzeit ist für sie eine ideale Gelegenheit, neue Ideen zu entwickeln, Netzwerke zu knüpfen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln, die später bei der Gründung eines eigenen Unternehmens von Vorteil sein können. So zum Beispiel die Darmstädter Mathematikerin Michelle Luckas. Sie gründete während ihrer Promotion ein Food-Start-up und ist damit nun voll durchgestartet.

Corona-Pandemie, Promotion, Start-up-Gründung und das alles gleichzeitig – wo andere schon im Geiste vor einer kaum zu bewältigenden Aufgabe stehen, läuft Michelle Luckas zur Hochform auf. Schwierig bedeutet kompliziert oder kaum lösbar. Genau das reizt die junge Frau. „Wenn es knifflig wird, habe ich großen Spaß daran, zu knobeln und eine Lösung für die Aufgabe zu finden.“ Das sei schon als Kind so gewesen. Deshalb habe sie auch Mathematik studiert, ohne ein konkretes Berufsziel vor Augen zu haben.

Wenn es knifflig wird, habe ich großen Spaß daran, zu knobeln und eine Lösung für die Aufgabe zu finden.

Oft werde sie gefragt, wie sie es geschafft habe, bereits im Alter von 25 Jahren ihre Promotion abgeschlossen zu haben und parallel dazu auch noch ein Unternehmen zu gründen. „Eine Zeit lang habe ich geantwortet, das sei einfach so passiert“, erzählt Michelle Luckas. Doch bei genauerem Nachdenken wurde ihr bewusst: Nur ein klares Ziel, Leidenschaft, Disziplin und ein unterstützendes Umfeld machen es möglich, an einer Idee festzuhalten und auf langfristigen Erfolg hinzuarbeiten.

Food-Start-up mit Hülsenfrüchten

Mit ihrer Firma „peas of joy“ entwickelt die zielstrebige Mathematikerin Eiweißquellen aus Hülsenfrüchten, die eine pflanzliche Ernährung erleichtern sollen. Ein süßes Granola ist ihr erstes Produkt. „Das ist ein getreidefreies Knuspermüsli aus Linsen und damit eine ganz neue Möglichkeit, Hülsenfrüchte schon zum Frühstück zu essen.“ Als Vegetarierin weiß sie, wie wichtig es für den menschlichen Körper ist, tierische Eiweißquellen zu ersetzen. Doch in unseren Breitengraden werden Hülsenfrüchte wie Linsen, Erbsen, Bohnen und Co. vor allem in Eintöpfen verarbeitet. Luckas aber suchte nach einer süßen Alternative zu Proteinen aus Fleisch oder Milchprodukten. „Ich habe schon als Kind gerne gebacken und Süßes gegessen.“ Luckas lächelt ein wenig verlegen, als sie das erzählt. Und kommt gleich der nächsten Frage zuvor: „Mein Granola ist zuckerfrei. Wir süßen mit Dattelsirup.“ Luckas hat viel recherchiert und in der heimischen Küche experimentiert, bis sie auf ihre innovative Produktidee kam.

Von der Doktorandin zur Unternehmerin

Die Idee zu „peas of joy“ entstand während der Corona-Pandemie. Von der Entwicklung bis zur Firmengründung hat Michelle Luckas zwei Jahre an ihrem Linsen-Granola gearbeitet. Parallel dazu schrieb sie ihre Doktorarbeit. Dafür hat sie ihren Arbeitsalltag komplett durchstrukturiert. Morgens und vormittags arbeitete sie vier bis sechs Stunden an ihrer Promotion, nachmittags recherchierte sie für ihre Unternehmensgründung – Geschäftsidee, Geschäftsmodell, Proof of Concept, Businessplan. „Ich habe mir einen Plan gemacht und notiert, in welchen Bereichen ich recherchieren wollte“, erzählt Michelle Luckas. Sie besuchte Gründungsseminare, schrieb gezielt andere Gründerteams an und tauschte sich mit ihnen aus. „Ich habe viel Unterstützung von Gründerinnen und Gründern bekommen, die ich einfach über Instagram angeschrieben habe.“ Ohne Austausch, davon ist Luckas überzeugt, kann sich eine Idee nicht weiterentwickeln. Auch vom Gründungszentrum HIGHEST der TU Darmstadt holt sie sich Tipps.

Mein eigener Chef zu sein und etwas zu machen, hinter dem ich zu 100 Prozent stehe, finde ich unglaublich motivierend.

Beruf Unternehmerin: ein Lebensstil

Ein Leben als angestellte Mathematikerin in einem Unternehmen kam für Michelle Luckas nie in Frage: „Mein eigener Chef zu sein und etwas zu machen, hinter dem ich zu 100 Prozent stehe, finde ich unglaublich motivierend“, sagt die Unternehmerin. Menschen, die aus ihren Ideen etwas ganz Eigenes machen, habe sie schon immer bewundert. Hinter dieser Haltung stecke auch ein wenig das Elternhaus. Ihr Vater sei der Meinung, dass man sich selbstständig machen muss, wenn man gut ist. Und so ist „peas of joy“ auch fast ein kleines Familienunternehmen: Die Eltern streckten das Startkapital vor, Luckas´ Lebenspartner schießt die Fotos für das Marketing, ihr Bruder gestaltete das Firmen-Logo. Abends produziert sie selbst Marketing-Content für ihren eigenen Instagram-Kanal.

Selbstmanagement und steile Lernkurven

Michelle Luckas ist mit ihrem Unternehmen aus dem Stand erfolgreich: Im September 2022 gewinnt sie während der Start-up Night in Berlin den Award als bestes Food-Start-up. Fleischlose Ernährung ist Zeitgeist. Ihr Müsli kommt an. Was sich wie eine beispiellose Erfolgsgeschichte liest, war mit viel Lernkurven verbunden. „Die größte Herausforderung war es, einen Produzenten zu finden, der meine Produkte, die ich in Handarbeit entwickelt habe, maschinell umsetzen kann, Bio-zertifiziert ist und meine Vorgaben erfüllt“, fasst Michelle Luckas die vergangenen zweieinhalb Jahre zusammen. Ein aufwändiger Prozess, der viel Zeit kostete. Und trotzdem würde sie den unmittelbaren Schritt von der Uni zum eigenen Unternehmen jederzeit wieder gehen.

„Ich habe ja nicht viel zu verlieren. Mein Lebensstandard ist gewohnt studentisch. Das Verlustrisiko ist gering. Dafür lerne ich jeden Tag Neues und kann mich weiterentwickeln, auch mental.“ Im Vordergrund stehe derzeit, ihre Produkte im Handel zu positionieren und den Umsatz zu steigern. Michelle Luckas möchte schon in naher Zukunft ein breiteres Sortiment an Produkten aus Hülsenfrüchten anbieten. „peas of joy“ soll ein profitables Unternehmen werden.