Ein klangvoller Friedensappell

TU-Chor probt „Dona Nobis Pacem“

02.07.2024 von

An der TU Darmstadt geht es klangvoll zu – im übertragenen, aber auch im wörtlichen Sinne. Augenfälligstes Beispiel dafür ist der Chor der TU. Woche für Woche kommen Studierende, Beschäftigte und Ehemalige unter der Leitung von Salome Niedecken zusammen. Dabei steht aktuell ein besonderes Stück im Mittelpunkt der Proben: »Dona Nobis Pacem« – »Gib uns Frieden« von R. Vaughan Williams.

Obwohl dieses Stück nur selten in Deutschland aufgeführt wird, ist es weit mehr als nur eine musikalische Darbietung, wie Chordirigentin Salome Niedecken erklärt: Es ist eine kraftvolle Erinnerung an die Vergangenheit und ein dringender Appell an die Gegenwart. Entstanden im Jahr 1936, in einer Zeit des politischen Umbruchs und der Unsicherheit vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, trägt „Dona Nobis Pacem“ die tiefe Sehnsucht nach Frieden und Versöhnung in sich. Ralph Vaughan Williams, selbst ein Überlebender des Ersten Weltkriegs, fühlte die Dringlichkeit, eine Botschaft des Friedens und der Hoffnung zu vermitteln.

Themen von Bedeutung

Seine Komposition reflektiert die Turbulenzen einer Ära, die von Konflikten und Gewalt geprägt war, und ruft dazu auf, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Heute, in einer Zeit, in der die Welt erneut mit politischen Spannungen und Spaltungen sowie internationalen Konflikten konfrontiert ist, gewinnt „Dona Nobis Pacem“ eine neue Relevanz, wie Niedecken betont. Die Themen, die Williams vor fast einem Jahrhundert aufgriff, sind immer noch von großer Bedeutung: die Notwendigkeit des Friedens, die Bedeutung der Versöhnung und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Die Kantate beinhaltet neben politischen auch religiöse Bezüge, wie die Verwendung von Texten aus der lateinischen Messe und einer Rede des britischen Politikers John Bright. Diese Elemente werden jedoch nicht in einem rein spirituellen Kontext behandelt, sondern dienen vielmehr als Rahmen für eine kritische Auseinandersetzung mit den sozialen und politischen Realitäten der Zeit.

Die Konzerte des TU-Chors gemeinsam mit den TU-Orchester zu „Dona Nobis Pacem“ von R. Vaughan Williams finden statt am 13. Juli 2024 um 18 Uhr in der Wartburgkirche, Frankfurt am Main, und am 14. Juli 2024 um 17 Uhr in der Pauluskirche, Darmstadt. Zusätzlich spielt das Orchester die 1. Sinfonie von Johannes Brahms.

Unter der Leitung von Salome Niedecken nimmt der Chor die Herausforderung an, diese Botschaften wieder lebendig werden zu lassen. „Es ist eine lautmalerische Vertonung einer Kriegssituation“, so Niedecken. Es ruft die Bilder vergangener Konflikte wach und mahnt, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Das Zuhören offenbart die Tiefe und Komplexität des Werkes, das bewusst auf ein traditionelles Reimschema und ein tonales Zentrum verzichtet. „Es ist eine Tonsprache, die wir so nicht unbedingt gewohnt sind“, erklärt Niedecken. Sie wollte dem Chor etwas bieten, was er sonst nicht singt: „Die Musik bleibt erstmal einfühlsam, aber hat dann plötzlich eine enorme Schlagkraft, die teilweise schon fast aggressiv wirkt.“ Im Verlauf der Kantate steigert sich die Intensität, und es kommen dynamische und mitreißende Abschnitte hinzu, die von dramatischen Harmonien und kraftvollen Chorpassagen geprägt sind. Diese Momente spiegeln die Dringlichkeit und den Appell für Frieden wider, indem sie die emotionale Spannung und den Konflikt der Themen verstärken.

Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart

Damit sich der Chor nicht nur musikalisch mit dem Werk beschäftigt, besuchten seine Mitglieder das jüdische Museum in Frankfurt, um sich gemeinsam mehr Hintergrundwissen anzueignen. Niedecken betont immer wieder die Bedeutung der Geschichte und der tiefen Botschaften dieses Werkes, insbesondere vor dem Hintergrund aktueller politischer Ereignisse. Es ist diese Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart, die „Dona Nobis Pacem“ zu einem so kraftvollen und bewegenden Stück macht, das bewusst Traditionen bricht und neue musikalische Wege erkundet.

Gemeinschaft, Vielfalt und Zukunftsvisionen

Dass der Chor der TU eine besondere Gemeinschaft ist, habe die Chorleiterin direkt gemerkt: „Alle sind gerade menschlich so herzlich. Die Leute sind mit viel Witz und Humor dabei, aber trotzdem so engagiert.“ Die Konzerte stellen Meilensteine dar, die die Mitglieder zusammenschweißen. Dadurch, dass der Chor ein „Mehrgenerationenchor“ ist, kann er von langjähriger Erfahrung, aber auch von frischem Wind profitieren, egal ob musikalisch, organisatorisch oder menschlich. Zukünftig möchte der Chor auf jeden Fall auch große Werke aufführen, sodass auf künstlerischer Ebene mehr Vielfalt entsteht, und außerdem seine Konzerte verstetigen.

Der TU-Chor

Der Chor der TU Darmstadt trifft sich mittwochs um 19.30 Uhr in Raum S1|03 175 im Alten Hauptgebäude der TU Darmstadt (Hochschulstraße 1) zur Probe. Interessierte Personen können auch ohne Vorkenntnisse mitsingen.

Der TU-Chor ist mit einem Stimmvolumen von bis zu 150 Studierenden und Mitarbeitenden der Universität sowie Ehemaligen der größte Chor Darmstadts. Er erarbeitet sich ein breites Repertoire von der Renaissance bis zur Moderne. Dabei werden sowohl A-Cappella-Werke als auch große sinfonische Kompositionen gemeinsam mit dem Orchester der TU Darmstadt aufgeführt. Neben regelmäßigen Auftritten an der Universität engagiert sich der Chor auch in der Region und darüber hinaus, um die Freude an der Musik zu teilen und die Botschaften der Stücke einem breiten Publikum zu kommunizieren.

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