Kletter-Innovation „Exenretter“ – vom ­Ideenwettbewerb zum Startup-Traum

Im Gespräch mit Jonathan Holfelder und Moritz Ellenberger, Masterstudenten an der TUDa

19.04.2024

Zwei Maschinenbaustudenten und leidenschaftliche Kletterer haben sich mit ihrer Idee dem, „Exenretter“, beim TU Darmstadt Ideenwettbewerb 2021 hervorgetan. Ihr Gerät soll ein einfacheres und sichereres Abseilen und die Bergung von Kletterausrüstung ermöglichen. Ein Interview über Erfindergeist und Unternehmertum.

Jonathan, Moritz, ihr kennt euch vom Maschinenbaustudium und habt 2021 am Ideenwettbewerb der TU Darmstadt teilgenommen. Mit welcher Idee seid ihr an den Start?

Als begeisterte Hobby-Sportkletterer entwickelten wir einen neuartigen Ausrüstungsgegenstand für den Klettersport, den von uns so genannten Exenretter. Dieser erleichtert das Felsenklettern für jeden, unabhängig vom Erfahrungsniveau.

Was genau stelle ich mir als Laie darunter vor?

Exen, also Expressschlingen, benötigt man für das Klettern an Felswänden. Mit diesen befestigt man das Sicherungsseil an den Haken in den Felswänden. Nun ist es so, dass egal, ob fortgeschrittener Kletterer oder Anfänger, jeder irgendwann vor der Herausforderung steht, eine Route nicht bis zum Ende bewältigen zu können. Dann stellt sich die Frage, wie man sich am besten wieder abseilt. Mit dem Exenretter ist es möglich, sich vorzeitig aus einer Kletterroute abzuseilen und die Expressschlinge, welche unter Umständen sonst zurückgelassen werden müsste, vom Boden aus zu bergen. So wird eine nachhaltige Nutzung der Ausrüstung ermöglicht und kein Material verbleibt in der Natur. Der Exenretter ist schnell montiert und lohnt sich bereits ab der ersten Rettung. Die Zeiten des umständlichen Umhängens oder des Zurücklassens von Ausrüstung gehören der Vergangenheit an.

Wie seid ihr denn darauf gekommen, so einen Ausrüstungsgegenstand für Sportkletterer zu entwickeln? Das ist ja doch eher ein Nischenprodukt?

So nischig ist das gar nicht. Laut dem Deutschen Alpenverein gibt es geschätzt rund eine Million Kletterer allein in Deutschland. Davon klettern ungefähr 70 Prozent auch an Felswänden, also nicht nur in Kletter- und Boulderhallen. Der Exenretter hat also gutes Marktpotenzial.

Uns beide verbindet neben dem gleichen Studium eben auch die Leidenschaft für Klettern und Outdoor. Das stellten wir gleich fest, als wir uns während der Orientierungswoche an der TU Darmstadt kennenlernten. Wir sind dann schon in der ersten Woche gemeinsam bouldern gegangen. Bei einem Kletterurlaub am Gardasee – Südtirol hat eine riesige Kletterszene – entstand dann die Idee für den Exenretter. Seitdem arbeiten wir hart daran, eine innovative Lösung zu entwickeln, um das Klettern am Felsen simpler und zugänglicher zu machen. Unser Maschinenbau-Background war mit Sicherheit ausschlaggebend, so ein Produkt zu entwickeln. Wir sind beide von Haus aus Tüftler und Bastler und werkelten schon als Schüler in den heimischen Werkstätten unserer Väter. Den Exenretter-Prototypen stellten wir mit einem 3D-Drucker her.

Mit dem Produkt Exenretter habt ihr dann gleich den ersten Platz in der Kategorie Studierende beim TU-Ideenwettbewerb gewonnen. Wart ihr sehr überrascht?

Ja, das kann man so sagen. Offengestanden wollten wir für unsere Innovation Exenretter nur ein Feedback von den Experten der Jury bekommen. Das wird einem ja garantiert, wenn man am Ideenwettbewerb der TUDa teilnimmt. Das Bachelorstudium besteht im Wesentlichen aus Theorie. Mit dem Exenretter wollten wir auch einen praktischen Ausgleich dazu finden. Als Vorbereitung auf den Wettbewerb haben wir an einem Pitchtraining von HIGHEST – Innovations- und Gründungszentrum teilgenommen. Der Wettbewerb selbst fand im karo 5 der TU Darmstadt statt und wurde damals coronabedingt live übertragen. Die Teilnahme am Ideenwettbewerb war für uns zunächst nur ein Test, ob wir mit unserer Idee und dem ersten Prototypen auf dem richtigen Weg sind. Zu gewinnen, stand für uns nicht im Vordergrund. Umso mehr haben wir uns über das Urteil der Jury und den ersten Platz gefreut und sind nach wie vor sehr dankbar.

Und jetzt seid ihr auf dem Weg in Richtung Start-up?

Im Moment steht unser Masterabschluss im Vordergrund. Aber ja, unsere Teilnahme am Ideenwettbewerb der TU-Darmstadt 2021 markierte einen ersten Schritt in Richtung Start-up. Der Wettbewerb war für uns der Startschuss in eine spannende Zeit, in der uns auch das viele Expertenfeedback, welches wir mitnehmen konnten, sehr geholfen hat. Wir haben uns mit unserem Projekt Exenretter danach auch für das Hessen Ideen Stipendium beworben und 2023 auch eines erhalten. Das war schon sehr toll. Mit dem Stipendium im Rücken mussten wir nicht mehr neben dem Studium jobben gehen. Es hat uns den Rücken freigehalten, um den Prototypen und unser Geschäftsmodell weiterzuentwickeln.

Was bringt ein Hessen Ideen Stipendium?

Neben dem monatlichen Einkommen erhält man Coachings in Sachen Businessplan-Entwicklung, Marketing, Team-Building, Pitchtrainings und vieles mehr. Man lernt unglaublich viel dazu, was es für eine Unternehmensgründung alles braucht. Das erfährt man ja nicht im Fachstudium. Und man vernetzt sich im Hessischen Ökosystem. Wir kennen inzwischen richtig viele Leute, die innovativ unterwegs sind und gründen wollen oder es schon getan haben.

Wo steht ihr mit dem Exenretter-Projekt im Moment?

Wir haben den Exenretter mithilfe unseres Patentanwalts zum Patent angemeldet. Wenn das klappt, entscheiden wir, wie es für uns weitergeht. Ob wir den Exenretter auslizenzieren oder ein Unternehmen gründen, ist noch offen. Aber man kann sagen, wir sind ziemlich stolz darauf, was wir bislang mit unserer Vision alles schon erreicht haben.

Das Interview führte Heike Jüngst.