„Ich könnte nicht ohne Leidenschaft arbeiten“
Frank Weber, Maschinenbau-Alumnus der TU, entwickelt als Vorstandsmitglied bei BMW eine neue Generation Elektroautos
26.11.2024 von Astrid Ludwig
Die Passion für Autos fing in der heimischen Garage an. Sein Maschinenbaustudium an der TU Darmstadt zog er in zehn Semestern durch und stieg später bei Opel und nun bei BMW bis in die Chefetage auf, wo er für die Entwicklung neuer Technologien und Modelle verantwortlich ist. Das Studium war die Basis, sagt er heute. „Gut wird man, wenn man weiß, was einen fasziniert“.
Wenn alle vier Parkplätze vor dem Haus mit den Autos belegt waren, an denen er gerade schraubte, haben seine Eltern gestreikt. „Dann wusste ich, ich muss eins wieder abgeben“, erinnert sich Frank Weber und lacht. Gebastelt und geschraubt hat er seit Jugendtagen – an Kassettenrekordern, E-Gitarren und Synthesizern. Mit 18 Jahren kam dann das Auto in sein Leben und entfachte eine Leidenschaft, die zwei Garagen im heimischen Wiesbaden mit Werkbank, Schweißgeräten, Werkzeug und Unmengen Ersatzteilen füllte.
Als die Studienwahl anstand, schwankte Frank Weber kurz zwischen Musik, Elektrotechnik und Maschinenbau, entschied sich dann aber rasch für letzteres. „Maschinenbau war was zum Anfassen. Ich habe Freude daran, etwas zu kreieren und echte Ergebnisse zu sehen.“ Für die TU Darmstadt entschied er sich, weil sie einen guten Ruf im Maschinenbau hatte, aber auch wegen der Nähe der Universität. „So konnte ich weiterhin Zeit in meinen Garagen verbringen“, grinst er. In die Wiege war ihm die Liebe für den Maschinenbau aber nicht gelegt. „In meiner Familie sind alle Lehrer. Ich war der einzige, handwerklich Interessierte.“
Autobau als „kreativer Akt“
Der heute 58-Jährige erinnert sich noch gut an seine erste Vorlesung im Audimax der TU in Darmstadt. „Der Professor erzählte, dass uns nach dem Studium die Welt offensteht. Aber nur, wenn man das Grundstudium erfolgreich übersteht.“ Das schafften zu der Zeit aber gerade mal die Hälfte der Studierenden. Beunruhigt hat diese Aussicht Frank Weber nicht. „Man muss Dinge tun, die man gern tut. Dann ist man auch gut darin“, ist er überzeugt. Zu Beginn des Studiums konzentrierte er sich auf den allgemeinen Maschinenbau, erst nach dem Grundstudium wurde ihm klar: „Ich will Autos nach meinen Vorstellungen entwerfen und entwickeln“. Dinge aus dem Nichts zu erschaffen, falle ihm leicht und befriedige ihn, sagt der TU-Alumnus. Autobau sieht der Ingenieur als einen „kreativen Akt“.
Sein Studium zog er in weniger als zehn Semestern durch. Die Diplomarbeit schrieb er über Fahrzeugtechnik, blieb danach für kurze Zeit Assistent am Lehrstuhl Kraftfahrzeugtechnik der TU Darmstadt, bevor er 1991 als Projektingenieur Gesamtfahrzeug zu Opel ging. Bei der Opel AG und GM Europe übernahm er bald leitende Tätigkeiten in der Entwicklung und Produktlinie, wurde Direktor Programm-Management, Vorausentwicklung und Konzeptplanung. Drei Jahre arbeitete der Vater von vier Kindern auch in Michigan in den USA, wo er unter anderem für den Chevrolet Volt und das Voltec-Antriebssystem verantwortlich war, bevor er Vizepräsident von Opel für die Unternehmens- und Produktplanung wurde.
Wechsel zu BMW
2011 wechselte Frank Weber zu BMW als Leiter für Gesamtfahrzeug-Entwicklung, war anschließend Chef für die Produktlinie großer Modellreihen und zuletzt für Rolls-Royce und die BMW-Luxusklasse. Von Opel zu Rolls Royce – sieht er das als Aufstieg? „Es geht um die Anziehungskraft bei Kunden“, findet er. „Einen Kompaktwagen zu entwickeln ist im Grunde ähnlich anspruchsvoll wie ein Luxusfahrzeug. Das ist eine Frage der Aufgabenstellung. Aus Ingenieurssicht ist das eine so schwierig wie das andere.“ Fühlt er sich darauf durch sein Studium vorbereitet? „Das ist die Basis, das Handwerkszeug. Herausfinden muss man aber, was einen fasziniert“, betont er.
Die Fähigkeit sich und andere zu begeistern, ist im Gespräch spürbar. Autos sind Frank Webers Passion. Das scheint mitzureißen und anzuspornen. Seit 2020 sitzt er im Vorstand von BMW und ist für den Bereich Entwicklung zuständig. Eine Karriereplanung, betont er, hatte er nicht. „Eigentlich war ich nicht übermäßig ehrgeizig. Aber ich könnte nie ohne Leidenschaft arbeiten. Was ich gerne tue, darin bin ich auch erfolgreich.“ Er habe sich entfalten dürfen – sowohl bei Opel als auch BMW. Bei General Motors habe er die Mittelklasse globalisiert. Modelle wie den Vectra, Chevi Malibu oder Opel Ampera sieht er als seine Kinder.
Bei BMW ist er der Vater der aktuellen großen X-Modelle, der 7er- und der 8er-Reihe. Aktuell kreiert er eine komplett neue Reihe von Elektromodellen, die 2025 als Neue Klasse auf den Markt kommen wird – und deren Technologien alle künftigen BMW-Modelle prägen werden. „Das Autogeschäft ändert sich heute schneller als in den vergangen 30 Jahren. Elektroantriebe, Digitalisierung, Nachhaltigkeit brauchen eine neue Designsprache“, sagt er. BMW werde Technologien auf den Markt bringen, die es bisher so nicht gebe.
Wunsch nach einem „Elektromaschinenbau“ im Studium
Während seines eigenen Studiums spielten Elektromotoren keine allzu große Rolle. „Es gab Versuche mit Elektroautos, aber die Batterietechnik war noch nicht so weit“, sagt er. Berührungsängste hatte er wegen seiner Jugendliebe zur Elektrotechnik aber nicht. Bei Opel und GM verantwortete er später dann auch die frühen E-Auto-Modelle wie den Volt oder Ampera. Für den heutigen Studiengang Maschinenbau an Universitäten wünscht sich Weber eine Art Elektromaschinenbau. „Soft- und Hardware zu verknüpfen, das ist der Schlüssel in der Zukunft.“
Wie sieht er selbst die Zukunft deutscher Autobauer? Der künftige US-Präsident Donald Trump droht mit Zöllen, Tesla und chinesische E-Autos drängen dominant auf den Markt, während deutsche Hersteller in der Krise stecken. Weber ist sich sicher, dass die US-Wahl Auswirkungen haben wird. Das größte BMW-Werk stehe aber in den USA und sei auch der größte US-Autoexporteur. Und die E-Auto-Konkurrenz? „Dem Wettbewerb muss man sich immer stellen. Das Autogeschäft ist jetzt nochmals anspruchsvoller und damit spannender geworden“, sagt der Alumnus der TU Darmstadt.