Ein neuer Magnet, der die Ressourcen schont

Athene Young Investigator Pelin Tozman erforscht alternative Komponenten

05.07.2023 von

Dauermagneten gehören zu den Schlüsselelementen klimaneutraler Technologien. Sie sind wichtige Bestandteile in Windkraft-Turbinen oder Elektro-Motoren. Für ihre Herstellung werden jedoch Seltene Erden gebraucht, deren Abbau bei einem wachsenden, grünen Energie-Markt zunehmend problematisch wird. Dr. Pelin Tozman, neue Athene Young Investigator der TU Darmstadt, forscht an einer neuen Generation Dauermagneten, deren Komponenten ressourcen-schonender und bezahlbar sein sollen und dank KI auch sicherer und leistungsfähiger.

Athene Young Investigator Dr. Pelin Tozman

Die Technologie der Zukunft muss auch mit grünen Metallen betrieben werden. „Die letzten 35 Jahre wurde kein neuer Magnet erfunden“, sagt Pelin Tozman, Postdoc-Wissenschaftlerin in der Materialwissenschaft der TU Darmstadt. Seit ihrer Erfindung im Jahr 1984 sind Magnete auf Nd-Fe-B-Basis (Neodym, Eisen und Bor) das Material der Wahl für Anwendungen, die hohe Leistungen erfordern. Die Forschung, so die neue Athene Young Investigatorin, konzentriert sich seither vor allem darauf, die magnetischen Eigenschaften dieser Nd-Fe-B-Komponenten voranzutreiben, „doch mittlerweile sind die Grenzen erreicht“. Zudem werden Dysprosium (Dy) und Terbium (Tb), sogenannte Schwere seltene Erden und mit einem besonderen Risiko in der Lieferkette behaftet, in Nd-Fe-B-Magneten verwendet, um die Leistung bei erhöhten Betriebstemperaturen im Elektromotor zu gewährleisten.

„Außerdem liegt die Produktion von Nd-Fe-B-Magneten bereits bei rund 100.000 Tonnen pro Jahr, und sie wird mit dem erwarteten Wachstum des grünen Energiesektors weiter rasch steigen", sagt Tozman „Wir brauchen daher einen neuen Magneten, der die Ressourcen schont und dessen Elemente sicher, bezahlbar, ausreichend und nachhaltig sind“, betont die junge Wissenschaftlerin. Und genau da setzt ihre Forschung an. Pelin Tozman erforscht alternative Komponenten. Sie hat Untersuchungen gestartet, bei denen die Magnet-Inhaltsstoffe aus SmFe12, also Eisen und Samarium bestehen, aber beispielsweise auch Kobalt und Titanium beigefügt wurde. Ziel ist, den Anteil an Seltenen Erden – in diesem Fall Samarium – geringer zu halten.

Dr. Pelin Tozman,
Athene Young Investigator

Wir brauchen daher einen neuen Magneten, der die Ressourcen schont und dessen Elemente sicher, bezahlbar, ausreichend und nachhaltig sind.

Bild: Katrin Binner

Magnetische Eigenschaften optimieren

Die AYI-Wissenschaftlerin, die im Fachgebiet Funktionale Materialien unter der Leitung von Prof. Oliver Gutfleisch tätig ist, will die magnetischen Eigenschaften der Komponenten optimieren und dafür neuartige Legierungen verwenden und die Mikrostruktur der Inhaltsstoffe verändern. Tozman will künstliche Intelligenz in Form von Maschinellem Lernen einsetzen, um die optimale Mikrostruktur eines potenziellen neuen Magneten zu entwerfen, indem sie dessen Phasendiagramm vorhersagt. Geplant ist auch, eine Art Bibliothek aufzubauen, in der die magnetischen und kristallographischen Eigenschaften aller Materialien analysiert und dokumentiert werden sollen. Gerade diese Kombination aus innovativer Materialbearbeitung und Maschinellem Lernen sei einzigartig für ihr Forschungsprojekt, betont die TU-Wissenschaftlerin.

Pelin Tozman ist erst seit Februar 2023 an der TU Darmstadt. Sie hat am Trinity College in Dublin promoviert und mehrere Jahre in Japan als Postdoc am „Research Center for Magnetic and Spintronic Materials“ und am „International Center for Young Scientist“ gearbeitet. Sie war ICYS-Forschungsstipendiatin am National Institute for Material Science in der Nähe von Tokio. Darmstadt, sagt sie, hat in der Magnet-Forschung einen sehr guten Ruf. Für den Athene Young Investigator bewarb sie sich noch während ihrer Zeit in Japan. Sie war im Internet auf diese Förderung der TU für junge Wissenschaftler:innen gestoßen.

Derzeit ist Pelin Tozman dabei, ihre AYI-Forschungsgruppe in Darmstadt aufzubauen, neue Kontakte zu anderen Disziplinen innerhalb der TU zu knüpfen sowie mögliche Kooperationen zu anderen Universitäten. „Es ist ein sehr herausforderndes Forschungsthema und ein langwieriger Prozess mit vielen einzelnen Schritten“, sagt sie. Die Forscherin hofft, innerhalb der nächsten fünf Jahre Erfolge zu erzielen und einen Dauermagneten zu konstruieren, der den Anforderungen des grünen Energiesektors gerecht wird und auch selbst nachhaltig ist.

Das Programm Athene Young Investigator

Das Programm Athene Young Investigator (AYI) der TU Darmstadt soll herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fünf Jahre lang auf ihrem Karriereweg unterstützen. Ziel ist es, die frühe wissenschaftliche Selbstständigkeit der Nachwuchsforschenden zu fördern und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, sich durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe für die Berufbarkeit als Hochschullehrerin beziehungsweise Hochschullehrer zu qualifizieren. Die Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter werden mit bestimmten professoralen Rechten und einem eigenen Budget ausgestattet.

Die TU Darmstadt hat 2023 weitere vier exzellente junge Forschende als Athene Young Investigators ausgezeichnet. In den kommenden Wochen werden wir die vier Forschenden im Webauftritt der TU Darmstadt vorstellen.