Liebe Leserinnen und Leser,

außer Spesen nichts gewesen? Soll man der Schlagzeile „TU Darmstadt im Exzellenzwettbewerb schon in der Vorrunde gescheitert“ Glauben schenken? Werfen wir nüchtern einen Blick zurück.

„Deutschland braucht Eliteuniversitäten“, mit diesem Motto überraschte Bundeskanzler Gerhard Schröder Anfang 2004 die deutsche Öffentlichkeit. Es folgten partei- und landespolitische Auseinandersetzungen um die „richtige“ Lösung eines bundesweiten Wettbewerbs, der den Titel „Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder“ erhielt. Es wurden Finanzmittel festgelegt, grobe Strukturen („erste, zweite, dritte Linie“) gesetzt, einige wenige Randbedingungen („Spitzenforschung“, „Ortsprinzip“, „Netzwerkbildung“) definiert. Nachfragen nach spezifischen Vorgaben wurden wörtlich so beantwortet: „Freies Malen ist angesagt.“

Immerhin: Schon die erste Ausschreibung motivierte viele Universitäten zu erheblichem Engagement: 135 Graduiertenschulen, 157 Exzellenzcluster und 27 Zukunftskonzepte wurden in Ideenskizzen vorgestellt und gingen in eine Vorauswahl. Aufgrund der haushaltsbedingten Eile mussten die einzelnen Linien gleichzeitig eingereicht werden, obwohl für die so genannte dritte Linie, die strategischen Zukunftskonzepte der Unis, die erfolgreiche Bewerbung um mindestens eine Graduiertenschule und ein Exzellenzcluster als Voraussetzung definiert worden war. Am 20. Januar wurden dann die Ergebnisse der Vorauswahl veröffentlicht. Das Medienecho war beträchtlich. Unabhängig und ohne nähere Betrachtung der Tatsachen erhielten einzelne Universitäten den „Elite“-Stempel, andere wurden als gescheitert dargestellt.

Die Erwartungen an die gerade selbstständig gewordene TU Darmstadt waren hoch gewesen. Umso stärker trafen die negative Beurteilung der eingereichten Graduiertenschulenanträge und der laut Wettbewerbsbedingungen deshalb logische Ausschluss aus der Beantragung der dritten Linie in diesem Durchgang. Die Medien spitzten zu, ließen zugunsten von Schwarz-Weiß-Bildern alle Differenzierung vermissen: „Eliteförderung: TU Darmstadt früh gescheitert“, so lautete, wahrheitswidrig, die Überschrift in einer regionalen Tageszeitung.

Alle nötige Selbstkritik – gesteigerte Erwartungshaltung, öffentliches Zeigen persönlicher Betroffenheit, Kommunikations-Strategie – darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die TU Darmstadt auch für positive Nachrichten gesorgt hat. Und die sollten wir zur Kenntnis nehmen: Die Aufforderung an die TU Darmstadt, für zwei Exzellenzcluster Vollanträge zu schreiben, ist ein großer Erfolg. Aber auch die jetzt abgelehnten Anträge haben erhebliche Substanz zur Weiterentwicklung hochschulinterner Perspektiven.

Nur zwei Universitäten haben mehr als zwei Exzellenzcluster in die nächste Runde bringen können. Es gilt nun, die beiden Exzellenzanträge zielsicher auszuarbeiten, in ruhiger, kritischer Analyse die nicht erfolgreichen Anträge zu beleuchten und zu entscheiden, mit welchen neuen Antragsskizzen wir in der zweiten Runde des Verfahrens erneut einsteigen und was wir schon jetzt unmittelbar umsetzen können.

In jedem Fall gilt: Die TU hat durch die Teilnahme bereits gewonnen und hervorragend abgeschnitten. Im Wettbewerb gibt es kein reines „Alles oder nichts“. Ich bin optimistisch, dass für uns bei der Exzellenz-Initiative noch „mehr“ drin ist.

Johann-Dietrich Wörner, Präsident der TU Darmstadt

hoch³ 1/2006