Liebe Leserinnen und Leser,

nun wird es ernst – die hessische Landesregierung will zum Wintersemester 2007/2008 allgemeine Studiengebühren einführen. Wenn der Staatsgerichtshof das Gesetz nicht kippt.

Der Präsident der TU Darmstadt, Johann-Dietrich Wörner, hat gute Gründe gegen Gebühren. Einerseits weil die Politik den Autonomie-Status der Universität nicht ernst nimmt und die TU nicht selbst entscheiden darf, ob sie überhaupt Campus-Maut erheben will. Andererseits sieht Wörner keineswegs rosigere Zeiten aufgrund neuer, zusätzlicher Einnahmen. Der Präsident prophezeit ein Absinken der Studierendenzahlen. An denen aber macht das Land seine Finanzierung der Universitäten im Wesentlichen fest. Unterm Strich also könnten sich Gebühren als Minus-Geschäft herausstellen.

Zumal auch viele außereuropäische Studierende, die es seit jeher sehr stark an die TU Darmstadt zieht, besonders happige Gebühren zahlen müssten, bei den nun vorgestellten Darlehensregelungen aber leer ausgehen. Hier könnten Internationalität und Renommee der TU Darmstadt leiden.

Schließlich hält Wörner nichts von der bejubelten „Allzweckwirkung“ der Gebühren. Die Studierenden, sagt er, sollten keine Kunden sein, sondern engagierte Mitglieder der Universität, die selbstverständlich angemessen schnell und erfolgreich studieren.

Die Universität glaubt an einen anderen Weg, um sehr gute Ausbildungsqualität und hohe Absolventenquoten zu erzielen. Der Senat hat kürzlich die Grundsätze einer verbindlichen Verantwortungskultur von Lernenden und Lehrenden gebilligt und festgelegt, was die Universität künftig den Studienanfängern bietet und was sie von ihnen im ersten Jahr verlangt. Demnach steht die TU nicht für Kreuzverhör-Auswahlgespräche oder „Rausprüfen“, sondern verknüpft intensive Beratung, Orientierung und Information schon in der Bewerbungsphase mit Eignungsgesprächen zur individuellen Studienbereitschaft und Studienfähigkeit, mit Betreuung und Mentoring in den ersten Semestern sowie mit studienbegleitenden Prüfungen im ersten Jahr, Beratungspflicht und Empfehlung nach zwei Semestern. „Selbstbestimmung vor Fremdbestimmung“ heißt der Leitgedanke. Eine Alternative zu den angeblich „erzieherisch“ wirkenden Studiengebühren.

Möglichst keine Eigentore während der nächsten Wochen wünscht…

Jörg Feuck

hoch³ 3/2006