Liebe Leserinnen und Leser,

Liebe Leserinnen und Leser,

sie waren mehrheitlich skeptisch, sehr skeptisch. Damals, vor rund zehn Jahren. Aber blieb den Professoren eine andere Wahl als zu experimentieren? Die Zeiten waren hart; die Studienanfängerzahlen waren bundesweit in den Keller gesackt, die Abbrecherquote unter den Studierenden hoch, und paradoxerweise warnte die Industrie auch noch vor einem Ingenieurstudium. Also folgten die Maschinenbauprofessoren der Idee einer ihrer Kollegen: eine Woche Auszeit für alle Maschinenbau-Erstsemester bereits vor Weihnachten.

Statt der schwer verdaulichen, trockenen Vorlesungen in Grundlagenwissen und tröstender Worte, dass man sich dem Spannenden in zwei Jahren zuwende, sollte ein Projektkurs Begeisterung unter den jungen Leuten auslösen. Und es ist gelungen: „Die emb“, Pardon, „Einführung in den Maschinenbau“, hat sich rasch zum bundesweit beachteten Vorzeigeprojekt entwickelt: Unter fachlicher Anleitung rasch zu leistungsfähigen Teams zusammenwachsen, Rollen untereinander verteilen, Konflikte aushalten, mit minimaler Unterstützung der Professoren tage- und nächtelang planen und Konstruktionsaufgaben lösen, ingenieurtypische Anforderungen kennenlernen, Zeitmanagement betreiben, vor großem Publikum Ergebnisse präsentieren, auch ein Stück weit Forschung und Lehre enger verzahnen – das alles löst der Fachbereich Maschinenbau jedes Jahr aus, wenn er handfeste Herausforderungen formuliert: Bitte eine Meerwasserentsalzungsanlage konstruieren, einen Großgrill entwerfen und die Abwärme zum Zubereiten von Pommes frites nutzen, ein Schwerkraftfahrzeug entwickeln, das auf Schnee und Asphalt fährt, ein Gerät zur automatischen Haarreinigung zur Reife führen, den Traum eines Lastenluftschiffes wahr werden lassen …

Und plötzlich gewinnen die Gesetze der Werkstoffkunde, Thermodynamik, Strukturmechanik oder Strömungslehre an Leichtigkeit und Plausibilität. Die Abbrecherquoten sinken deutlich, stellt der Fachbereich mit Genugtuung fest. Der Nachwuchs im Studiengang „Mechanical and Process Engineering“ sieht klarer seine Perspektiven, ist motiviert. Er habe sich nach der „emb wie ein kleiner Ingenieur gefühlt“ und so ganz nebenbei dauerhafte Freundschaften geknüpft, sagt ein Student rückblickend. „Wer nach oben will, muss in die Tiefe gehen“, betont Maschinenbauprofessor Eberhard Abele. Das könnte auch der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft im Jahr 2003 gemeint haben, als er den Maschinenbau der TU Darmstadt mit dem Prädikat „bester Reformstudiengang“ auszeichnete.

Eine anregende Lektüre, frohe Festtage, Gesundheit und Erfolg im Jahr 2009 wünscht

Jörg Feuck, Chefredakteur

hoch³ 7/2008