Atomkerne unter der Lupe

Athene Young Investigator Dr. Johann Isaak erforscht die Wirkung von Gammastrahlen auf Atomkerne

02.10.2019 von

Verstehen, wie die Elemente in unserem Universum entstanden sind, was im Innern der Atomkerne abläuft, diese Fragen haben Dr. Johann Isaak schon früh während seines Physik-Studiums bewegt. Heute arbeitet der 31-jährige Postdoktorand am Institut für Kernphysik der TU Darmstadt und befasst sich als einer der neuen Athene Young Investigators der Universität vor allem mit Photonenstrahlung. Seine internationale Forschung führt ihn in die USA, nach Japan und demnächst auch öfter nach Rumänien.

Athene Young Investigator Dr. Johann Isaak am supraleitendenden Elektronenlinearbeschleuniger S-DALINAC.

Um an seinen Experimenten zu arbeiten, muss Johann Isaak ein paar Stufen runter in den Keller des Institutes an der Schlossgartenstraße steigen. In einem unterirdischen Labyrinth aus Gängen und Laboren steht der supraleitende Elektronenlinearbeschleuniger S-DALINAC. Als eine von wenigen Universitäten besitzt die TU Darmstadt seit 1991 für Lehr- und Forschungszwecke ihren eigenen supraleitenden Teilchenbeschleuniger. Unzählige Stunden und Wochenenden hat der junge Wissenschaftler hier und an dem fast raumhohen QCLAM-Elektronenspektrometer in der großen Messhalle am Beschleuniger schon für die Grundlagenforschung zugebracht. Sein Schwerpunkt: Wie reagieren Atomkerne auf den Beschuss mit Photonen, Elektronen und anderen Teilchen, welche Quantenzustände werden dabei angeregt, und was kann man daraus über die Struktur von Atomkernen und über die Entwicklung von Sternen lernen.

Experimentelle Kernphysik ist seit früher Studienzeit Johann Isaaks Leidenschaft. Seit er als junger Bachelorstudent an der TU Darmstadt an einem Miniforschungsprojekt von Professor Norbert Pietralla teilnahm, hat ihn das Thema nicht mehr losgelassen. Ihn fasziniert, in das Innere der Atomkerne zu schauen, auf der Erde im Labor zu simulieren, welche Prozesse in Neutronensternen oder Supernovae ablaufen und zu ergründen, wie die Elemente im Universum entstanden sind und heute noch entstehen. Forschungsfragen, die ihn nach dem Bachelor- und Masterstudium der Physik an der TU Darmstadt veranlassten, auch seine Doktorarbeit diesen Themen zu widmen.

Johann Isaak hat an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz promoviert, „doch die meiste Zeit verbrachte ich beim GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt-Wixhausen“, erzählt der 31-Jährige. Für Experimente reiste er zudem an die Duke University nach North-Carolina in den USA, auf deren Campus die High Intensity Gamma-Ray Source (HIGS) sogenannte quasi-monoenergetische Photonenstrahlen für kernphysikalische Experimente bereitstellt. Auch hier analysierte er die Wechselwirkung von Gammastrahlen mit Atomkernen, um statistische Prozesse bei der Entstehung der Elemente besser zu verstehen.

Dasselbe Phänomen, aber aus einem anderen Blickwinkel betrachtete der Athene Young Investigator, als er eine Postdoc-Stelle an der japanischen Universität in Osaka antrat. Während seines anderthalbjährigen Aufenthaltes erforschte er jedoch nicht die Wirkung von Gammastrahlen, sondern die von Protonen und Heliumteilchen. „Ziel war, Quantenanregungen in unterschiedlichen Atomkernen zu analysieren“, berichtet er. Für Johann Isaak sind seine Forschungsarbeiten „Mosaikteilchen, aus denen sich ein großes Bild konstruieren lässt“.

International vernetzt

Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit den Forschungseinrichtungen in Japan und in den USA, die er bis heute aufrecht erhalten hat. Für geplante Experimente am HIGS ist Isaak aktuell Sprecher einer internationalen Kollaboration von über elf Instituten. Eine weltweite Vernetzung, die er auch für seine Forschung als Athene Young Investigator der TU nutzt. „Das macht die Arbeit abwechslungsreich und spannend“, betont er.

Die AYI-Förderung der Universität bedeutet für den jungen Wissenschaftler „eine erhöhte Selbstständigkeit in der Forschung und eine größere Sichtbarkeit meiner Arbeit“, hofft er. Durch die damit verknüpfte finanzielle Unterstützung kann er zu Forschungszwecken in die USA oder auch nach Südafrika reisen. In Kapstadt hat er am iThemba LABS gemeinsam mit Kollegen eine Reihe von Experimenten vorgeschlagen, um die Struktur und Eigenschaften von Kernresonanzen genauer zu untersuchen.

„Ich möchte noch stärker Fuß fassen in der Grundlagenforschung“, sagt der Kernphysiker. Professor zu werden, sei ein denkbares Berufsziel. Ab 2020 wird Isaak zunächst einmal Nachwuchsgruppenleiter im LOEWE-Schwerpunkt „Nukleare Photonik“ der TU. Die Zusammenarbeit läuft mit dem Forschungsinstitut „Extreme Light Infrastructure – Nuclear Physics“ in Rumänien. Das ELI-NP befindet sich im Aufbau und wird von der EU gefördert. Bukarest wird demnächst wohl öfter auf seinem Reiseplan stehen. Aufgaben warten also genug auf den Nachwuchsforscher. Schon Ende dieses Jahres wird Johann Isaak erneut in die USA reisen, um eine weitere Experimenten-Reihe am HIGS vorzubereiten, die die elf internationalen Institute ab 2020 starten wollen.