Zwischen Stabilität und Anpassung: Wie der Mensch auf Veränderungen reagiert

Clusterprojekt „The Adaptive Mind“ nimmt erste Hürde für Exzellenzförderung

02.02.2024

Das Forschungsprojekt „The Adaptive Mind“ (TAM) mit Beteiligung der TU Darmstadt war in der ersten Runde der Exzellenzstrategie erfolgreich. Die Forschenden dürfen nun einen Vollantrag einreichen – und auf die Bewilligung eines prestigeträchtigen Exzellenzclusters hoffen. Das Projekt befasst sich mit der Anpassungsfähigkeit des menschlichen Geistes.

Versuchsaufbau des Teams „Wahrnehmung und Handlung“ unter Leitung von Prof. Dr. Katja Fiehler (r.) am Institut für Allgemeine Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU).

Im Umgang mit Veränderungen sind Menschen unschlagbar: Unsere Augen können sich an die Helligkeit der Umgebung anpassen, egal ob mittags am Strand oder in einer mondlosen Nacht, wir verlernen das Fahrradfahren nicht, obwohl sich unser Körper im Laufe des Lebens stetig verändert, und wir können Flüssigkeiten handhaben, egal ob es Wasser oder Honig ist. Für Roboter ist eine solche Anpassungsfähigkeit bis heute außer Reichweite. Dabei reagieren Menschen auf solche Veränderungen der Umstände mal mit Stabilität und mal mit Anpassung. Dies erfordert viel Flexibilität, um in einer dynamischen und unsicheren Welt zu bestehen.

Doch wie entscheidet sich, wann das menschliche Gehirn zu welcher Strategie greift? Wie stehen Stabilität und Anpassung miteinander im Verhältnis? Und was passiert, wenn der Adaptionsprozess scheitert? Diese und weitere Fragen untersuchen Forschende unterschiedlicher Disziplinen im Rahmen des Clusterprojekts „The Adaptive Mind“. Die Federführung liegt bei der Justus-Liebig-Universität Gießen, beteiligt sind neben der TU Darmstadt auch die Philipps-Universität Marburg, die Goethe-Universität Frankfurt und das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS).

Gern wollen wir in diesem starken Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu einem Forschungsthema beitragen, das verspricht, die Art und Weise zu revolutionieren, wie wir menschliches Wahrnehmen, Denken, Entscheiden, Handeln und Lernen verstehen und computational modellieren.

Psychologie-Professor Constantin Rothkopf, TAM-Sprecher der TU Darmstadt, äußerte sich sehr erfreut über die Aufforderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), für TAM einen Vollantrag für ein Exzellenzcluster zu stellen. „Wir hoffen sehr darauf, unser bereits höchst erfolgreiches Verbundprojekt künftig als Exzellenzcluster weiterentwickeln zu können“, betonte er. „Gern wollen wir in diesem starken Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu einem Forschungsthema beitragen, das verspricht, die Art und Weise zu revolutionieren, wie wir menschliches Wahrnehmen, Denken, Entscheiden, Handeln und Lernen verstehen und computational modellieren.”

Ziel von TAM ist es, universelle Prinzipien der menschlichen Anpassungsfähigkeit zu entschlüsseln. Das Thema taucht in vielen Wissenschaften auf – nicht nur in den Kognitions- und Neurowissenschaften und der Psychologie, sondern auch bei lernenden Robotern oder beim Training neuronaler Netze. Daher sind in dem Clusterprojekt auch Expertinnen und Experten für KI, maschinelles Lernen und Robotik vertreten.

Menschliche Anpassungsfähigkeit, psychische Gesundheit, sichere KI: Dies sind die Kernthemen von ‚The Adaptive Mind‘, und sie waren noch nie so relevant wie heute.“

Die Erkenntnisse des Projekts werden in Computermodelle implementiert, die sowohl die spektakulären Erfolge als auch tragischen Grenzen des menschlichen Geists imitieren, vorhersagen und erklären können. Dies hat einerseits Auswirkungen auf die Grundlagenforschung, denn es werden Algorithmen für die Verhaltensanpassung entwickelt, die auch in die Entwicklung sicherer KI- und Robotertechnologie einfließen können. Andererseits können so Anpassungsdefizite, die die psychische Gesundheit beeinflussen können, besser verstanden werden. Der TAM-Sprecher der Universität Gießen, Professor Roland Fleming, sagt: „Menschliche Anpassungsfähigkeit, psychische Gesundheit, sichere KI: Dies sind die Kernthemen von ‚The Adaptive Mind‘, und sie waren noch nie so relevant wie heute.“

Von der TU Darmstadt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Kognitionswissenschaft und KI mit herausragender Expertise beteiligt. Die TU Darmstadt ist einer der wenigen Standorte, an denen Künstliche Intelligenz und Kognitionswissenschaft gemeinsam gedacht, erforscht und gelebt werden. Diese beiden hochaktuellen und wichtigen Forschungsgebiete sind an der TU verantwortungsbewusst, strategisch und nachhaltig aufgebaut worden. So kommen die Forschenden, die das wissenschaftliche Konsortium stärken, aus dem Centre for Cognitive Science und dem hessischen KI-Zentrum hessian.ai. Das Land Hessen fördert ein Vorgängerprojekt seit April 2021 für vier Jahre mit insgesamt 7,4 Millionen Euro.

Über die Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder

Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Forschung an deutschen Universitäten weiter zu stärken, haben Bund und Länder die Exzellenzstrategie als Förderprogramm etabliert. Zentrales Ziel ist es, die Forschungsexzellenz in international wettbewerbsfähigen Bereichen zu fördern, die deutschen Universitäten institutionell zu stärken und das deutsche Hochschulsystem weiterzuentwickeln.

Zu diesem Zweck umfasst die Exzellenzstrategie zwei Förderlinien, die aufeinander aufbauen. In der Förderlinie „Exzellenzcluster“ werden, koordiniert von der DFG, international wettbewerbsfähige Forschungsbereiche an deutschen Universitäten projektbezogen gefördert. In der Förderlinie „Exzellenzuniversitäten“, koordiniert vom Wissenschaftsrat (WR), werden institutionelle Gesamtstrategien gefördert, die die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der geförderten Institutionen verbessern und hervorragende Rahmenbedingungen für exzellente Forschung schaffen.