Neue Horizonte eröffnen

Athene Young Investigator Dr. Andrea Belluati im Porträt

10.07.2024 von

Bei der Synthese künstlicher Zellen ist dem Forscherteam um Dr. Andrea Belluati ein Durchbruch gelungen. Der Biotechnologe der TU Darmstadt war daran beteiligt, künstliche Zellen zu erschaffen, die echten ähneln. Ein Erfolg, der das Gesundheitswesen nachhaltig verändern könnte. Belluati forscht am TU-Zentrum für Synthetische Biologie und wurde als neuer Athene Young Investigator ausgewählt.

Dr. Andrea Belluati, Athene Young Investigator 2024

Seine Forschung könnte vieles verändern. „Das Potenzial für die Medizin ist riesig“, ist der junge Wissenschaftler aus Turin zuversichtlich. Vielleicht müssen Menschen, die an Leukämie oder Immundefekten erkrankt sind, künftig nicht mehr aufwendig nach der passenden Stammzellen-Spende suchen? Womöglich ist es auch ein neuer Weg in der Krebstherapie, um todbringende Zellen unschädlich zu machen? In jedem Fall hat die Forschung des Wissenschaftlers, der Gruppenleiter am Zentrum für Synthetische Biologie ist der TU Darmstadt ist, neue Horizonte eröffnet. „Es ist gelungen, Zellnachahmung zu schaffen, die nicht nur strukturell biologischen Zellen ähneln, sondern auch funktionell sind“, betont Dr. Andrea Belluati.

Belluatis Forschung konzentriert sich seit vielen Jahren schon auf das Zusammenspiel von Polymeren (chemischen Verbindungen, die aus langen Molekülketten bestehen) und Zellen. Sein Bestreben ist, synthetische Materialien zu entwickeln, die sich so ähnlich wie echte Zellen verhalten. Ein Ziel, das mit der neuen internationalen Studie unter seiner und der Leitung von TU-Professor Nico Bruns sowie Forschenden der Universität Fribourg nun erreicht scheint. Künstliche Zellen, erläutert er, sind mikroskopische Strukturen, die die Eigenschaften lebender Zellen imitieren. Sie sind wichtige Werkzeuge, werden eingesetzt etwa als Mikroreaktoren, um chemische Prozesse zu verbessern, für das molekulare System-Engineering oder als Wirtszellen in der synthetischen Biologie. Ihm und seinem internationalen Team gelang es, den flüssigen Inhalt von Bakterienzellen einzukapseln und auf diese Weise künstliche Zellen zu schaffen, die – wie lebende Zellen – verschiedene Proteine in ihrem Inneren produzieren können.

Die Natur nachahmen

Belluati forscht am TU-Zentrum für Synthetische Biologie und am Fachbereich Chemie.
Belluati forscht am TU-Zentrum für Synthetische Biologie und am Fachbereich Chemie.

Dem Athene Young Investigator schweben innovative Ansätze vor: „Synthetische Nanostrukturen können mit lebenden Organismen verschmelzen, was zu halbsynthetischen Organismen führt. Dies könnte den Fortschritt in der bioorganischen Chemie vorantreiben, die im Idealfall zu Kreationen wie etwa künstlichen Geweben führen.“

Andrea Belluati ist sicher, dass seine Forschung auf dem Gebiet der synthetischen Nanostrukturen und Lebewesen die Grenzen der Materialwissenschaft erweitert und auch zu Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen und nachhaltige Innovationen im Gesundheitswesen beiträgt. „Auf diese Weise können wir die Natur nachahmen, Zellen besser machen und mit neuen Funktionen und Wirkungsweisen versehen.“ Er hofft, dass seine Forschung in den nächsten fünf Jahren von der Industrie für medizinische oder medizintechnische Anwendungen aufgegriffen wird und von Nutzen ist.

Studierende begeistern

Belluati möchte synthetische Materialien zu entwickeln, die sich so ähnlich wie echte Zellen verhalten.
Belluati möchte synthetische Materialien zu entwickeln, die sich so ähnlich wie echte Zellen verhalten.

Andrea Belluati hat seinen Master in „Industrial Biotechnology“ 2015 an der Universität in Turin gemacht. Seine Masterarbeit entstand in Kooperation mit dem „Institut National des Sciences Appliquées“ im französischen Toulouse. Er promovierte sich an der Universität in Basel und verbrachte ein halbes Jahr als Postdoc in Prag, bevor er 2021 in das Forschungsteam von Professor Nico Bruns an die University of Strathclyde in Glasgow wechselte. Dort arbeitete der aus Biella stammende Wissenschaftler bereits sieben Monate, als das komplette Team von Schottland an die TU Darmstadt umzog. Ein Wechsel, den er nicht bereut hat. „Die Forschung in Deutschland ist flexibel und auf einem hohen Niveau. Ich habe hier viel Unterstützung und kompetente Kollegen und Kolleginnen gefunden“, sagt er.

Die Förderung als Athene Young Investigator schätzt er sehr: „Ich kann unterrichten und mein eigenes Team bilden.“ Er möchte Studierenden seine Forschung nahebringen, sie begeistern und das Fachgebiet bekannter machen. Wichtig ist ihm, dass er sich in der Wissenschaftsgemeinde mit seiner eigenen Forschung präsentieren kann und sichtbar wird.

„Ich möchte meine Ideen einbringen“, betont er. Die Auszeichnung als Athene Young Investigator steigere seinen Wert und seine Wettbewerbsfähigkeit, ist er überzeugt. Und sie bringe ihn näher an sein Berufsziel. Da hat der junge Forscher schon genaue Vorstellungen. Der 33-Jährige will Professor werden oder Gruppenleiter in einer bedeutenden Einrichtung wie einem Max-Planck- oder Leibniz-Institut.

Das Programm Athene Young Investigator

Das Programm Athene Young Investigator (AYI) der TU Darmstadt soll herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fünf Jahre lang auf ihrem Karriereweg unterstützen. Ziel ist es, die frühe wissenschaftliche Selbstständigkeit der Nachwuchsforschenden zu fördern und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, sich durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe für die Berufbarkeit als Hochschullehrerin beziehungsweise Hochschullehrer zu qualifizieren. Die Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter werden mit bestimmten professoralen Rechten und einem eigenen Budget ausgestattet.

Die TU Darmstadt hat 2024 weitere drei exzellente junge Forschende als Athene Young Investigators ausgezeichnet. In den kommenden Wochen werden wir die drei Forschenden im Webauftritt der TU Darmstadt vorstellen.