Neue Wege für einen zukunftsfähigen Campus

Interview mit Deniz Uzman vom Büro für Nachhaltigkeit

27.11.2024

Deniz Uzman vom Büro für Nachhaltigkeit erklärt im Interview, wie das Projekt „Grüner Campus“ nicht nur die Lebensqualität auf dem Campus erhöht, sondern auch zur Bewältigung der Zwillingskrise aus Klimawandel und Biodiversitätsverlust beiträgt.

Ein Beispiel, wie andere Bereiche an der TU eingebunden werden: das Biodiversitätswiesenprojekt am Campus Lichtwiese.

TU Darmstadt: Das Projekt „Grüner Campus“ des Büros für Nachhaltigkeit soll die Klimaresilienz, Biodiversität und Aufenthaltsqualität am Campus der TU stärken. Warum ist das auch ein Thema für die Universität?

Deniz Uzman: Derzeit befinden wir uns in der sogenannten Zwillingskrise: Sowohl Klimawandel als auch Biodiversitätsverlust schreiten stetig voran und bedrohen unsere Lebensgrundlage und die zukünftiger Generationen. Beide Krisen sind miteinander verknüpft und verstärken sich gegenseitig. Für unseren Campus als Herzstück der TU liegt es in unserer Verantwortung, ihn zukunftsfähig und lebenswert zu gestalten. Städtische und stadtnahe Gebiete wie die Lichtwiese können mit geschickter Planung, naturbasierten Lösungen und neuen Ideen eine hohe Biodiversität aufweisen, Extremwetterereignisse abfangen und somit für uns alle eine hohe Aufenthaltsqualität bereithalten.

Wie werden diese Themen auf dem Campus umgesetzt?

Mit dem Projekt „Grüner Campus“, gefördert durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, erproben wir neue Wege, setzen Pilotprojekte um und arbeiten an kleinen und großen Konzepten für eine zukunftsfähige Campusgestaltung. Ein bunt blühendes Beispiel findet sich im Schlossgraben, wo im letzten Bauabschnitt bewusst von der bisherigen, klassischen Parkgestaltung zugunsten einer naturnäheren und klimaresilienteren Gestaltung abgewichen wurde. So ergänzt die neu angelegte Streuobstwiese mit heimischen Bäumen wie dem Speierling und Sorten aus anderen Klimaregionen wie der Feige und die mit Regiosaatgut angelegte Blühwiese die Gesamtanlage um einen Biodiversitätsbaustein, der nicht nur das Auge, sondern auch viele Vögel und Insekten erfreut.

Neben anderen kleinen Projekten, die bereits sichtbar sind – wie den neuen Hochbeeten – spielt sich vieles derzeit noch hinter den Kulissen ab. Wir hoffen, im nächsten Jahr mit Pilotprojekten zum Thema Beschattung mancherorts am Campus für Abkühlung sorgen zu können.

Dr. Deniz Uzman ist Umweltwissenschaftlerin und im Büro für Nachhaltigkeit der TU Darmstadt zuständig für das Projekt „Grüner Campus“.
Dr. Deniz Uzman ist Umweltwissenschaftlerin und im Büro für Nachhaltigkeit der TU Darmstadt zuständig für das Projekt „Grüner Campus“.

Das Projekt will auch das Bewusstsein der TU-Mitglieder für Umweltthemen schärfen. Wie wird das angegangen?

In der ersten Projekthälfte lag der Fokus darauf, das Bewusstsein auf betrieblicher Ebene zu schärfen, Netzwerke aufzubauen und Ansätze für eine grünere Campusgestaltung herauszuarbeiten. Zu verschiedenen Teilprojekten gab es Kooperationen mit Fachbereichen und TU-Institutionen, die ihre Expertise einbrachten, zum Beispiel bei der Konzeptionierung eines Lehr- und Lernraums im Freien unter Mitwirkung der HDA und Studierender und Lehrender des Fachbereichs Architektur.

Studierende haben auch im Rahmen von Lehrveranstaltungen Ideen in unsere Projekte eingebracht und umgesetzt, wie bei einem Mini-Stegreif zu Wildbienen-Nisthilfen. Wir führen Pflanz- und Pflegeaktionen durch, sind auf Info-Veranstaltungen präsent oder führen auf Anfrage Campus-Rundgänge durch. Im nächsten und letzten Projektjahr planen wir eine Workshop-Reihe für TU-Angehörige zu verschiedenen Biodiversitätsthemen. Hier nehmen wir gerne Wünsche entgegen!

Werden denn noch Mitstreitende gesucht? Wie kann man sich beteiligen?

Wir versuchen, Gruppen und Initiativen mit konkreten Projektideen zu unterstützen, und prüfen, was umsetzbar ist. Für unsere Pflanz- und Pflegeaktionen suchen wir immer helfende Hände und bauen dazu einen Verteiler auf. Für allgemeine Nachhaltigkeitsthemen findet im Büro für Nachhaltigkeit immer mittwochs von 12 bis 13 Uhr eine Sprechstunde statt, für die man sich unter anmelden kann.

Wie sind andere Bereiche der TU eingebunden?

Ein schönes Beispiel ist das Biodiversitätswiesenprojekt am Campus Lichtwiese. Aus einem Workshop zu insektenschonender Mahd, den wir gemeinsam mit dem Projekt BioDivKultur (wird in neuem Tab geöffnet) für unser Gärtner:innen-Team organisiert haben, ist eine Projektidee zur Pflegeumstellung auf drei geeigneten Flächen entstanden. Hier konnten wir eine Arbeitsgruppe bilden, bei der neben dem Dezernat IV auch der Fachbereich Biologie und der Botanische Garten involviert sind und sich betriebliche und fachliche Expertise ergänzen.

Mithilfe von flächengenauen Pflegeplänen und begleitender Forschung sollen die Artenvielfalt und Lebensraumbedingungen für Wildpflanzen und Insekten in dem Pilotvorhaben verbessert werden und die bisher gemulchten oder rasenartig genutzten Flächen zu wertvollen Wiesenlebensräumen entwickelt werden. Konkret heißt das: Es wird in Abschnitten gemäht, das Schnittgut wird abgeräumt und mehrjährige Saumstreifen werden als Refugien und Ausbreitungskorridore für Insekten belassen sowie wichtige Praxiserfahrungen gesammelt. Das gemeinsame Ziel sind bunte und lebendige Wiesen, die zukünftig zahlreichen Arten wie der Blauflügeligen Ödlandschrecke, dem Kleinen Feuerfalter oder dem Großen Wiesenknopf einen wertvollen Lebensraum bieten sollen.

Haben Sie noch ein weiteres Beispiel für eine gelungene Kooperation?

Ja, den neu entstandenen Campusacker (wird in neuem Tab geöffnet), in dem Studierende Lehrmethoden für Lehrgärten an Schulen erproben. Wir konnten die Fachdidaktik Biologie bei der Umsetzung der Projektidee in Zusammenarbeit mit Acker e.V. (wird in neuem Tab geöffnet) erfolgreich unterstützen. Die Studierenden entwickelten nach Anlage des Ackers zudem Entwürfe für einen Teich und eine Steinmauer als Habitatelemente, deren Realisierung wir abermals durch Übernahme der Materialkosten unterstützen konnten. Eine solche multifunktionale Nutzung zahlt auf das Gesamtziel unseres Projekts ein, wäre aber ohne das Engagement von Einzelnen nicht möglich.

Die Fragen stellte Bettina Bastian.

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