„Das tun, was mir Spaß macht“
Studieren in der ersten Generation

Endlich ist der Schulabschluss gemeistert − doch wie geht es nun weiter? Diese Frage stellen sich viele junge Menschen. Solltet ihr lieber eine Ausbildung machen oder doch ein Studium beginnen? Besonders, wenn ihr als Erste:r eurer Familie studieren möchtet, kann diese Entscheidung viel Unsicherheit mit sich bringen. Erfahrt von unseren Ambassadors, welche Herausforderungen das Studieren bereithält und mit welchen Tipps der Einstieg ins Studium garantiert gelingt!

Erschienen: 06. Oktober 2023

Lamia Chérif,
Mitarbeiterin für Hochschulkooperationen und Förderer für ArbeiterKind.de Hessen

Die Bildungslaufbahn ist in Deutschland immer noch eng mit dem Elternhaus verknüpft: Von 100 Kindern aus nicht-akademischen Familien nehmen nur 27 ein Studium auf, obwohl doppelt so viele das Abitur machen.

Bild: Lamia Chérif

Was bedeutet es, als Erste:r in der Familie zu studieren?

Anders als für Kinder von Eltern mit akademischem Hintergrund ist ein Studium für alle, deren Eltern nicht studiert haben, nicht automatisch das nächste angestrebte Kapitel im Leben. Laut Lamia Chérif, einer Mitarbeiterin für Hochschulkooperationen und Förderer für ArbeiterKind.de Hessen, fehlen Studierenden der ersten Generation häufig Bildungsvorbilder, die ihnen den Sinn und die Hintergründe eines Studiums greifbar und somit auch attraktiv machen und von eigenen Erfahrungen berichten können.

Das belegen auch die Zahlen: Laut ArbeiterKind.de, einer gemeinnützigen Organisation, die Studierende der ersten Generation in ihrem Studienverlauf unterstützt, und mit welcher die TU Darmstadt kooperiert, entscheidet sich nur die Hälfte aller Abiturient:innen aus nicht-akademischen Familien für ein Studium. Auch beim Studienabschluss zeigen sich eindeutige Unterschiede zu Kindern aus Akademikerhaushalten: Während aus 100 Studierenden 43 den Masterabschluss erreichen, sind es bei Studierenden der ersten Generation nur 11.

Tipp

Diese Studiengänge sind bei Studis der ersten Generation besonders beliebt

Studierende aus nichtakademischen Haushalten scheinen sich besonders für Studiengänge zu entscheiden, die mit einem konkreten Beruf verbunden sind, wie beispielsweise Lehramtstudiengänge oder Ingenieurswissenschaften. Das hängt oft damit zusammen, dass diese Studiengänge für die Familien von Studierenden der ersten Generation ein klareres Berufsbild ergeben als abstraktere Studiengänge wie Sprachen, Kunst oder Musik.

Richard,
Biologie und Chemie Lehramt an Gymnasien

Alle waren sehr happy, dass ich angefangen habe, zu studieren.

#studentsofTudarmstadt, Ambassador Richard, Karo 5, University Campus city centre // #studentsofTudarmstadt, Ambassador Richard, Karo 5, Universitätscampus Stadtmitte
Bild: Stefan Elges

Steven,
M.A. Geschichte mit Schwerpunkt Moderne/Technikgeschichte

Meine Eltern haben mir immer gesagt, ich soll machen, was mir Spaß macht, und haben mich grundsätzlich unterstützt – sowohl moralisch als auch finanziell.

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Bild: Stefan Elges

Mit Unterstützung geht alles

Die Unterstützung der Familie hat einen großen Einfluss darauf, ob man sich für ein Studium entscheidet. So haben es auch unsere Ambassadors Richard und Steven als Studis in der ersten Generation erfahren: Sie haben für ihre Entscheidung von Anfang an Zuspruch erhalten.

Wichtig dabei ist, dass Eltern, auch wenn sie selbst keine studentischen Erfahrungen gemacht haben, ihre Kinder dazu ermutigen, ein Studium als mögliche Bildungschance in Betracht zu ziehen, und sie bei ihrer Neugier und ihrem Studienwunsch unterstützen. Und diese Unterstützung kann unterschiedliche Formen annehmen:

  • Gemeinsames Informieren über die verschiedenen Studienmöglichkeiten
  • Moralischer Beistand beim Weg von der Bewerbung bis zur Zulassung und darüber hinaus
  • Falls möglich: Finanzielle Unterstützung in der ersten Zeit, bis sich das Leben als Studierende:r eingependelt hat und ein Nebenjob gefunden wurde
  • Gemeinsames Informieren über Finanzierungsmöglichkeiten wie BAföG
  • Immerzu die Signale „Das machst du gut!“ und „Du kannst es schaffen!“ geben, sodass mit gutem Gefühl studiert werden kann

Richard,
Biologie und Chemie Lehramt an Gymnasien

Selbständigkeit kann eine große Herausforderung sein. Ich hatte manchmal das Gefühl, ich bin in jedes erdenkliche Fettnäpfchen getreten, in das man hätte reintreten können. Das war die größte Schwierigkeit am Anfang, aber dadurch habe ich auch sehr viel gelernt und bin daran gewachsen.

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Bild: Stefan Elges

Steven,
M.A. Geschichte mit Schwerpunkt Moderne/Technikgeschichte

Nimm dir im ersten Monat Zeit für dich und finde für dich heraus, wie du mit dem Studium klarkommen möchtest und kannst. Alle anderen sind auch erstmal nur auf der Suche, herauszufinden, wie man die erste Zeit schaffen soll.

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Bild: Stefan Elges

Zurechtfinden in unbekannter Umgebung

Ihr habt den Schritt ins Unbekannte gewagt und die Zulassung für euren Wunschstudiengang bekommen. Zum nächsten Semester beginnt nun euer Start ins Studium – doch wie bereitet ihr euch aufs erste Semester richtig vor, wenn ihr zuvor keinerlei Vorstellung vom Studieren hattet und auch niemanden kennt, der euch den Weg weisen kann? Ambassador Richard erinnert sich zurück, dass er durch die ungewohnte neue Selbstständigkeit vor allem in Bezug auf bürokratische Angelegenheiten in einige Fettnäpfchen getreten ist. Wichtig ist dabei, dass ihr nicht davor scheut, eurem Bedürfnis nach Hilfe und Rat nachzugehen, und euch nach Gleichgesinnten oder erfahreneren Studis umzuschauen, die euch das ein oder andere erklären können. Und ganz wichtig: alle haben die gleichen Fragen! Auch für Studis mit akademischem Hintergrund ist vieles neu, also scheut euch nicht zu fragen.

Wie und wann erhalte ich den Bescheid, dass ich in meinem Studiengang zugelassen wurde? Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen? Und wie finde ich am besten eine Wohnung oder ein Zimmer in Darmstadt? Auf all diese Fragen und vieles mehr findet ihr Antworten auf unserem Blog, wie beispielsweise hilfreiche Informationen rund um den perfekten Studienstart sowie ein kleiner Sneak Preview mit der TU Darmstadt-Campus-Tour .

Orientierungsveranstaltungen

Die Orientierungswoche, auch kurz OWO genannt, ist für Erstsemester:innen eine der wichtigsten Wochen des ganzen Studiums. Hier erfahrt ihr, was ihr für den Einstieg ins Studierendenleben wissen solltet, entdeckt gemeinsam Darmstadt und knüpft direkt Kontakte mit anderen Erstis und erfahreneren Studierenden. Die Orientierungswoche für das Wintersemester findet meist eine Woche vor Semesterstart im Oktober statt. Eine Liste mit Links zu den OWOs der einzelnen Fachbereiche findet ihr ebenfalls auf der Webseite einfachsTUdieren der TU Darmstadt.

Es lohnt sich außerdem, einen Blick auf die Webseite der ArbeiterKind.de Gruppe Darmstadt zu werfen. Ehrenamtliche und Erstakademiker:innen begleiten Studieninteressierte, Erstsemester sowie Studierende in fortgeschritteneren Semestern in monatlich stattfindenden Online-Treffen und beantworten Fragen rund ums Thema Studium in der ersten Generation.

Richard,
Biologie und Chemie Lehramt an Gymnasien

Ganz egal, wie man von seiner Familie vielleicht unter Druck gesetzt wird, etwas zu machen – man selbst weiß am besten, was man wirklich machen möchte und was gut für einen ist.

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Bild: Stefan Elges

Keine Angst vor Zweifeln!

Auch wenn man sich bereits innerhalb weniger Monate ins Studi-Leben einfindet, ist es vollkommen normal, dass auch mal Zweifel aufkommen, ob der ausgesuchte Weg der richtige ist. Aber keine Angst! Mit Gedanken wie diesen seid ihr nicht allein, und ihr müsst euch auch immer bewusst machen, dass das Studieren in erster Generation eine ganz besondere Leistung ist. Auch wenn ihr zu Beginn noch nicht über alles Bescheid wisst und euch erst langsam in die Bedingungen und Erwartungen eures Studiums einfinden müsst, braucht ihr euch nicht zu sorgen. Innerhalb weniger Wochen bis Monate werdet ihr euch eingelebt haben und mit den Angelegenheiten eures Studiums vertraut sein. Und selbst wenn es nicht klappt, ist ein Studiengangwechsel oder eine Umorientierung immer möglich und nie zu spät. Ambassador Richard berichtet in seinem Blogpost zum Thema „Was soll ich studieren?“ wie es ihm dabei erging.

Auch finanzielle Gründe können oft dafür sorgen, dass Studierende hinterfragen, ob sie ihr Studium weiterführen können oder überhaupt beginnen sollten. Viele Aspekte müssen bedacht werden, wie beispielsweise die Finanzierung einer eigenen Wohnung oder eines Zimmers in einer Wohngemeinschaft sowie des alltäglichen Lebensunterhalts. Dazu kommen Materialien fürs Studium und der Semesterbeitrag. Doch keine Sorge, unsere Ambassadors haben auch hier den ein oder anderen Tipp für euch – von Housing Guides über gesundes Essen für wenig Geld bis hin zu generellen Tipps zur Studienfinanzierung .

Gemeinsam mit der ArbeiterKind.de-Gruppe Darmstadt bietet die Zentrale Studienberatung und -orientierung der TU Darmstadt Studierenden zweimal jährlich eine Infoveranstaltung an, in der das Thema Studienzweifel diskutiert wird. In vertrauensvollen Gesprächen wird hier auf eure Fragen eingegangen. Eine monatliche Sprechstunde ist laut Lamia Chérif derzeit in Planung. Im Rahmen des QuiS-Projektes Studier‘ DA in Gemeinschaft mit der Hochschule Darmstadt sollen ebenfalls Veranstaltungen zur Studienorientierung angeboten werden.

Michael Fitzke,
TU-Alumni aus erster Generation

Ich bin froh, dass ich diesen Schritt gewagt habe.

Bild: Michael Fitzke

Ein TU-Alumnus als Erfolgsbeispiel

Studierende in der ersten Generation können selbstverständlich genauso erfolgreich im Leben sein wie Studierende aus Akademikerfamilien. Dass der Weg zur Karriere nicht zwingend gradlinig verlaufen muss, beweist beispielsweise unser Alumnus Michael Fitzke. Trotz frühzeitigem Schulabgang nach der 10. Klasse hat er erfolgreich Karriere gemacht und ist nun Leiter der Entwicklung von KI-Systemen in der Tiermedizin im US-amerikanischen Konzern Mars. Er hat sein Fachabitur nachgeholt und nach erfolgreichem Abschluss sein Mathematikstudium an der TU Darmstadt begonnen – und das nicht ohne Hindernisse. Doch dank seiner Motivation gelang es ihm, die ersten schwierigen Semester, in denen er einiges aufzuholen hatte, abzuschließen und sein Studium auch im Master fortzusetzen.

Ihr seid interessiert daran, als Erste:r aus eurer Familie ein Studium zu beginnen, aber noch unsicher, wie ihr euer Studium und das Studi-Leben an der TU Darmstadt meistern könnt? Dann schaut doch mal beim Facebook- sowie Instagramkanal der ArbeiterKind.de Gruppe Darmstadt vorbei, schreibt ihnen eine oder besucht eins der offenen Treffen und vernetzt euch so mit Gleichgesinnten sowie erfahrenen Mentoren, die euch beim Studienbeginn und darüber hinaus begleiten.

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Bild: Stefan Elges

Richard

Hallo! Ich heiße Richard und studiere Biologie und Chemie auf Lehramt an Gymnasien. Lehrer zu werden ist mein Traumjob. Durch die Kombination meiner naturwissenschaftlichen Fächer mit Soziologie, Pädagogik und Psychologie betrachte ich im Studium viele spannende Fragen aus unterschiedlichen Perspektiven. Ich liebe es, andere Menschen in ihren Vorhaben zu unterstützen.

#studentsofTudarmstadt, Ambassador Steven, Karo 5, University Campus city centre, Exposition // #studentsofTudarmstadt, Ambassador Steven, Karo 5, Universitätscampus Stadtmitte, Ausstellung
Bild: Stefan Elges

Steven

Moien! Ich heiße Steven und ich studiere Geschichte mit Schwerpunkt Moderne/Technikgeschichte im Master. Zuvor habe ich bereits im Joint Bachelor Geschichte & Germanistik studiert. Mein Studiengang ist stark interdisziplinär ausgerichtet. Dies bietet mir die Möglichkeit Einblicke in andere Disziplinen zu erhaschen. So kann ich meine Erfahrungshorizonte erweitern und neue Menschen kennenlernen. Mein Ziel ist es, eines Tages in meiner Heimat Luxemburg als Lehrer zu arbeiten.